TE OGH 1951/1/18 2Ob33/51

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Veröffentlicht am 18.01.1951
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Norm

ABGB §138
ABGB §156
ABGB §163
Familienrechtsangleichungsverordnung §6

Kopf

SZ 24/23

Spruch

Die Aberkennung der ehelichen Geburt kann nicht nur darauf gestützt werden, daß der letzte Geschlechtsverkehr der Ehegatten 305 Tage vor der Geburt stattfand, es muß vielmehr in einem solchen Fall auch der Reifegrad des Kindes erhoben werden.

Entscheidung vom 18. Jänner 1951, 2 Ob 33/51.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Das wegen Bestreitung der ehelichen Geburt geklagte Kind ist 305 Tage nach dem letzten Geschlechtsverkehr der Kindesmutter mit ihrem Ehemann geboren worden.

Das Prozeßgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben, da es aus diesem Sachverhalt geschlossen hat, daß die Zeugung des Kindes durch den Kläger in einem bis zur Unmöglichkeit heranreichenden Grad unwahrscheinlich ist.

Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof hat die Urteile des Berufungs- und des Prozeßgerichtes aufgehoben und die Sache an dieses zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Für das beklagte Kind, das drei Monate und acht Tage nach der Scheidung der Ehe der Kindesmutter mit dem Kläger geboren wurde, streitet nach § 138 ABGB. die Vermutung der ehelichen Geburt. Die gesetzliche Empfängniszeit, die im § 163 ABGB. für die Vermutung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind festgelegt ist, kann nicht ohneweiters zur Widerlegung der Vermutung der ehelichen Geburt herangezogen werden, da sich die Schwangerschaft erfahrungsgemäß zuweilen über den Zeitraum von 302 Tagen hinaus erstreckt. Diese Erwägung hat offenbar auch den Kläger veranlaßt, in der Klage zu behaupten, daß es sich bei dem beklagten Kind keineswegs um eine übertragene, sondern um eine normale Geburt gehandelt hat. Für diese Behauptung wurden auch Beweise angeboten, allfällig amtswegige Erhebungen angeregt, ein Vorgang, der dem im § 6 der Verordnung über die Angleichung familienrechtlicher Vorschriften vom 6. Feber 1943, DRGBl. I S. 80, festgelegten Grundsatz amtlicher Ermittlung aller für die Entscheidung wichtiger Tatumstände entspricht.

Dadurch, daß die Umstände, aus denen auf den Reifegrad des Kindes bei der Geburt geschlossen werden kann, nicht festgestellt wurden, ist das Verfahren mangelhaft geblieben, weshalb die Urteile der Untergerichte aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen wurde.

Es dürfte im weiteren Verfahren zweckmäßig sein, zunächst die Kindesmutter ergänzend darüber zu befragen, ob bei der Geburt des Kindes Wahrnehmungen in der Richtung gemacht wurden, daß das Kind mehr als 302 Tage getragen worden ist, ferner ob in der Empfängniszeit die Lebensgemeinschaft mit Josef P. bereits bestanden hat und ob die Kindesmutter nach dem letzten Geschlechtsverkehr mit dem Kläger am 1. September 1948 mit Josef P. oder mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt hat. Von dem Ergebnis dieser ergänzenden Vernehmung der Kindesmutter wird es abhängen, ob weitere Erhebungen über den Reifegrad des Kindes erforderlich sein werden. Wenn keine Anzeichen der Überreife des Kindes bestanden haben und die Kindesmutter anderweitig Geschlechtsverkehr in der Empfängniszeit gehabt hat, dann wird wohl die für die Ehelichkeit des beklagten Kindes streitende Vermutung als widerlegt angesehen werden können.

Anmerkung

Z24023

Schlagworte

Aberkennung der Ehelichkeit, Reifegrad, Abstammung, Bestreitung der ehelichen - nicht allein auf Tragdauer von, mehr als 302 Tagen zu stützen, Bestreitung der ehelichen Geburt, nicht allein auf Tragdauer von mehr, als 302 Tagen zu stützen, Eheliche Geburt, Aberkennung der - nicht allein auf die Tatsache zu, stützen, daß letzter Verkehr mit Ehegattin mehr als 302 Tage seit, Geburt des Kindes zurückliegt, Ehelichkeit, Bestreitung der -, Bedeutung der Tragdauer, Geburt eheliche, Bestreitung der - nicht die Tatsache zu stützen, daß, letzter Verkehr mit Ehegattin mehr als 302 Tage seit der Geburt des, Kindes zurückliegt, Kind Bedeutung des Reifegrades des - im Bestreitungsprozeß, Reifegrad des Kindes, Bedeutung des - im Bestreitungsprozeß, Tragdauer des Kindes, Bedeutung der - im Bestreitungsprozeß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00033.51.0118.000

Dokumentnummer

JJT_19510118_OGH0002_0020OB00033_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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