TE OGH 1952/5/28 1Ob329/52

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Veröffentlicht am 28.05.1952
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Norm

ABGB §167
ABGB §1042

Kopf

SZ 25/145

Spruch

Der Anspruch nach § 167 ABGB. ist kein Schadenersatz-, sondern Alimentationsanspruch, der unabhängig davon besteht, ob die Kindesmutter in der Lage ist, die Kosten ihres Unterhaltes aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Der Vater ist nur dann von dieser Unterhaltspflicht befreit, wenn ein Dritter in der Absicht, die Schuld des Vaters zu erfüllen, den Unterhalt leistet.

Entscheidung vom 28. Mai 1952, 1 Ob 329/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Kirchberg am Wagram; II. Instanz:

Kreisgericht Krems.

Text

Das Erstgericht hat das auf Ersatz des Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung in der Höhe von 420 S gemäß § 167 ABGB. gerichtete Begehren mit der Begründung abgewiesen, die Eltern der Klägerin hätten dieser während der Entbindung in den darauffolgenden sechs Wochen den Unterhalt unentgeltlich geleistet und weder einen Ersatz verlangt, noch verlangen sie jetzt einen solchen, die Mutter sei nicht berechtigt, die Kosten des Unterhaltes ersetzt zu verlangen, wenn andere Personen, hier ihre Eltern, ihr diesen Unterhalt ohne Anspruch auf Ersatz gewähren, vielmehr stehe der Mutter der Anspruch nach § 167 ABGB. nur dann zu, wenn sie selbst in dieser Zeit für ihren Unterhalt aufgekommen sei.

Das Berufungsgericht hat dagegen mit dem angefochtenen Urteil in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung dem Klagebegehren mit der Begründung stattgegeben, die Vorschrift des § 167 ABGB. in der Fassung des § 10 der ersten Teilnovelle sei im wesentlichen dem § 1715 Abs. 1 DBGB. entnommen; letztere Vorschrift behandle einen Entschädigungsanspruch, der als Schadenersatzanspruch vererblich, übertragbar und pfändbar sei und der Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand oder eine anderweitige Ersatzleistung zustehe; dies müsse auch für § 167 ABGB. gelten. Der Klägerin stehe daher der Ersatzanspruch auf den der Höhe nach außer Streit gestellten Betrag von 10 S pro Tag zu, wenn ihr auch in dieser Zeit, wie das Erstgericht einwandfrei festgestellt habe, der Unterhalt von ihren Eltern gewährt worden sei, ohne daß sie hiefür einen Ersatz leisten müsse. Es sei daher gleichgültig, ob die Eltern der Klägerin auf den Ersatzanspruch nur zugunsten der Klägerin verzichtet oder den Anspruch gegen sie zu erheben beabsichtigt hätten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revision ist zwar darin beizupflichten, daß es sich bei dem Anspruch der unehelichen Mutter gegen den Vater ihres Kindes auf Ersatz der Kosten ihres Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung gemäß § 167 ABGB. um keinen Schadenersatzanspruch handelt. Dies zeigt schon die Entstehungsgeschichte. Während bis zur ersten Teilnovelle der Mutter derartige Ansprüche nur aus dem Titel des Schadenersatzes wegen Verführung nach § 1328 ABGB. zustanden, sollte § 10 der ersten Teilnovelle dem unehelichen Vater die Verpflichtung zu den in § 167 ABGB. bezeichneten Leistungen unabhängig davon auferlegen, ob die Schwängerung gegenüber der Mutter Deliktscharakter hatte oder nicht. Es soll sich um den Schutz der Mutter handeln, der letzten Endes dem Kinde zugute kommt und wurde deshalb die Bestimmung nicht in das 30. Hauptstück, sondern unter die familienrechtlichen Bestimmungen eingestellt (vgl. Schey,

Die Teilnovelle, S. 51 f., Anm. 1; Bartsch in Klangs Komm., 1. Aufl., zu § 167 ABGB., S. 931). Die Vorschrift des § 167 ABGB. wurde auch nicht bloß dem § 1715 DBGB. nachgebildet, vielmehr wurden bei Schaffung des § 10 der ersten Teilnovelle auch andere ausländische Bestimmungen verwertet (vgl. Schey, a. a. O., S. 52).

Daß § 167 ABGB. in der Fassung des § 10 der ersten Teilnovelle nicht mit § 1715 des DBGB. identisch ist, ergibt sich übrigens auch daraus, daß § 1715 Abs. 1 des DBGB. die ausdrückliche Vorschrift enthält, wonach die Mutter den gewöhnlichen Betrag der zu ersetzenden Kosten ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand verlangen kann und in § 167 ABGB. eine solche ausdrückliche Bestimmung fehlt. Bei dem Anspruch auf Leistung der Kosten des Unterhaltes handelt es sich, wie auch § 168 ABGB. erkennen läßt, um einen Unterhaltsanspruch, der an sich wie jeder andere solche Anspruch nach § 1418 ABGB. im vorhinein zu erfüllen wäre, und um einen Ersatzanspruch im Sinne des § 1042 ABGB., wenn die Mutter die Kosten ihres Unterhaltes aus eigenen Mitteln bestritten hat (vgl. Schey, a. a. O., S. 56). Daß nach § 167 ABGB. nicht bloß der mangelnde Unterhalt zu leisten ist, geht aus § 168 ABGB. in der Fassung des § 11 der ersten Teilnovelle hervor, wonach nur die Verpflichtung zum gerichtlichen Erlag des ganzen gewöhnlichen Betrages der der Mutter nach § 167 ABGB. zu ersetzenden Kosten im vorhinein von der Bedürftigkeit der Mutter, nämlich davon abhängt, daß sie selbst nicht in der Lage ist, diese Kosten vorerst aus eigenen Mittel zu bestreiten und nachträglich vom a. e. Vater den Ersatz zu verlangen. Dieser Alimentationsanspruch der Mutter besteht somit, gleich jenem der Ehegattin nach § 91 ABGB. unabhängig davon, ob sie in der Lage ist, die Kosten ihres Unterhaltes aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Als Unterhaltsanspruch setzt der Anspruch nach § 167 ABGB. nicht voraus, daß Kosten gerade dieser Höhe vom Unterhaltsberechtigten aufgewendet wurden, und kommt es nicht darauf an, wie sich der Unterhaltsberechtigte den Unterhalt verschafft hat, ob etwa durch eigene Arbeit, durch Geschenke Dritter oder durch Zuwendungen von Verwandten auf familienrechtlicher Grundlage. Anderes würde nur dann gelten, wenn ein Dritter - hier der Vater der Mutter - dieser den Unterhalt in der Absicht gereicht hätte, die Schuld des a. e. Vaters - sei es unter Verzicht oder in Absicht auf Ersatz - zu erfüllen. Dann wäre der Anspruch der Mutter gegen den außerehelichen Vater allerdings durch Leistung seitens des Dritten erloschen. Der Beklagte hat aber keine ausreichende Behauptung in dieser Richtung aufgestellt. Er hat im Verfahren erster Instanz bloß vorgebracht, daß der Vater der Klägerin dieser den Unterhalt gewährt, und auf Ersatz ausdrücklich verzichtet habe. In diesem Vorbringen ist nicht die Behauptung enthalten, der Vater der Klägerin habe ihr den Unterhalt in der Absicht geleistet, eine Schuld des Beklagten zu erfüllen. Es widerspräche auch jeder Lebenserfahrung, daß der Vater des geschwängerten Mädchens, der seinem Kind den Unterhalt reicht, dies tut, um den Schwängerer von dieser Verpflichtung zu befreien. Die Bestreitung der Aktivlegitimation der Klägerin mit der Begründung, daß sie nicht selbst für ihren Unterhalt aufgekommen sei, sondern ihr dieser von ihren Eltern unentgeltlich gewährt und gegen sie keinerlei Ersatzanspruch gestellt worden sei und gestellt werde, ist unschlüssig. Wie bereits oben ausgeführt, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, wie die Mutter sich den Unterhalt verschaffte und ob er auch ohne Entgelt von Dritten gewährt wurde, sondern nur darauf, ob ein Dritter beabsichtigte, die Schuld des a.

e. Vaters zu erfüllen. Eine solche Behauptung enthält aber auch diese weitere Ausführung des Beklagten nicht.

Der unbegrundeten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Anmerkung

Z25145

Schlagworte

Alimentation nach § 167 ABGB., Entbindungskosten nach § 167 ABGB., Unterhalt nach § 167 ABGB.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00329.52.0528.000

Dokumentnummer

JJT_19520528_OGH0002_0010OB00329_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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