TE OGH 1952/9/3 2Ob372/52

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Veröffentlicht am 03.09.1952
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Norm

ABGB §1295 (1)
ABGB §1304
ABGB §1325
Straßenpolizeigesetz §§47 ff
Straßenpolizeiordnung §§53 ff

Kopf

SZ 25/226

Spruch

Keine Vorschrift, wonach der neben dem Fuhrwerke gehende Fahrer eines Pferdefuhrwerkes am Rande der Fahrbahn rechts vom Fuhrwerk zu gehen hat.

Entscheidung vom 3. September 1952, 2 Ob 372/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Horn; II. Instanz: Kreisgericht Krems.

Text

Der Kläger, der am 2. Jänner 1951 von einem Kraftwagen niedergestoßen und verletzt worden ist, während er neben seinem Pferdefuhrwerk gegangen ist, hat sowohl gegen den Lenker als auch gegen die Eigentümerin des Kraftwagens Schadenersatzansprüche geltend gemacht.

Das Prozeßgericht hat das überwiegende Verschulden an dem Unfall dem Lenker des Kraftwagens angelastet und dem Kläger 80 v. H. seines Schadens zugesprochen.

Das Berufungsgericht hat die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers abgelehnt und die Beklagten zum Ersatz des ganzen Schadens verpflichtet.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der Beklagten nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht ist vor allem die Feststellung des Berufungsgerichtes maßgebend, daß der Kläger im Bereich seiner rechten Fahrbahnhälfte verblieb und sich im Zeitpunkt des Unfalles sogar 1.30 m rechts von der Straßenmitte befand. Die Revision vermeint, daß hierin eine Aktenwidrigkeit gelegen ist, weil noch ein Meter hinzurechnen sei, den der Kläger für seinen Körper in Anspruch genommen hat und überdies noch ein halber Meter, weil der Schnee nicht in der Breite des Straßenpflasters, sondern einen halben Meter nach links verschoben niedergefahren war.

Von einer Aktenwidrigkeit kann jedoch bei dieser Annahme des Berufungsgerichtes keine Rede sein, weil der Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit nur dann vorliegt, wenn dem Urteil des Berufungsgerichtes in einem wesentlichen Punkt eine tatsächliche Voraussetzung zugrunde gelegt erscheint, welche mit den Prozeßakten erster oder zweiter Instanz in Widerspruch steht, also dann, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wird, nicht aber dann, wenn tatsächliche Feststellungen durch Schlußfolgerungen gewonnen werden, mögen diese auch unrichtig sein.

In der Annahme des Berufungsgerichtes, daß der Kläger sich im Zeitpunkt des Unfalls ausschließlich im Bereich seiner rechten Fahrbahn befunden hat, und daß deshalb ein Mitverschulden des Klägers nicht vorliegt, kommt aber auch keine unrichtige rechtliche Beurteilung zutage, weil für die Bestimmung der dem Erstbeklagten zur Verfügung gestandenen Fahrbahnhälfte nur die tatsächliche Fahrbahn maßgebend ist und nicht der optische Eindruck, den der hartgefrorene Schnee beim Erstbeklagten hervorgerufen hat; überdies erscheint es übertrieben, für die Person des Klägers einen ganzen Meter der Straßenseite bei der Feststellung der Distanz dazuzuschlagen.

Unter Zugrundelegung der Feststellung, daß der Kläger auf seiner rechten Fahrbahnhälfte geblieben ist, ist es für die Frage der Vollhaftung der beklagten Partei ohne Belang, ob sich der Kläger links oder rechts von seinem Fuhrwerk befunden hat. Das Berufungsgericht hat zutreffend hervorgehoben, daß die Straßenpolizeiordnung eine Vorschrift, derzufolge der Fahrer eines Pferdefuhrwerks, wenn er neben dem Fuhrwerk geht, dies am Rande der von ihm benützten Fahrbahn zu tun hat, nicht enthält. In der Möglichkeit, die Zügel sicher zu handhaben, war der Kläger nach der Feststellung des Berufungsgerichtes nicht gehemmt. Der Oberste Gerichtshof hält dieses Moment überdies nicht für beachtlich, weil es bei der gegebenen Situation dem Kläger gar nicht möglich war, durch ein Weiterrechtslenken seines Fuhrwerkes dem schleudernden PKW. die ihm nicht zukommende andere Straßenseite freizugeben.

Die Ursache des entstandenen Schadens liegt also einzig und allein darin, daß der Erstbeklagte - wie in der Revision selbst zum Ausdruck kommt - seinen Wagen wegen Glatteis nicht in der Hand hatte und deshalb auf die ihm nicht zukommende Straßenseite geraten ist.

Die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes durch das Berufungsgericht ist daher einwandfrei.

Anmerkung

Z25226

Schlagworte

Pferdefuhrwerk, Kutscher muß nicht rechts vom Wagen gehen, Schadenersatz Zusammenstoß zwischen Auto und Pferdefuhrwerk, Verkehrsunfall, Pferdefuhrwerk und Auto

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00372.52.0903.000

Dokumentnummer

JJT_19520903_OGH0002_0020OB00372_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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