TE OGH 1950/9/27 3Ob164/50

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Veröffentlicht am 27.09.1950
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Norm

ABGB §936
ABGB §1053
ABGB §1175
Notariatszwangsgesetz §1 litb

Kopf

SZ 23/268

Spruch

Hat ein Ehegatte eine Liegenschaft erworben, um darauf ein Haus zu errichten, und hat er dem anderen Gatten zugesagt, ihm gegen Erstattung der Hälfte der in ihrer Höhe noch unbekannten Kosten das Eigentum an einer Liegenschaftshälfte zu übertragen, so liegt weder ein Gesellschafts- noch ein Kaufvertrag, sondern ein Vorvertrag zum Abschluß eines Kaufvertrages vor, der zu seiner Gültigkeit der Errichtung eines Notariatsaktes bedarf.

Entscheidung vom 27. September 1950, 3 Ob 164/50.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

In ihrer Klage führte die Klägerin aus, ihr Gatte, der Beklagte, habe im Jahre 1937 auf Grund des Kaufvertrages vom 9. Jänner 1937 die Liegenschaft EZ. 6172 Kat.Gem.D. um 2400 S erworben. Nach durchgeführtem Kauf habe er die Klägerin hievon mit dem Bemerken in Kenntnis gesetzt, daß er ein Haus bauen werde. Noch vor vollständiger Bezahlung des Kaufpreises für den Baugrund und vor Beginn des Hausbaues habe sie dem Beklagten den Vorschlag gemacht, daß sie durch eigene Arbeitsleistungen mindestens die Hälfte der gesamten Gestehungskosten für das Haus samt Baugrund verdienen und beisteuern wolle, wenn er ihr dafür den Hälfteanteil am Hause im Grundbuche eintragen lasse. Der Beklagte habe diesen Vorschlag angenommen und ihr ausdrücklich zugesichert, daß sie unter dieser Bedingung das Miteigentumsrecht zur Hälfte an dem Hause erhalten würde. Sie habe in der Folge dadurch, daß sie in Arbeit ging, ein Einkommen erzielt, das sie für den gedachten Zweck verwendete. Der Beklagte habe seine Verpflichtung auf Grund seines Versprechens nicht eingehalten, weshalb sie die Erlassung des Urteils begehre, der Beklagte sei binnen 14 Tagen bei Exekution schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes zur Hälfte an der bezeichneten Liegenschaft für die Klägerin Johanna St. einzuwilligen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß in dem geschlossenen Vertrage ein Kaufvertrag zu erblicken sei, zu dessen Gültigkeit die Notariatsform erforderlich sei. Überdies sei der Vertragsinhalt unbestimmt, so daß auch aus diesem Gründe ein gültiger Kaufvertrag nicht zustande gekommen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, indem es sich im wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichtes anschloß. Es qualifizierte allerdings die getroffene Vereinbarung nicht als Kaufvertrag schlechthin, sondern als verpflichtendes Versprechensgeschäft besonderer Art, das sich in seinem Wesen einem Kaufvertrag nähere und jedenfalls mit einem solchen verwandt sei, nämlich Hingabe des Hälfteanteiles an einem Grundstück samt dem darauf zu errichtenden Gebäude durch den Beklagten gegen Sachleistungen und Zahlung von Geldbeträgen seitens der Klägerin. Diese Vereinbarung nähere sich einem Kaufvertrag, so daß sie nach diesen Bestimmungen zu beurteilen sei. Es sei jedoch weder der Preis, noch auch, da das zu erbauende Haus bei Abschluß der Vereinbarung noch nicht errichtet war, das Kaufobjekt eindeutig bestimmt gewesen, so daß einerseits wegen Abganges der entsprechenden Form nach § 1 des Gesetzes vom 25. Juli 1871, RGBl. Nr. 76, anderseits mangels der Bestimmtheit des Kaufpreises wie auch der angeblichen Verpflichtungserklärungen des Beklagten ein den Rechtsanspruch der Klägerin begrundendes Rechtsverhältnis tatsächlich nicht zustande gekommen sei. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision bezeichnet die Rechtsansicht der Untergerichte, daß eine rechtlich als Kauf zu beurteilende Vereinbarung getroffen worden sei, als verfehlt, es nähere sich vielmehr die getroffene Vereinbarung in ihrem Wesen einer Erwerbsgesellschaft des burgerlichen Rechtes, weil beide Vertragsteile Arbeit und Geld beisteuern mußten, um das beabsichtigte Haus künftighin zu errichten. Zur Zeit der Vereinbarung habe das Haus noch nicht existiert, es konnte demnach eine Übertragung des Hälfteanteiles am Hause nicht stattfinden, sondern nur allenfalls an dem unbebauten Boden.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision kostenpflichtig zu verwerfen und die beiden Urteile zu bestätigen. Sie führt in ihrer Revisionsbeantwortung vor allem aus, daß die Klägerin nicht berechtigt sei, in ihrer Revision den Sachverhalt als Erwerbsgesellschaft des bürgerlichen Rechtes oder eine einer solchen sich inhaltlich nähernde Vereinbarung umzudeuten, da dies nur im Wege einer Klagsänderung möglich wäre.

Die Rechtsansicht des Revisionsgegners ist nicht zutreffend. Das dem Gerichte in der Klage mitgeteilte Rechtsverhältnis rechtlich richtig zu beurteilen, ist Sache der Gerichte. Die Klägerin hat einen Sachverhalt in der Klage angeführt, der vom Erstgericht als ein Kaufvertrag, vom Berufungsgericht als eine Vereinbarung besonderer Art, die sich einem Kaufvertrage nähert, beurteilt wurde. Wenn die Klägerin nun in ihrer Revision, ohne einen anderen Sachverhalt als den, der den Untergerichten vorlag, anzunehmen, die Rechtsansicht vertritt, daß sich das von den Untergerichten festgestellte Rechtsverhältnis nicht einem Kaufvertrage, sondern einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes nähert, so ist darin lediglich die Rechtsmeinung hinsichtlich der richtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes geäußert, ohne daß der Rechtsgrund des Anspruches oder die behaupteten Tatsachen eine Änderung erfuhren.

Der Rechtsmeinung der Revisionswerberin kann sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht anschließen. Der Klagserzählung zufolge und auch nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens hatte der Kläger das Grundstück bereits erworben, als er die Klägerin von diesem Erwerbe wie auch von seiner Absicht, auf diesem Grundstück ein Haus zu bauen, in Kenntnis setzte. Wenn auch die Klägerin in dem Bestreben, Miteigentümerin des Grundstückes und des darauf zu errichtenden Hauses zu werden, dem Beklagten den Vorschlag machte, ihm die Hälfte der erforderlichen Kosten zu verschaffen, so haben doch die Ehegatten der Sachlage nach nicht eine Vereinbarung dahingehend getroffen, ihre Mühe oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, mit dem Endzwecke, ein Grundstück zu erwerben und darauf ein Haus zu bauen, vielmehr hatte die Klägerin von dem Beklagten nur die Übertragung der Hälfte des Grundstückes samt dem darauf zu errichtenden Hause unter der Bedingung begehrt, daß sie ihm den halben Betrag der für die Erwerbung des Gründes und für den Hausbau erforderlichen Kosten zur Verfügung stelle. Wenn der Beklagte ihr zusagte, nach Erfüllung dieser Bedingung die Hälfte an dem Eigentum des Grundstückes samt Gebäude grundbücherlich überschreiben zu lassen, so liegt in dieser Vereinbarung nicht ein Kaufvertrag, sondern ein Vorvertrag, der zum Ziel hatte, nach Beistellung des von der Klägerin aufzubringenden Kostenbeitrages und nach Errichtung des Hauses ihr den Hälfteanteil zu übertragen, also in Hinkunft einen Kaufvertrag mit ihr hinsichtlich dieser Hälfte abzuschließen.

Eine Vereinbarung, auf Grund deren die Klägerin berechtigt wäre, die grundbücherliche Einverleibung ihres Eigentumsrechtes zur Hälfte zu begehren, liegt nicht vor. Aber auch der Vorvertrag zu einem Kaufvertrag ist nicht in rechtsgültiger Form abgeschlossen worden, da hiezu, wie die Untergerichte zutreffend ausführen, der Abschluß eines Notariatsaktes erforderlich gewesen wäre.

Obgleich sonach die Klägerin ihrerseits die Bedingung, unter der sich ihr Gatte bereit erklärt hatte, ihr den Hälfteanteil zu überschreiben, erfüllt hat, konnte doch das Klagebegehren in der von der Klägerin gestellten Form nicht zum Erfolg führen.

Anmerkung

Z23268

Schlagworte

Ehegatten Vorvertrag über ein zu bauendes Haus, Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten zwecks Erbauung eines Hauses, Kaufvertrag unter Ehegatten, Notariatsakt, Notariatsakt Vortrag zu Kaufvertrag unter Ehegatten, Vorvertrag unter Ehegatten über ein zu errichtendes Haus, Notariatsakt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00164.5.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19500927_OGH0002_0030OB00164_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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