TE OGH 1952/2/13 2Ob82/52

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Veröffentlicht am 13.02.1952
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Norm

ABGB §1017
ABGB §1031
Handelsgesetzbuch §54
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art8 Nr. 9

Kopf

SZ 25/37

Spruch

Daß eine Geschäftsfrau bei der Abwicklung ihrer Geschäfte mit Lebensmitteln eine andere Person beschäftigt, die auch für die Warenlieferungen Geld einkassiert, stellt keine Bevollmächtigung dieser Person zur Entgegennahme anderweitiger Zahlungen dar.

Entscheidung vom 13. Februar 1952, 2 Ob 82/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Im Geschäftsbetrieb der Klägerin ist ihr Sohn Josef M. insoweit tätig gewesen, als er für sie Waren abgeholt, geliefert und für sie, u. a. auch beim Beklagten, Beträge einkassiert hat. Auf ein dem Beklagten von der Klägerin gewährtes Darlehen in der Höhe von 1000 S hat er ihrem Sohn 800 S gezahlt, doch hat dieser den Betrag nicht an seine Mutter weitergeleitet. Die Klägerin hat daher die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 1000 S begehrt.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten lediglich zur Zahlung von 200 S verurteilt.

Der Oberste Gerichtshof hat das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß die Klägerin die ihrem Sohn geleistete Zahlung gegen sich gelten lassen müsse, kann nicht beigepflichtet werden. Rechtsprechung und Rechtslehre vertreten zwar den Standpunkt, daß der Dritte in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand eines Vollmachtsverhältnisses zu schützen sei, mag dieser Tatbestand in einer Anstellung des Bevollmächtigten, in einem dem Dritten bekannten tatsächlichen Dulden von Vertretungshandlungen seitens des Vertretenen oder in anderen äußeren Umständen gelegen sein, die nach der Verkehrsauffassung geeignet sind, den Schein eines Vollmachtsverhältnisses zu erwecken (Wellspacher, das Vertrauen auf den äußeren Tatbestand, S. 245). Dieser Schutz geht aber nur so weit, als der äußere Tatbestand die Annahme eines Vollmachtsverhältnisses rechtfertigt. Im Zweifel ist eine einschränkende Auslegung am Platze. So erstreckt sich die Vollmacht, Waren im Namen des Eigentümers zu verkaufen, nicht auf das Recht, in seinem Namen Waren einzukaufen. Auch dürfen Fuhrleute weder den Wert der ihnen anvertrauten Güter beziehen noch Geld darauf leihen, wenn es nicht ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist (§ 1031 ABGB.). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes hat sich die Klägerin bei der Abwicklung ihrer Geschäfte mit Lebensmitteln ihres Sohnes Josef M. bedient. Eine stillschweigende Bevollmächtigung könnte nur insoweit angenommen werden, als die Abwicklung solcher Geschäfte in Frage kommt. Aus dem Umstand, daß Josef M. für Warenlieferungen Geld einkassiert hat, kann nicht geschlossen werden, daß er bevollmächtigt war, Zahlungen welcher Art immer in Empfang zu nehmen. Hiezu hätte es einer ausdrücklichen Vollmacht bedurft, die ihn zum Zahlungsempfang ermächtigt hätte. Aus den Feststellungen der Untergerichte geht nicht hervor, daß die Bezahlung des Betrages von 1000 S in einem Zusammenhang mit der von Josef M. für die Beklagte ausgeübten geschäftlichen Tätigkeit gestanden ist.

Anmerkung

Z25037

Schlagworte

Inkassant, Vertrauen auf den äußeren Tatbestand, Inkassovollmacht, Vertrauen auf den äußeren Tatbestand Inkassant, Vollmacht zum Inkasso, Vertrauen auf den äußeren Tatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00082.52.0213.000

Dokumentnummer

JJT_19520213_OGH0002_0020OB00082_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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