TE OGH 1952/8/1 1Ob648/52

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Veröffentlicht am 01.08.1952
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Norm

ZPO §552 (3)
ZPO §557 (2)

Kopf

SZ 25/213

Spruch

§ 557 Abs. 2 ZPO. kann nicht auf den Wechselgläubiger bezogen werden.

Daß die Klagsvollmacht nicht ordnungsgemäß unterschrieben ist, muß in den Wechseleinwendungen gerügt werden.

Entscheidung vom 1. August 1952, 1 Ob 648/52.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin hat einen Wechsel an eigene Order auf die Beklagte gezogen. Der Wechsel wurde von der Ausstellerin nicht firmenmäßig von den beiden Liquidatoren, sondern nur von einem der Liquidatoren und von einem gewissen G. i. V. des zweiten Liquidators gefertigt. Die Vollmacht, auf Grund deren der Anwalt der Klägerin diesen Wechsel eingeklagt hat, war in gleicher Weise namens der Klagsfirma unterzeichnet.

Die Beklagte hat gegen den Wechselzahlungsauftrag eingewendet, daß ein gültiger Wechsel nicht vorliege, weil die Unterschrift des Ausstellers fehle. Die beiden Personen, die den Wechsel gefertigt haben, seien nicht zeichnungsberechtigt.

Das Erstgericht hat den Wechselzahlungsauftrag aufgehoben. Wenn die Wechselerklärung von einem Machthaber unterschrieben sei, so könne der Zahlungsauftrag nur erlassen werden, wenn die Vollmacht des Machthabers beigebracht werde (§ 557 ZPO.). Im Zeitpunkt der Erlassung des Wechselzahlungsauftrages sei dieses nunmehr festgestellte Vollmachtsverhältnis nicht belegt gewesen. Dieser Mangel sei aber auch bis heute nicht beseitigt, da die erst bei der mündlichen Verhandlung vom 2. März 1952 vorgelegte Vollmacht Beilage 3 - Vollmacht des Liquidators B. an den Oberbuchhalter G. - am 15. September 1951 ausgestellt, der Wechselskripturakt aber bereits am 13. Dezember (Ausstellungstag) gesetzt worden sei und daher diese Aufgabe auch nicht am Tage der Erlassung des Wechselzahlungsauftrages erfüllen konnte.

Das Berufungsgericht forderte die klagende Partei zur Vorlage einer firmenmäßig gefertigten Vollmacht auf und hielt, nachdem die klagende Partei diesem Auftrag Folge geleistet hatte, den Wechselzahlungsauftrag aufrecht.

Die Berufungswerberin sei im Recht, wenn sie die Auslegung des § 557 Abs. 2 ZPO. durch das Erstgericht als irrtümlich bezeichne. Diese Bestimmung treffe nur jene Fälle, wogegen den Machtgeber ein Wechselzahlungsauftrag erlassen werden soll. Für die Fälle in gleicher Weise vorzusorgen, wo der Machtgeber als Kläger auftritt, bestand schon deshalb für den Gesetzgeber kein Anlaß, weil schon durch die Klage auf alle Fälle die Genehmigung der Vertretung im Sinne des § 1016 ABGB. gegeben sei. Auch auf dem Gebiet des Wechselrechtes herrsche für die Vollmachtserteilung zu einer Wechselerklärung der Grundsatz der Formfreiheit, obwohl die Wechselerklärung selbst ihrem Wesen nach eine schriftliche Erklärung sei.

Im gegenständlichen Falle konnte aber die vorliegende Klage deshalb nicht als eine rechtswirksame Willenserklärung der Klägerin und damit als Genehmigung der Vertretung bei der schriftlichen Wechselerklärung angesehen werden, weil bei der Ausstellung der Vollmacht vom 27. Jänner 1952 gegen die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wurde. Die vorgenannte Prozeßvollmacht wurde vom Liquidator M. und für den zweiten Liquidator B. in Vertretung von G. unterschrieben. Da für die Vertretung einer liquidierenden offenen Handelsgesellschaft gemäß § 150 HGB. der Grundsatz der Gemeinschaftsvertretung gilt, wäre wegen dieses Formmangels gemäß §§ 37 Abs. 2, 85 ZPO. schon bei Überreichung der Klage des Klägers zu einer entsprechenden Verbesserung aufzufordern gewesen. Die im Sinne der obigen Ausführungen vom Klagevertreter bei der mündlichen Streitverhandlung vorgelegte sogenannte Spezialvollmacht vom 15. September 1951 des Liquidators B. an G. stelle sich nach ihrem Inhalt als eine Gesamtübertragung der Vertretungsbefugnis des Liquidators auf einen Dritten dar. Eine solche Gesamtübertragung widerstreite dem Kundmachungszweck des Handelsregisters und sei daher unzulässig.

Da somit keine rechtswirksame Vollmacht des Liquidators B. an G. vorgelegen sei, konnte dieser auch nicht rechtswirksam die Prozeßvollmacht vom 27. Jänner 1952 unterschreiben. Die klagende Partei sei daher tatsächlich nicht gehörig vertreten gewesen. Dieser Mangel sei aber durch die im Berufungsverfahren vorgelegte firmenmäßige Vollmacht gemäß § 6 ZPO. saniert worden. Damit sei der Mangel beseitigt und auch der Wechselskripturakt für die Klägerin vom 13. September 1951 genehmigt.

Dieses Urteil wird von der Beklagten mit Revision angefochten.

Die Rechtsrüge führt aus, im Mandats- und Wechselverfahren seien alle Voraussetzungen nicht für den Zeitpunkt der Entscheidung, sondern bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Zahlungsauftrages zu prüfen. Lagen diese im Zeitpunkt der Erlassung des Zahlungsauftrages nicht vor, dann sei der Zahlungsauftrag aufzuheben, auch wenn die fehlenden Urkunden nach Erlassung des Wechselzahlungsauftrages vorgelegt wurden. Auch die Auslegung des § 557 Abs. 2 ZPO. durch das Berufungsgericht sei verfehlt. Das Gesetz spreche von Wechselerklärungen, die von einem Machthaber unterschrieben sind, ohne zu unterscheiden, ob der Zahlungsauftrag für oder gegen den Machtgeber erlassen werden soll. Für eine Auslegung bleibe daher gar kein Raum.

Die Revision blieb ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsausführungen der Revision sind verfehlt.

Nach Art. 7 WG. hat der Umstand, daß ein Wechsel Unterschriften trägt, die für die Personen, für die unterschrieben wurde, keine Verbindlichkeiten begrunden können, auf die Gültigkeit der übrigen Unterschriften keinen Einfluß. Die wechselmäßige Verpflichtung der Beklagten als Akzeptantin des klagsgegenständlichen Wechsels setzt also nur voraus, daß eine Ausstellerunterschrift auf dem Wechsel vorhanden ist, nicht aber, daß die Unterschrift gültig oder auch nur firmenmäßig ist.

Da Beklagte keine andere Wechseleinwendung erhoben hat, als die der Ungültigkeit des Wechsels, weil die Unterschrift des Ausstellers fehle, so war schon aus diesen Erwägungen der Wechselzahlungsauftrag aufrecht zu halten.

Es erübrigt sich daher, auf die in der Revision geltend gemachte Einwendung einzugehen, daß der Wechselzahlungsauftrag nicht habe erlassen werden können, weil die Wechselerklärung der Klägerin von einem Machthaber unterschrieben worden sei, dessen Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Erlassung des Wechselzahlungsauftrages nicht vorgelegen sei. Nur der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß die Klagslegitimation des Wechselinhabers (Art. 16 WG.) nicht vorausgesetzt, daß dieser eine Wechselerklärung abgegeben habe und daß, wenn er auch zugleich Wechselverpflichteter ist, er nicht auf Grund seiner Wechselerklärung klagt, da diese ihn nur verpflichtet und nicht berechtigt, und daß es infolgedessen vollkommen irrelevant ist, ob seine Wechselerklärung gültig oder wenigstens durch einen ordnungsmäßig Bevollmächtigten abgegeben worden ist. § 557 Abs. 2 ZPO. kann deshalb niemals auf den Wechselgläubiger bezogen werden; das folgt aus den Grundprinzipien des Wechselrechtes.

Auch der Umstand, daß die Klagsvollmacht nicht ordnungsmäßig unterschrieben war, hätte von den Untergerichten, da dieser Umstand nicht in den Einwendungen gerügt worden ist - diese bestreiten nur die Firmenmäßigkeit der Wechselunterschrift - nicht beachtet werden sollen. Sie wäre höchstens für die Kostenfrage von Bedeutung. Aber auch dieser prozessuale Mangel ist durch die Nachbringung der firmenmäßig gefertigten Prozeßvollmacht saniert.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch, daß die Mängelrüge unbegrundet ist, daß nicht erhoben wurde, ob die im Berufungsverfahren nachgebrachte Prozeßvollmacht, datiert vom 27. Jänner 1952, nicht rückdatiert worden ist; denn auf diesen Umstand kommt es überhaupt nicht an.

Die Revision mußte daher ohne Erfolg bleiben, wenngleich sich der Oberste Gerichtshof der Begründung des Berufungsgerichtes nicht in allen Punkten anzuschließen vermag.

Anmerkung

Z25213

Schlagworte

Einwendungen gegen Wechselzahlungsauftrag, Klagevollmacht, Machthaber, Unanwendbarkeit des § 557 (2) ZPO. auf den Wechselgläubiger, Wechselgläubiger, Unanwendbarkeit des § 557 (2) ZPO.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00648.52.0801.000

Dokumentnummer

JJT_19520801_OGH0002_0010OB00648_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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