TE OGH 1952/9/3 3Ob475/52

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Veröffentlicht am 03.09.1952
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Norm

ABGB §1041
ABGB §1109
KO §44 (3)

Kopf

SZ 25/227

Spruch

Der Vermieter von beweglichen Sachen, wie von Maschinen, ist nicht verpflichtet, diese nach Beendigung des Bestandverhältnisses auf seine Kosten vom Mieter abzuholen.

Der Ersatzanspruch nach § 44 Abs. 3 KO. ist dadurch bedingt, daß der Aussonderungsberechtigte nach der konkreten materiellen Rechtslage zum Ersatz der bezüglichen Aufwendungen verpflichtet ist.

Entscheidung vom 3. September 1952, 3 Ob 475/52.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Die klagende Partei begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung des Betrages von 547.50 S samt Anhang mit der Begründung, es habe sich im Konkurs der klagenden Partei herausgestellt, daß zahlreichen Personen, darunter dem Beklagten, an einer Reihe von in den Betriebsräumen der klagenden Partei abgestellten Maschinen Aussonderungsrechte zustehen. Der Masseverwalter habe diese Personen, darunter den Beklagten, aufgefordert, am 6. Juni 1951 an Ort und Stelle mit den erforderlichen Transportmitteln und Hilfskräften zu erscheinen und die ihnen gehörigen Gegenstände abzuholen, doch habe sich aus dem Verschulden des Beklagten die Abholung der diesem gehörigen Maschinen verzögert, so daß der Masseverwalter genötigt war, viermal an Ort und Stelle zu erscheinen, wodurch für Zeitverlust nach dem Notariatstarif ein Betrag von 297.50 S, an Autospesen ein solcher von 200 S und für die Verfassung des Übernahmsprotokolles und Telefongespräche ein Betrag von 50 S auflief, zu dessen Ersatz der Beklagte gemäß § 44 Abs. 3 KO. verpflichtet sei.

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß sich der Beklagte, nachdem seine Aussonderungsansprüche vom Masseverwalter anerkannt worden waren, am 15. Juni 1951 verpflichtete, die ihm gehörigen Maschinen innerhalb 14 Tagen abzutransportieren, welche Verpflichtung er einhielt. Nach Ansicht des Prozeßgerichtes habe die klagende Partei Aufwendungen für die zurückzustellenden Maschinen nicht behauptet; für die Tätigkeit des Masseverwalters habe lediglich die Konkursmasse aufzukommen. Überdies sei auch die Prozeßermächtigung erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz erteilt worden. Da ein zum Schadenersatz verpflichtendes Verhalten des Beklagten nicht festgestellt wurde, stehe der klagenden Partei der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Das Berufungsgericht erkannte nach dem Klagebegehren. Es nahm die aktive Klagslegitimation als gegeben an, weil Notar Dr. T. den Rechtsstreit nicht im eigenen Namen, sondern als Masseverwalter im Nachlaßkonkurs führe, desgleichen die Prozeßermächtigung, da diese noch vor Fällung des Urteils erster Instanz vom Konkursgericht erteilt worden sei. Das Berufungsgericht teilte zwar die Rechtsansicht des Prozeßgerichtes, daß eine Schadenersatzverpflichtung des Beklagten nicht gegeben sei, da dieser nur die Verpflichtung übernommen habe, die Maschinen binnen 14 Tagen abzutransportieren, um den Werksraum der Konkursfirma freizubekommen, und diese Verpflichtung auch eingehalten habe, eine Verpflichtung, die Maschinen an einem Tage wegzubringen, nicht bewiesen sei, es dem Beklagten vielmehr freistand, die Maschinen innerhalb der offenen Frist abzutransportieren. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei aber der Beklagte nach § 1041 ABGB. und § 44 Abs. 3 KO. verpflichtet, die Auslagen des Masseverwalters, die durch den Abtransport der Maschinen entstanden seien, der Konkursmasse zu ersetzen, da es sich um eine Verwendung der Mühe und Zeit und der Barauslagen zum Nutzen des Beklagten handle.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte das Urteil des Prozeßgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit die Revision Verfahrensmängel geltend macht und Aktenwidrigkeiten und das Vorliegen von Nichtigkeitsgrunden behauptet, kommt ihr keine Berechtigung zu. Gemäß § 6 ZPO. kann der Mangel der besonderen Ermächtigung zur Prozeßführung in jeder Lage des Verfahrens auch nachträglich, somit auch im Rechtsmittelverfahren, noch behoben werden. (SZ. VI/337, ZBl. 1912 Nr. 219, Heller - Rauscher II Nr. 251 u. a. m.). Das Berufungsgericht hat daher mit Recht angenommen, daß die klagende Partei die besondere Ermächtigung zur Prozeßführung besitzt, da diese Ermächtigung jedenfalls noch vor Rechtskraft des Urteils erteilt wurde. Wenn die Revision es weiters als Verfahrensmangel rügt, daß das Berufungsgericht angenommen habe, Dr. T. führe den Rechtsstreit als Masseverwalter und nicht in eigener Person, so muß ihr entgegen gehalten werden, daß bereits aus der Klage ersichtlich ist, daß Dr. T. nicht in eigener Sache, sondern in seiner Eigenschaft als Masseverwalter, somit nur als gesetzlicher Vertreter der Konkursmasse einschreitet. Der Umstand, daß in der Berufungsschrift dieser Beisatz nicht enthalten ist, vermag an der bereits in der Klage erfolgten Bezeichnung der klagenden Partei nichts zu ändern und ist offenbar nur auf einen Schreibfehler zurückzuführen. Es ist daher auch die Ansicht der Revision, nach dem Urteil des Erstgerichtes sei Dr. T. persönlich zum Ersatz der Prozeßkosten verpflichtet worden, insofern unrichtig, als auch die Bezeichnung der klagenden Partei im erstinstanzlichen Urteil, die von der in der Klage und im Verfahren erster Instanz abweicht, offenbar nur auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist, der unter einem im Spruch richtig gestellt wurde. Mängel des Berufungsverfahrens liegen daher nicht vor. Soweit ein Verfahrensmangel darin erblickt wird, daß über die Höhe des Anspruches keine hinlänglichen Feststellungen vom Berufungsgericht getroffen worden seien, bedürfen die Ausführungen der Revision keiner Erörterung, da sich der Klagsanspruch aus rechtlichen Gründen als nicht bestehend erweist. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wurde nicht ausgeführt.

Eine Nichtigkeit des Urteils soll darin gelegen sein, daß es mit sich selbst in Widerspruch stehe und keine stichhältigen Gründe für die Entscheidung enthalte. In welchen Punkten das Urteil mit sich selbst in Widerspruch stehen sollte, ist nicht ersichtlich; daß die Gründe eines Urteils nicht stichhältig seien, vermag den Nichtigkeitsgrund des § 477 Z. 9 StPO. nicht zu begrunden, da dieser nur dann vorliegt, wenn das Urteil überhaupt keime Gründe enthält.

Hingegen muß der Revision Berechtigung zuerkannt werden, soweit sie die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes bekämpft. Es ist dem Berufungsgerichte beizupflichten, daß ein zum Schadenersatz verpflichtendes Verhalten des Beklagten nicht bewiesen ist. Der Beklagte hat am 15. Juni 1951 die Verpflichtung übernommen, die ihm gehörigen, dem Gemeinschuldner vermieteten Maschinen binnen 14 Tagen aus den Räumen der klagenden Partei wegzuschaffen; diese Verpflichtung hat er fristgerecht erfüllt.

Nach dem Wortlaut des vorliegenden Übereinkommens war der Beklagte nicht verpflichtet, die Maschinen in einem Zug oder an einem Tag wegzubringen, sondern lediglich sie innerhalb 14 Tagen wegzuschaffen. Es kann daher in dem Umstand, daß der Beklagte innerhalb der offenen Frist zu wiederholten Malen erschienen ist, um die Maschinen abzutransportieren, und dadurch den Masseverwalter veranlaßt hat, jedesmal an Ort und Stelle zu erscheinen, kein Verschulden des Beklagten, das ihn zum Schadenersatz verpflichten könnte, erblickt werden. Hingegen befindet sich das Berufungsgericht in einem Rechtsirrtum, wenn es annimmt, daß die Bestimmung des § 1041 ABGB. auf den geltend gemachten Anspruch Anwendung zu finden habe. Wenn es auch richtig ist, daß das Gericht an die rechtliche Qualifikation des geltend gemachten Anspruches in der Klage nicht gebunden und verpflichtet ist, den in der Klage darstellenden Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten hin zu prüfen, so ist doch das Gericht bei der rechtlichen Beurteilung an den von den Parteien behaupteten und bewiesenen Sachverhalt gebunden. Die klagende Partei hat aber ihren Anspruch lediglich auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt und nur die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch behauptet, hingegen keine Behauptungen aufgestellt, aus denen die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Ersatzanspruches nach § 1041 ABGB. entnommen werden könnten. Die klagende Partei hat lediglich behauptet, der Beklagte habe seine übernommene Verpflichtung nicht eingehalten und trage ein Verschulden an den entstandenen Auslagen. Das Berufungsgericht war daher mangels tatsächlicher Behauptungen der klagenden Partei nicht berechtigt, den geltend gemachten Anspruch dahin zu prüfen, ob nicht die Voraussetzungen des § 1041 ABGB., deren Vorliegen die klagende Partei gar nicht behauptet hat, gegeben sind.

Es besteht aber auch der geltend gemachte Anspruch nicht nach § 1041 ABGB. zu Recht. Die gegenständlichen Maschinen wurden dem Gemeinschuldner vom Beklagten vermietet. Gemäß § 1109 ABGB. hat der Bestandnehmer die in Bestand genommenen Sachen nach dem geendigten Bestandvertrag dem Vermieter zurückzustellen, wobei nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen die Rückstellung mangels anderer Vereinbarung in der Regel auf Kosten des Mieters zu erfolgen hat. Eine gegenteilige Vereinbarung hat die klagende Partei gar nicht behauptet, woraus sich ergibt, daß die Kosten der Rückstellung der in Bestand genommenen Sachen vom Gemeinschuldner, bzw. der Konkursmasse zu tragen sind. Der Anspruch der Konkursmasse auf Ersatz der Aufwendungen nach § 44 Abs. 3 KO. hängt von der Voraussetzung ab, daß der Aussonderungsberechtigte nach der konkreten materiellrechtlichen Rechtslage zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet ist. Nur soweit der Aussonderungsberechtigte nach Privatrecht zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet ist, hat die Masse Anspruch auf Ersatz. § 44 Abs. 4 KO. normiert nicht etwa eine Verpflichtung des Aussonderungsberechtigten zum unbedingten Ersatz von derlei Auslagen in jedem Fall (GIUNF. 1192). Aus obigen Ausführungen ergibt sich somit, daß weder der Konkursmasse noch dem Masseverwalter gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der gegenständlichen Kosten zusteht, sondern diese die Masse selbst zutragen hat. Es war deshalb der Revision Folge zu geben und das Urteil des Prozeßgerichtes mit der im Spruch angeführten Richtigstellung wiederherzustellen.

Anmerkung

Z25227

Schlagworte

Aufwendungen, Ersatz nach § 44 KO., Bestandsache, Rückstellung einer beweglichen -, Bringschuld, Rückstellung einer beweglichen Bestandsache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0030OB00475.52.0903.000

Dokumentnummer

JJT_19520903_OGH0002_0030OB00475_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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