TE OGH 1951/9/19 1Ob642/51

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Veröffentlicht am 19.09.1951
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Norm

EO §258
EO §283
EO §285

Kopf

SZ 24/230

Spruch

Anwendbarkeit des § 258 EO., wenn die unmittelbare Ausfolgung des Verkaufserlöses durch den Vollstrecker vom Gerichte nicht genehmigt und der vom betreibenden Gläubiger dem Vollstrecker wieder anvertraute Betrag von diesem über richterliche Weisung gerichtlich erlegt worden ist.

Entscheidung vom 19. September 1951, 1 Ob 642/51.

I. Instanz: Bezirkgericht Murau; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Der Beklagte führte auf ein dem Georg R. gehöriges Auto zur Hereinbringung einer Forderung von 13.557.70 S samt Nebengebühren Exekution. Das Auto wurde vom Exekutionsgericht freihändig verkauft. Laut Beschluß des Exekutionsgerichtes vom 29. März 1951 war ein Teilbetrag des Erlöses in der Höhe von 15.948.73 S zur vollständigen Befriedigung an die beklagte Partei auszufolgen. Noch vor Fassung dieses Beschlusses hat der Vollstrecker diesen Betrag an den Vertreter des Beklagten, Rechtsanwalt Dr. F., ausgezahlt. Da Dr. F. Eile hatte, ersuchte er den Vollstrecker, das Geld zur Sparkasse zu tragen und auf sein Konto bei der steiermärkischen Sparkasse überweisen zu lassen. Der Vollstrecker willigte ein und übernahm wieder den bereits an Dr. F. ausgezahlten Betrag. Er hat ihn aber nicht weisungsgemäß auf das Konto Dris. F. eingezahlt, sondern ihn auf richterlichen Auftrag bei Gericht erlegt, weil die Klägerin telephonisch ein Vertragspfandrecht an dem Auto behauptete. Beklagter erhob unter Darstellung des obigen Sachverhaltes Beschwerde, worauf das Erstgericht die Ausfolgung des Erlöses an den Beklagten anordnete. Die heutige Klägerin erhob Rekurs gegen den Ausfolgungsbeschluß; das Rekursgericht gab dem Rekurse Folge, hob den Ausfolgungsbeschluß auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens nach § 285 EO. auf. Die Ausfolgung des neuerlich erlegten Betrages an den Beklagtenvertreter unterblieb daher.

Nach Fassung des Ausfolgungsbeschlusses, aber noch vor Fällung der Rekursentscheidung hat die Klägerin den Beklagten auf Einwilligung geklagt, daß der ihm zugewiesene Betrag an die Klägerin ausgefolgt werde.

Das Erstgericht hat die Klage nach durchgeführter mündlicher Streitverhandlung wegen örtlicher und sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen, weil durch die Auszahlung des Kauferlöses an den Beklagtenvertreter die Zuständigkeit des Exekutionsgerichtes nach § 283 Abs. 3 EO. beendet sei. Wenn der Geldbetrag durch einen nachträglichen gesetzwidrigen Vorgang nicht im Sinne des Ersuchens Dris. F. auf sein Girokonto überwiesen, sondern bei Gericht erlegt wurde, so könne dies an der Zuständigkeit nichts mehr ändern.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluß auf, verwarf die von dem Beklagten erhobene Einrede der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes und trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens auf.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

§ 258 EO. bestimmt nur, daß für die Klage, womit Ansprüche auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der exekutiv veräußerten Sache geltend gemacht werden, vom Beginn des Exekutionsvollzuges an das Exekutionsgericht zuständig ist. Wann die Zuständigkeit des Exekutionsgerichtes endet, ist im Gesetze nicht ausdrücklich geregelt. Die Entscheidung vom 3. Jänner 1928, JBl. 1928, S. 202, hat diese Frage dahin entschieden, daß das Exekutionsgericht so lange handeln kann, bis sich seine Funktion erschöpfe; sei dieser Zeitpunkt eingetreten, so könne auch eine Klage nach § 258 EO. nicht mehr beim Exekutionsgericht überreicht werden.

Es ist daher im Sinne dieser Rechtsprechung entscheidend, ob zur Zeit der Überreichung der Klage das Bezirksgericht Murau als Exekutionsgericht seine Tätigkeit in der Exekutionssache E ../50 bereits beendet hatte. In der vorzitierten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof die früher strittige Frage entschieden, ob das Exekutionsverfahren bereits mit dem Verteilungsbeschluß erledigt sei oder erst mit der tatsächlichen Ausfolgung des Meistbotes an die Bezugsberechtigten. Damit, daß der Oberste Gerichtshof den letzterwähnten Zeitpunkt für maßgebend erklärte, hat er aber keineswegs ausgesprochen, daß durch die Ausfolgung des Verkaufserlöses das Exekutionsverfahren bereits in allen Fällen erledigt sei.

Das Exekutionsverfahren kann vielmehr unter Umständen auch trotz Ausfolgung des Verkaufserlöses fortgesetzt werden. Hat das Exekutionsgericht der vom Vollstreckungsorgan vorgenommenen unmittelbaren Ausfolgung des Verkaufserlöses an den betreibenden Gläubiger die Genehmigung versagt, so hat das Exekutionsgericht nach der Entscheidung vom 1. Juni 1926, ZBl. 1927, Nr. 64, dem betreibenden Gläubiger den Rückersatz aufzutragen und das Exekutionsverfahren fortzusetzen. Das gleiche muß aber auch dann gelten, wenn das Rekursgericht in Abänderung des erstrichterlichen Beschlusses die Einleitung des Verteilungsverfahrens anordnet. Auch in diesem Falle ist der betreibende Gläubiger zum Rückersatz des ausgefolgten Betrages aufzufordern und das Verfahren nach §§ 285 ff. EO. weiter fortzusetzen.

Der Umstand, daß das Vollstreckungsorgan den von Dr. F. mit einer bestimmten Weisung erhaltenen Betrag weisungswidrig verwendet und bei Gericht erlegt hat, hatte daher nur die Folge, daß das Rückersatzverfahren entfallen konnte, weil der Betrag ohnehin bereits bei Gericht erlegt war; er hat aber nicht die Folge, daß deshalb das Exekutionsverfahren, das nach Meinung des Rekursgerichtes nicht beendet war, nicht hätte weiter fortgesetzt werden können. Da durch die Entscheidung des Rekursgerichtes im Exekutionsverfahren bindend festgestellt worden ist, daß das Exekutionsverfahren noch nicht beendet ist, so ist auch das Exekutionsgericht weiter für die nach § 258 EO. zu erhebende Klage zuständig geblieben, da der Ausfolgung des Verkaufserlöses unter den vorliegenden Umständen nicht die Wirkung zukam, das Exekutionsverfahren zu beenden.

Der Revisionsrekurs des Beklagten mußte demnach ohne Erfolg bleiben.

Anmerkung

Z24230

Schlagworte

Ausfolgung des Erlöses durch den Vollstrecker, Nichtgenehmigung der -, Erlag des Erlöses, Pfandvorrechtsklage bei -, Erlös, Gerichtserlag des -, Anwendbarkeit des § 258 EO., Exekution Anwendung des § 258 EO., Gerichtserlag des Versteigerungserlöses wegen Nichtgenehmigung der, Ausfolgung, Pfandvorrechtsklage bei -, Klage nach § 258 EO. bei Erlag des Erlöses bei Gericht, Pfandvorrechtsklage, Anwendbarkeit bei gerichtlichem Erlag des Erlöses, Verkaufserlös, Klage nach § 258 EO., Vollstrecker, Erlag des Erlöses durch den - bei Nichtgenehmigung der, Ausfolgung, Zwangsvollstreckung Pfandvorrechtsklage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00642.51.0919.000

Dokumentnummer

JJT_19510919_OGH0002_0010OB00642_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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