TE OGH 1951/1/24 3Ob25/51

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Veröffentlicht am 24.01.1951
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Norm

ABGB §672
ABGB §862
ABGB §863
ABGB §881
ABGB §942
ABGB §948

Kopf

SZ 24/26

Spruch

Über die Voraussetzungen, unter denen ein Übergabsvertrag eine gemischte Schenkung darstellt.

Eine gemischte Schenkung kann wegen groben Undankes nur hinsichtlich jenes ideellen Anteils widerrufen werden, der als geschenkt anzusehen ist.

Entscheidung vom 24. Jänner 1951, 3 Ob 25/51.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Mit Notariatsakt vom 23. Jänner 1947 übergab der Kläger seinen Besitz im Ausmaß von über 35 ha an seine Nichte, die Beklagte. Die Liegenschaft hat einen Einheitswert von 12.200 S. Der vereinbarte Übergabspreis betrug 13.200 S. Zur Abdeckung dieses Übergabspreises bedang sich der Kläger den Unterhalt im Sinne des § 672 ABGB. für sich und seine Frau aus. Der Kläger war damals 52 Jahre, seine Frau 49 Jahre alt. Für Gebührenzwecke wurde diese Leistung mit 480 S bzw. 420 S jährlich festgesetzt, so daß sich ein Kapitalswert von 6420 S für den Mann und 5460 S für die Frau ergab. Außerdem verpflichtete sich die Beklagte, nach dem Ableben des Klägers an dessen Frau 1000 S zu bezahlen oder das Ausgedinge weiterzuleisten, nach Wahl der Frau. Schließlich bedang sich der Kläger 500 S zur freien Verfügung aus. Auf die Anfechtung dieses Vertrages wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes wurde verzichtet.

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Vertrages mit der Behauptung, es liege ein Scheinvertrag vor, beabsichtigt sei eine Schenkung gewesen. Diese Schenkung widerrufe er wegen groben Undankes. Außerdem habe sich die Beklagte zur Rückgabe vertraglich verpflichtet.

Beide Untergerichte wiesen das Klagebegehren ab. Es liege ein entgeltlicher Vertrag vor, der wegen Undankes nicht widerrufen werden könne. Außerdem könne von grobem Undank nicht gesprochen werden. Eine vertragliche Verpflichtung auf Rückgabe der Liegenschaft sei nicht zustande gekommen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Was den Vorwurf der unrichtigen rechtlichen Beurteilung anlangt, so führt die Revision aus, der Vertragswille sei auf eine Schenkung gerichtet gewesen und nur darauf komme es an. Liege aber eine Schenkung vor, könne diese wegen groben Undankes widerrufen werden. In dem Verhalten der Beklagten sei ein grober Undank gelegen. Die Erklärung der Beklagten, die Liegenschaft zurückzugeben, sei rechtsverbindlich, da der Kläger zu dem Anbot geschwiegen habe und nach § 863 ABGB. seine Zustimmung anzunehmen gewesen sei. Es genüge überhaupt, wenn der Kläger das Angebot der Beklagten angenommen habe, bevor es von ihr widerrufen worden ist. Dies sei hier der Fall. Es liege daher ein rechtsverbindlicher Vertrag auf Auflösung des Übergabsvertrages vor. Die Meinung des Erstgerichtes, in dem Anbot liege ein Schenkung ohne Übergabe, sei verfehlt.

Die Revision ist unbegrundet. Es sei zugegeben, daß in einem Übergabsvertrag sowohl ein entgeltliches als auch ein unentgeltliches Geschäft enthalten sein kann, es sich somit um einen gemischten Vertrag handeln kann, so daß allenfalls ein unentgeltliches Geschäft soweit vorläge, als der Wert der übergebenen Liegenschaft durch den Übergabspreis nicht gedeckt ist. Um eine Schenkung annehmen zu können, müßte aber jener ideelle Teil, der unentgeltlich übergeben worden ist, in Schenkungsabsicht übergeben und in Schenkungsabsicht übernommen worden sein; nur dann wäre ein Schenkungsvertrag hinsichtlich dieses ideellen Teiles zustande gekommen. Ein Widerruf wegen groben Undankes wäre aber dann auch nur hinsichtlich dieses Teiles möglich. Nun verweist aber das Erstgericht mit Recht darauf, daß der Kläger in seiner Parteienvernehmung selbst ausgeführt habe, daß er die Liegenschaft der Beklagten übergeben habe, und zwar als Gegenleistung für die Leistung des Auszuges an ihn und seine Frau, wie aus Punkt 1 bis 5 des Notariatsaktes hervorgehe, und auch gegen Bezahlung eines Barbetrages. Er habe gedacht, daß das gute Verhältnis mit der Beklagten so wie bisher weiter bestehen werde und daß sie die zugesagten Leistungen auch erfüllen werde. Aus diesen Ausführungen des Klägers in seiner Parteienvernehmung konnten aber die Untergerichte nur den einen Schluß ziehen, daß der Kläger die Liegenschaft entgeltlich übergeben wollte, daß es ihm auf die Gegenleistung ankam und nicht auf eine schenkungsweise Zuwendung. Daß er ganz oder teilweise in Schenkungsabsicht gehandelt hätte, hat der Kläger in seiner Parteiaussage nie behauptet. Damit fällt aber auch die Annahme eines Scheinvertrages. Die Untergerichte haben daher auch den Übergabsvertrag mit Recht als vollwirksam angesehen.

Liegt eine Schenkung nicht vor, dann ist ein Widerruf des Geschäftes wegen groben Undankes unmöglich. Die bezüglichen Ausführungen der Revision sind daher nicht zu beachten.

Was nun die Behauptung anlangt, es sei ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen den Parteien auf Auflösung des Übergabsvertrages zustande gekommen, so findet auch diese Behauptung in den untergerichtlichen Feststellungen keine Stütze. Das Erstgericht stellte für den Obersten Gerichtshof verbindlich fest, daß die Beklagte im Juni 1947, als sich zwischen den Parteien Unstimmigkeiten ergaben, sagte, wenn der Kläger so geschwind beleidigt sei, werde es nicht so weitergehen, sie gebe ihm die Hube zurück, worauf der Kläger (im Urteil unrichtig als Beklagter bezeichnet) nichts erwiderte und sich dachte, daß sich die Sache wieder einrenken werde. Anläßlich einer weiteren Auseinandersetzung des Klägers mit dem Mann der Beklagten hat wieder einmal die Beklagte gemeint, sie werde den Besitz dem Kläger zurückgeben. Selbst wenn man diese Äußerungen der Beklagten, welche das Berufungsgericht wohl zutreffend als bloße Unmutsäußerungen wertete, als Vertragsanbot auffassen würde, wäre damit für den Kläger nichts gewonnen. Ein Rechtssatz, daß bloßes Stillschweigen als Zustimmung gelte, besteht nicht, es müßte etwas Zusätzliches hinzukommen, was den Vertragswillen des anderen Teiles zum Ausdruck bringt. Hier konnte nichts hinzukommen, weil ein solcher Vertragswille gar nicht bestand. Denn aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich einwandfrei, daß der Kläger gar nicht den Willen hatte, den Übergabsvertrag aufzulösen, weil er glaubte, die Sache werde sich einrenken. Zwischen Anwesenden hätte aber das Anbot sofort angenommen werden müssen, um einen gültigen Vertrag zustande zu bringen (§ 862 ABGB.).

Weiters stellt das Erstgericht fest, daß später die Beklagte noch einmal meinte, daß sie den Besitz zurückgeben werde, wenn ihr der Kläger eine Wiese und ein Stück Wald dafür geben wollte, womit aber der Kläger nicht einverstanden war. Das später erfolgte Anbot des Klägers, den Vertrag gegen Übergabe einer Wiese aufzulösen, wurde von der Beklagten ausdrücklich abgelehnt. Nach diesen tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes ist eine vertragliche Auflösung des Übergabsvertrages nicht zustande gekommen, weil das jeweilige Anbot einer Partei von der anderen Partei nicht angenommen wurde. Es besteht daher auch keine vertragliche Verpflichtung der Beklagten, diese Liegenschaft dem Kläger zurückzustellen, weshalb das Klagebegehren mit Recht abgewiesen wurde.

Anmerkung

Z24026

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00025.51.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19510124_OGH0002_0030OB00025_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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