TE OGH 1952/7/2 2Ob482/52

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Veröffentlicht am 02.07.1952
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Norm

ABGB §431
ABGB §870
EO §§87 ff
Grundbuchsgesetz §§61 ff

Kopf

SZ 25/186

Spruch

Ist ein Ansuchen um Eigentumseinverleibung nur aus formellen Gründen abgewiesen worden, fällt dem, der in Kenntnis dieser Tatsache ein exekutives Pfandrecht zu erwerben sucht, Arglist zur Last.

Entscheidung vom 2. Juli 1952, 2 Ob 482/52.

I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Beim Bezirksgericht A. langten gleichzeitig ein Gesuch der Klägerin um Einverleibung ihres Eigentumsrechtes auf Grund des Kaufvertrages vom 27. Jänner 1950 ob den dem Alfed H. zur Hälfte gehörigen Liegenschaften X. und Y. und ein Gesuch der beklagten Partei um Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf Grund des Wechselzahlungsauftrages vom 21. Oktober 1950 ob den gleichen Liegenschaftsanteilen ein. Das Gesuch um zwangsweise Einverleibung des Pfandrechtes wurde mit dem Beschluß vom 8. Feber 1951, das Gesuch um Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin, das zunächst abgewiesen worden war, mit dem Beschluß vom 26. Feber 1951 bewilligt. Dem Rekurse der Klägerin gegen die Bewilligung des zwangsweisen Pfandrechtes wurde nicht Folge gegeben. Daraufhin begehrte die Klägerin die Löschung des zwangsweisen Pfandrechtes der beklagten Partei. Alfred H. habe ihr die ihm gehörigen Liegenschaftsanteile zur teilweisen Tilgung ihrer Schadensersatzforderung übertragen und ihr die Liegenschaften übergeben. Sowohl die beklagte Partei als Alfred H. seien von dem gleichen Rechtsanwalt vertreten worden. Dieser habe Ende Dezember 1950 der Klägerin bestätigt, daß ihm bekannt sei, daß die Hälfteanteile der genannten Liegenschaften nicht mehr zum Vermögen des Alfred H. gehörten. Trotzdem habe die beklagte Partei durch diesen Rechtsanwalt ein Gesuch um zwangsweise Pfandrechtsbegründung eingebracht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Frage, was geschehen soll, wenn gleichzeitig mit dem Gesuch um Eigentumseinverleibung ein Gesuch des Gläubigers des bisherigen Eigentümers um Einverleibung des Pfandrechtes eingebracht wurde, ist im Schrifttum verschieden beantwortet worden (vgl. Touaillon in den Juristischen Blättern 1907, Nr. 43 ff.; Beisser, Österreichische Notariatszeitung 1889, S. 3; ebenso Bartsch, Das allgemeine österreichische Grundbuchsgesetz in seiner praktischen Anwendung, S. 160). Diese Frage ist aber im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, weil die Löschungsklage nicht darauf gestützt werden kann, daß das Grundbuchsgesuch nach dem Grundbuchsstand nicht bewilligt werden konnte.

Die beklagte Partei hat in der Berufung gegen das erstgerichtliche Urteil zwar erklärt, das Urteil des Erstgerichtes wegen unrichtiger Beweiswürdigung anzufechten, weil die Schlußfolgerung des Erstgerichtes, ihre Handlungsweise sei arglistig, verfehlt sei. Sie hat es aber dahingestellt sein lassen, wann das Telefongespräch zwischen dem Vertreter der beklagten Partei und dem Vertreter der klagenden Partei geführt wurde und was anläßlich dieses Gespräches zwischen den Vertretern der Parteien über die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft gesprochen wurde. Es muß daher von der Feststellung des Erstgerichtes ausgegangen werden, daß der beklagten Partei bei Einbringung des Gesuches um zwangsweise Pfandrechtsbegründung bereits bekannt war, daß die Liegenschaftsanteile aus dem Vermögen des Alfred H. ausgeschieden waren. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 20. März 1928, SZ. X/82, ausgesprochen, daß ein arglistiges Handeln des Pfandgläubigers dann vorliegen könne, wenn er ein vertragsmäßiges Pfandrecht an Liegenschaften zu erwerben suche, von denen ihm der Pfandschuldner mitgeteilt habe, daß sie aus seinem Vermögen ausgeschieden sind. Dies muß aber auch im Falle des Erwerbes des exekutiven Pfandrechtes gelten. Im vorliegenden Falle kommt aber noch hinzu, daß die beklagte Partei von dem Schuldner, der nach dem Kaufvertrag zur Übertragung des Eigentumsrechtes an die klagende Partei verpflichtet war, darauf aufmerksam gemacht wurde, daß ein Gesuch der Klägerin um Einverleibung des Eigentumsrechtes aus formellen Gründen abgewiesen worden war. Wenn die beklagte Partei sohin den Versuch unternommen hat, noch vor der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin die Eintragung ihres Pfandrechtes ob Liegenschaftsanteilen zu erwirken, von denen ihr bekannt war, daß sie, obwohl grundbücherlich noch nicht übertragen, nicht mehr zum Vermögen des Alfred H. gehörten, so muß in diesem Verhalten ein arglistiges Zusammenwirken mit Alfred H. zum Nachteile der klagenden Partei erblickt werden. Die beklagte Partei war auch nicht berechtigt, die Frage, ob der Kaufvertrag vom 27. Jänner 1950 anfechtbar sei, dadurch zu ihren Gunsten zu entscheiden, daß sie der Klägerin im Grundbuch zuvorzukommen trachtete. Trotz des im § 431 ABGB. festgelegten Eintragungsgrundsatzes bleibt der klagenden Partei die Einrede der Arglist gewahrt. Eine zu enge Auslegung des Begriffes der Arglist muß abgelehnt werden. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z25186

Schlagworte

Arglist, bei Erwerb eines exekutiven Pfandrechtes an einer Liegenschaft, Einverleibung des exekutiven Pfandrechtes, Arglist, Pfandrecht, arglistiger Erwerb eines - an einer Liegenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00482.52.0702.000

Dokumentnummer

JJT_19520702_OGH0002_0020OB00482_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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