TE OGH 1951/5/25 2Ob336/51

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Veröffentlicht am 25.05.1951
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Norm

ABGB §§271 ff
ABGB §274
ABGB §276
Entmündigungsordnung §1 Abs2
Entmündigungsordnung §12 Abs4

Kopf

SZ 24/149

Spruch

Eine Abwesenheitskuratel nach § 276 ABGB. hat zur Voraussetzung, daß der Abwesende handlungsfähig ist.

Ein Rekurs gegen die Versagung der Zustimmung durch das Oberlandesgericht gemäß § 12 Abs. 4 EntmO. ist zulässig.

Kein Absehen vom Entmündigungsverfahren, wenn der von einem ausländischen Gericht bereits Entmundigte im Inland Rückstellungsansprüche geltend macht.

Entscheidung vom 25. Mai 1951, 2 Ob 336/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Erna B. ist eine Tochter des Abraham Aron recte Adolf B., der zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft war, die im Jahre 1940 verkauft wurde; er ist später gestorben; ob bereits eine Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt worden ist, ist nicht bekannt. Erna B., die österreichische Staatsbürgerin ist, ist im September 1938 von Wien, ihrem letzten Wohnort, nach Amerika ausgereist. Mit dem Beschluß vom 29. Juni 1949 wurde der Rechtsanwalt Dr. Oskar M. zu ihrem Abwesenheitskurator bestellt und zur Geltendmachung eines Rückstellungsanspruches in Ansehung der Liegenschaft pflegschaftsbehördlich ermächtigt. Mit dem Beschluß vom 12. August 1950 wurde der Abwesenheitskurator seines Amtes mit der Begründung enthoben, daß Erna B. selbst, bzw. durch ihren Vertreter Dr. Ernst K. aufgetreten sei.

Am 25. Jänner 1951 gaben Klara B., die Gattin des Verstorbenen, und Grete R., eine weitere Tochter, dem Bezirksgericht unter Vorlage einer beglaubigten Übersetzung einer Urkunde des Obersten Gerichtshofes, Verwaltungsbezirk New York, bekannt, daß Erna B. von diesem Gerichtshof als handlungsunfähige Person erklärt und daß zum Sachwalter ihrer Person und ihres Vermögens Leon R. bestellt worden sei; Klara B., Grete und Leon R. sind ebenso wie Erna B. gegenwärtig in New York wohnhaft. Da die Rückstellungskommission von der Handlungsunfähigkeit der Erna B. und den im Zusammenhang damit getroffenen Maßnahmen Kenntnis erlangt hatte, hatte sie nach dem Inhalte der Eingabe der Klara B. und Grete R. diese aufgefordert, einen Beschluß gemäß § 12 Abs. 4 EntmO. vorzulegen; sie beantragten mit Rücksicht darauf, daß in Österreich lediglich das Rückstellungsverfahren durchzuführen ist, nach dessen Erledigung Erna B. einen Anteil an der rückzustellenden Liegenschaft haben wird, den Ausspruch, daß von der Einleitung eines Entmündigungsverfahrens im Inland abgesehen werde.

Das Pflegschaftsgericht legte den Akt dem Oberlandesgerichte Wien mit der Bitte vor, die Zustimmung zu erteilen, daß von der Einleitung eines Entmündigungsverfahrens im Inland abgesehen werde.

Das Oberlandesgericht beschloß, die Zustimmung hiezu nicht zu erteilen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diesen Beschluß.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 12 Abs. 4 EntmO. ist für die Entmündigung eines Inländers, der im Inland keinen ständigen Aufenthalt hat, in der Regel das Bezirksgericht des letzten inländischen Aufenthaltsortes zuständig; dieses Gericht kann mit Zustimmung des Oberlandesgerichtes von der Einleitung oder Fortsetzung des Entmündigungsverfahrens im Inland absehen, wenn der Inländer im Ausland seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat und wenn die im Ausland eröffnete Kuratel oder Vormundschaft zum Schutz der Rechte und Interessen des Inländers ausreicht. Da in der Entmündigungsordnung, die diese Bestimmung in den Abschnitt "Zuständigkeitsvorschriften" aufgenommen hat, ein Rechtsmittel gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes, mit dem die erforderliche Zustimmung erteilt oder versagt wird, nicht ausgeschlossen ist, muß der Rekurs als zulässig angesehen werden; er ist jedoch nicht begrundet.

Es mag dahingestellt bleiben, ob die vorgelegte Urkunde des Obersten Gerichtshofes des Verwaltungsbezirkes New York vom 19. August 1949 überhaupt ausreicht, eine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 oder 2 EntmO. zu ersetzen, da aus ihr bloß hervorgeht, daß Erna B. zufolge eines Bescheinigungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofes, Verwaltungsbezirk New York, datiert vom 30. August 1940, als eine geisteskranke Person erklärt und am 31. August 1940 in eine Anstalt aufgenommen und daß sie nunmehr ein Pflegling dieser Anstalt auf Staatskosten sei, ohne daß näher angeführt ist, wer die Geisteskrankheit festgestellt habe, welcher Art sie sei und wer die Einleitung und Durchführung des Verfahrens veranlaßt habe; von der Bestellung eines im Inland wohnenden Vertreters für Erna B. kann nämlich keineswegs Abstand genommen werden, da sie eben im Begriff ist, ein Vermögen im Inland zu erwerben, das in der Folge auch verwaltet werden muß. Da aber nunmehr zumindestens der Verdacht besteht, daß Erna B. geisteskrank ist, kommt die Bestellung eines Abwesenheitskurators nach § 276 ABGB. nicht in Frage, da diese zur Voraussetzung hat, daß der Abwesende handlungsfähig ist (im Gegensatz zu den anderen Fällen der Kuratel nach den §§ 271 bis 274 ABGB.). Ihr Vertreter, der zur Mitwirkung im Rückstellungsverfahren, allenfalls auch zur Beteiligung an einem noch nötigen Verlassenschaftsverfahren berufen ist, kann vielmehr nur im Rahmen eines Entmündigungsverfahrens bestellt werden. Das Oberlandesgericht hat daher mit Recht ausgeschlossen, daß durch die im Ausland getroffenen Maßnahmen der Schutz der Rechte und Interessen der Erna B. ausreichend gewährleistet sei; gerade die Tatsache, daß im Inland ein Verfahren anhängig ist, in dem Erna B. eine Parteistellung einnimmt und möglicherweise ein Vergleich geschlossen werden soll, bedingt, daß für sie ein inländisches Pflegschaftsgericht, dem die Kontrolle ihrer Vertretung obliegt, einschreiten muß, weshalb diese Kontrolle nicht einem ausländischen Gericht oder einer ausländischen Behörde überlassen werden kann.

Anmerkung

Z24149

Schlagworte

Abwesender Handlungsfähigkeit des - Voraussetzung für Bestellung eines, Abwesenheitskurators, Abwesenheitskurator, keine Bestellung eines - für Handlungsunfähigen, Ausländisches Gericht, kein Absehen von der Entmündigung, wenn ein von, einem - Entmundigter im Inland Rückstellungsansprüche geltend macht, Entmündigung kein Absehen von der -, wenn ein von einem ausländischen, Gericht Entmundigter im Inland Rückstellungsansprüche geltend macht, Handlungsunfähigkeit keine Bestellung eines Abwesenheitskurators bei -, des Abwesenden, Kuratel für Abwesende, Voraussetzung hiefür deren Handlungsfähigkeit, Kurator für Abwesende, Bestellung eines -, Voraussetzung, Handlungsfähigkeit des Abwesenden, Oberlandesgericht, gegen die Versagung der Zustimmung durch das - gem., § 12 Abs. 4 EntmO. ist der Rekurs zulässig, Pflegschaft kein Abwesenheitskurator für Handlungsunfähige, Rekurs, Zulässigkeit des - gegen die Versagung der Zustimmung durch das, OLG. gemäß § 12 Abs. 4 EntmO., Rückstellung, kein Absehen von Entmündigung, wenn ein von ausländischem, Gericht Entmundigter im Inland die - entzogenen Vermögens beantragt, Versagung der Zustimmung durch das Oberlandesgericht gemäß § 12 Abs. 4, EntmO., Rekurs zulässig gegen die -, Zulässigkeit des Rekurses gegen die Versagung der Zustimmung durch das, Oberlandesgericht gemäß § 12 Abs. 4 EntmO.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00336.51.0525.000

Dokumentnummer

JJT_19510525_OGH0002_0020OB00336_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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