TE OGH 1952/1/23 1Ob55/52

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Veröffentlicht am 23.01.1952
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Norm

EO §381
EO §389
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §24

Kopf

SZ 25/18

Spruch

Bei abfälligen Äußerungen über Erzeugnisse eines Konkurrenten ist Wettbewerbsabsicht zu vermuten.

Unzulässigkeit des allgemeinen, nicht näher konkretisierten Verbots, nachteilige Äußerungen über Erzeugnisse eines Wettbewerbers zu unterlassen.

Auch gesetzwidrig im Rechtshilfeweg im Verfahren über die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durchgeführte Zeugenvernehmungen sind zu berücksichtigen.

Entscheidung vom 23. Jänner 1952, 1 Ob 55/52.

I. Instanz: Kreisgericht Ried i. I.; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbes erhoben und in der Klage eine einstweilige Verfügung beantragt, laut welcher dem Antragsgegner zur Sicherung des Anspruches auf Unterlassung der Behauptung und Verbreitung nachteiliger Äußerungen über die Antragstellerin und deren Erzeugnisse, insbesondere der Behauptung, daß die von der Antragstellerin hergestellten Maschinen in der Qualität nicht entsprächen und nicht solide gebaut seien, daß laufend Reklamationen eingehen und daß die Geschäftsgebarung der Antragstellerin zweifelhaft und unsolid sei, verboten werde, derartige Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten.

Das Erstgericht hat diesen Antrag abgewiesen.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs der gefährdeten Partei teilweise dahin Folge gegeben, daß zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung der Behauptung nachteiliger Äußerungen über die Erzeugnisse der klagenden Partei,

u. zw. der Behauptung, die kombinierte Kreissäge-, Fräs- und Bohrmaschine, Modell Super U S 30, der klagenden Partei sei minderwertig, der beklagten Partei verboten wurde, eine derartige Behauptung aufzustellen. Der Beklagte habe diesem Verbot sofort zu entsprechen, widrigenfalls gegen ihn auf Antrag wegen jedes Zuwiderhandelns Geldstrafen je bis 10.000 S oder Haft bis zur Gesamtdauer eines Jahres verhängt und ihm die Bestellung einer Sicherheit für den durch ferneres Zuwiderhandeln verursachten Schaden aufgetragen wurde. Die einstweilige Verfügung wurde für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des von der klagenden Partei zur Geltendmachung des behaupteten Anspruches anhängig gemachten Rechtsstreites bewilligt. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof änderte den Beschluß dahin ab, daß er der gefährdeten Partei Verbot, zu behaupten, daß die von der gefährdeten Partei hergestellten Maschinen in der Qualität nicht entsprechen und nicht solid gebaut sind. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurswerber beschwert sich zunächst darüber, daß der Erstrichter Zeugen im Requisitionswege vernommen habe.

Diese Rüge ist durchaus berechtigt. Der Erstrichter durfte nur parate Beweismittel zulassen, Erhebungen im Requisitionswege widersprechen dem Gesetz. Das prozeßordnungswidrige Vorgehen des Erstrichters hat aber nicht zur Folge, daß die auf diesem Wege gewonnenen Beweisergebnisse unberücksichtigt zu bleiben haben. Wenn einmal, wenn auch prozeßordnungswidrig, Zeugen im Requisitionswege vernommen wurden, so hat das Gericht die vorliegenden Beweisergebnisse (Auskunftsmittel) auch zu beachten. Das Rekursgericht hat daher mit Recht die Ergebnisse der Einvernahme des Johann B. seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Verfehlt sind weiter die Ausführungen des Revisionsrekurses, daß die Aussage nicht zu beachten sei, weil dem Gegner der gefährdeten Partei keine Gelegenheit zur Intervention bei der Vernehmungstagsatzung gegeben wurde. Da einstweilige Verfügungen erlassen werden können, ohne daß der Antragsgegner vorerst auch nur vom eingebrachten Antrag verständigt wird, so kann um so weniger in der Nichtbeiziehung zu einer Vernehmungstagsatzung eine Nichtigkeit oder auch nur ein Verfahrensmangel erblickt werden.

Mit Unrecht beschwert sich ferner der Revisionsrekurs darüber, daß die Rekursinstanz dem Antragsteller etwas zugesprochen habe, was er gar nicht beantragt hätte. Das Rekursgericht hat als bescheinigt angesehen, daß der Antragsgegner sich gegenüber Johann B. geäußert habe, die von der klagenden Firma gelieferte kombinierte Kreissäge-, Fräs- und Bohrmaschine, Modell U S 30, sei minderwertig und habe nur eine geringe Lebensdauer. Mit dieser Behauptung hat aber der Antragsgegner die Qualität der vom Antragsteller hergestellten Maschine als nicht entsprechend und die Maschine als nicht solid gebaut bezeichnet. Der Antrag zur Sicherung des klägerischen Anspruches auf Unterlassung von Behauptungen, daß die von der Antragstellerin hergestellten Maschinen in der Qualität nicht entsprechen und nicht solid gebaut seien, ist demnach durch die Aussage Johann B.s gedeckt. Formal fehlerhaft war nur, daß das Rekursgericht sich nicht an den Wortlaut des Antrages gehalten und an dessen Stelle die bescheinigte Äußerung der Antragsgegnerin gesetzt hat; dazu war das Rekursgericht nicht berechtigt, es mußte daher der Spruch im Anschluß an den Antrag richtiggestellt werden.

Der Revisionsrekurs ist nur insofern berechtigt, als das Rekursgericht ganz allgemein ein Verbot zur Sicherung der Unterlassung nachteiliger Äußerungen über die Erzeugnisse der gefährdeten Partei erlassen hat. Derlei allgemeine Behauptungen können nach ständiger Judikatur nicht verboten werden, das Unterlassungsbegehren muß vielmehr konkretisiert sein. Das hat wohl die Antragstellerin im Nachsatz ihres Antrages, aber nicht im vorangestellten, allgemein gehaltenen Vordersatz getan. Es mußte daher das Begehren zur Sicherung dieses allgemeinen Anspruches, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, abgewiesen werden.

Im übrigen war aber die Erlassung der einstweiligen Verfügung durch das Rekursgericht gerechtfertigt. Da ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden Streitteilen als bestehend angenommen wurde, so war zu vermuten, daß er diese Äußerung zu Wettbewerbszwecken gemacht hat (Entscheidung vom 29. Oktober 1931, RSpr. 1932 Nr. 77). Das genügt aber zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung, da der Umstand, daß Johann B. augenblicklich nicht im Begriff war, weitere Waren bei der gefährdeten Partei zu bestellen, nicht den eindeutigen Schluß zuläßt, daß eine herabsetzende Äußerung durch einen Konkurrenten nicht zu Zwecken des Wettbewerbes erfolgt sei.

Die einstweilige Verfügung wurde daher mit Recht erlassen. Verfehlt ist aber die Androhung von Geld und Haft im Spruch, da nach § 355 EO. die Androhung von Zwangsmitteln erst anläßlich einer der Exekutionsbewilligung nachfolgenden Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot zu erfolgen hat (Entscheidung vom 8. Juli 1932, AnwZ. 1932 S. 400, und vom 6. Mai 1931, ZBl. 1931 Nr. 228). Die Androhung war daher aus dem Spruch auszuscheiden.

Anmerkung

Z25018

Schlagworte

Einstweilige Verfügung Zeugenvernehmungen im Rechtshilfewege, Unlauterer Wettbewerb, abfällige Äußerungen, Wettbewerbsabsicht bei abfälligen Äußerungen über Erzeugnisse eines, Konkurrenten zu vermuten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00055.52.0123.000

Dokumentnummer

JJT_19520123_OGH0002_0010OB00055_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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