TE OGH 1951/3/7 2Ob153/51

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Veröffentlicht am 07.03.1951
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Norm

Notwegegesetz §4
Notwegegesetz §9 Abs2
Notwegegesetz §16 Abs6
Notwegegesetz §16 Abs7

Kopf

SZ 24/68

Spruch

Das Gericht kann sich über die nach § 9 Abs. 2, § 16 Abs. 6 NotwegeG. bindende Erklärung der Verwaltungsbehörde auch nicht in der Weise hinwegsetzen, daß der Notweg nur mit einer Einschränkung bewilligt wird, die auf die öffentlichen Interessen nach Meinung des Gerichtes ausreichend Rücksicht nimmt.

Entscheidung vom 7. März 1951, 2 Ob 153/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Innsbruck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht wies den auf Einräumung eines Notweges gerichteten Antrag ab, da die politische Behörde I. Instanz erklärt hatte, daß der begehrten Einräumung öffentliche Rücksichten entgegenstehen.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und verwies die Sache an dieses mit dem Auftrage zurück, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung einer Notwegedienstbarkeit zu prüfen.

Der Oberste Gerichtshof hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die von der Verwaltungsbehörde I. Instanz zur Frage, ob öffentliche Interessen der Einräumung eines Notweges entgegenstehen, gemäß §§ 4, 9 NotwegeG. erstattete Äußerung ist zufolge § 9 Abs. 4 NotwegeG. für das Gericht I. Instanz bindend und mußte seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden, auch wenn sie, wie der Rekurswerber glaubt, auf einem Irrtum oder Mißverständnis beruht.

Das Rekursgericht durfte sich ebenfalls nicht über diese Äußerung mit der Begründung hinwegsetzen, die öffentlichen Interessen seien nicht mehr berührt, wenn die Einräumung des Notweges nur mit der zeitlichen Beschränkung erfolge, daß er erlösche, sobald ein für den Antragsteller benützbarer öffentlicher Weg auf der Grundparzelle X. errichtet werde. Denn damit arrogiert sich das Rekursgericht eine Entscheidung über eine nach dem Willen des Gesetzgebers zweifellos nur den Verwaltungsbehörden vorbehaltene Vorfrage. (Vgl. Sitzungsbericht des Abgeordnetenhauses 11. Session 1896, Band 19,

470. Sitzung S. 23.810 ff.; erl. Bemerkungen ebenda Band 17.1292 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen, Seite 18.) Das Rekursgericht war vielmehr verpflichtet, bevor es seine Entscheidung traf, selbst bei der höheren Verwaltungsbehörde anzufragen, sei es, daß das Erkenntnis des Erstgerichtes, dem eine bezügliche Erklärung der Verwaltungsbehörde I. Instanz zugrunde liegt, selbst angefochten wird, sei es, daß erst in höherer Instanz bei der Gestaltung des einzuräumenden Notweges eine solche Frage auftaucht. Der § 16 Abs. 6 NotwegeG. und der Motivenbericht (1. c Band 17, 1292 der stenographischen Beilagen, Seite 18) machen es ganz klar, daß analog wie in der I. Instanz, so auch im Rechtsmittelverfahren die maßgebende Schlußfassung den Verwaltungsbehörden vorbehalten bleibt, an welche sich darum auch die Gerichte II. und III. Instanz zu wenden haben. Nur dann, wenn bereits das in der Sache zuständige Bundesministerium, in welcher Instanz immer, in der Sache Stellung genommen hat und somit der administrative Instanzenzug erschöpft ist, kann ein gerichtliches Erkenntnis, dem eine solche Entscheidung der höchsten Administrativinstanz zugrunde liegt, mit Rekurs nicht mehr angefochten werden (§ 16 Abs. 7 NotwegeG.), denn hier wäre ein weiterer Rechtszug behufs Abänderung des Erkenntnisses in eben diesem Punkte zwecklos.

Um die der Kognition der Verwaltungsbehörden vorbehaltene Vorfrage zu lösen, wird darum das Rekursgericht bei der höheren Verwaltungsbehörde anzufragen haben. Erst wenn sie endgültig negativ gelöst erscheint, kann in die meritorische Prüfung eingetreten werden, ob im vorliegenden Fall die materiellen Voraussetzungen für die Einräumung einer Notwegeservitut (Mangel oder Unzulänglichkeit einer Wegeverbindung mit dem öffentlichen Wegenetz, Möglichkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Herstellung einer solchen Verbindung auf den Grundstücken des Antragstellers ohne Inanspruchnahme eines Notweges usw.) gegeben sind.

Anmerkung

Z24068

Schlagworte

Behörde, Erklärung der - gem. § 16 NotwegeG., Bindung des Gerichtes an Erklärung der Verwaltungsbehörde gem. § 16, Abs. 6 NotwegeG., Erklärung der Verwaltungsbehörde gem. § 16 Abs. 6 NotwegeG., Interessen öffentliche, im Notwegeverfahren, Notweg, Bindung des Gerichtes im Verfahren über die Begründung eines -, an die Erklärung der Verwaltungsbehörde gem. § 16 NotwegeG., Öffentliches im Notwegeverfahren, Verwaltungsbehörde, Erklärung der - über Vorliegen öffentlicher, Interessen gemäß § 16 NotwegeG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00153.51.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19510307_OGH0002_0020OB00153_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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