TE OGH 1950/11/2 1Ob259/50

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Veröffentlicht am 02.11.1950
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Norm

ABGB §165
ABGB §166
ABGB §169
Jugendwohlfahrtsverordnung §51

Kopf

SZ 23/307

Spruch

Auch der außereheliche Vater hat ein Rekursrecht gegen die Anordnung der vorläufigen Fürsorgeerziehung hinsichtlich des Kindes.

Entscheidung vom 2. November 1950, 1 Ob 259/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Litschau; II. Instanz: Kreisgericht Krems.

Text

Das Erstgericht hat, ohne die Möglichkeit der vom außerehelichen Vater Franz M. angestrebten Unterbringung des Minderjährigen bei ihm zu prüfen, auf Antrag der Berufsvormundschaft die vorläufige Fürsorgeerziehung des Minderjährigen angeordnet. Dieser Beschluß wurde infolge Rekurses des außerehelichen Vaters aufgehoben, dem Erstgericht wurde neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens in der Richtung aufgetragen, in welchen Verhältnissen der Vater des Minderjährigen lebt und ob die Erziehung durch ihn von Vorteil wäre.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der Landesberufsvormundschaft Gmund nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs macht zunächst geltend, daß dem außerehelichen Vater ein Rekursrecht überhaupt nicht hätte zuerkannt werden dürfen, weil § 51 JWV. nur von einem Rekursrecht "der Eltern" spricht. Der außereheliche Vater, dem ein Erziehungsrecht nicht zustehe, könne hierunter nicht verstanden sein. Dieser Meinung kann nicht unbedingt beigepflichtet werden. Darauf, daß die Marginalrubrik zu §§ 165 und 166 ABGB. von den Eltern des unehelichen Kindes spricht, kann allerdings nicht allzuviel Wert gelegt werden. Doch erklärt § 166 ausdrücklich, daß die Rechte der Eltern über das außereheliche Kind sich so weit erstrecken, als es der Zweck der Erziehung erfordert. Weiters stellt der § 169 ABGB. die Verbindlichkeit des außerehelichen Vaters fest, das außereheliche Kind, wenn es durch die mütterliche Erziehung Gefahr läuft - die Bestimmung muß wohl auch auf andere Erziehungsnotstände ausgedehnt werden -, zu sich zu nehmen oder anderswo sicher und anständig unterzubringen. Aus diesen Bestimmungen kann wohl der Schluß gezogen werden, daß dem außerehelichen Vater wenigstens subsidäre Erziehungspflichten, dementsprechend auch ein Erziehungsrecht dann zusteht, wenn die Unterbringung des Kindes bei ihm in Frage kommt (Bartsch in Klangs Komm., I/1, S. 922 und S. 937). Dies ist hier der Fall. Der angefochtene Beschluß ist also nicht etwa schon deswegen anfechtbar, weil er einen unzulässigen Rekurs berücksichtigte.

Er ist aber auch sachlich gerechtfertigt. Der Minderjährige befand sich bereits einmal in dem gemeinsamen Haushalt seiner außerehelichen Eltern und kam später wohl nur deswegen in fremde Pflege, weil der Vater eingerückt war und sich in Kriegsgefangenschaft befand, die Mutter aber einem Unfall zum Opfer fiel. Die Anordnung der Fürsorgeerziehung, auch nur der vorläufigen, kann also zweckmäßigerweise nicht erfolgen, bevor nicht feststeht, ob sich nicht beim außerehelichen Vater eine natürliche, dauernde und auch vom erzieherischen Standpunkt zweckmäßige und dem Wohle des Kindes dienliche Unterkunft findet. Die Auskünfte der Schule, die auch auf die ungünstige materialistische Einstellung der bisherigen jeweiligen Pflegepersonen des Minderjährigen verweisen, lassen einen Versuch beim außerehelichen Vater, wenn dort entsprechende Verhältnisse festgestellt werden können, durchaus nicht als hoffnungslos erscheinen.

Anmerkung

Z23307

Schlagworte

Fürsorgeerziehung Rekursrecht des außerehelichen Vaters, Rekursrecht des außerehelichen Vaters gegen Fürsorgeerziehung, Unehelicher Vater Rekursrecht gegen Fürsorgeerziehung, Vater unehelicher Rekursrecht gegen Fürsorgeerziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00259.5.1102.000

Dokumentnummer

JJT_19501102_OGH0002_0010OB00259_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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