TE OGH 1952/10/22 3Ob661/52

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Veröffentlicht am 22.10.1952
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Norm

ABGB §932
ABGB §1167
EO §353

Kopf

SZ 25/277

Spruch

Wenn sich der Unternehmer weigert, die auf Gewährleistung beruhende Verbesserung durchzuführen, ist es nicht mehr erforderlich, ihn auf Vornahme der Verbesserung zu klagen und dann im Wege der Exekution die erforderlichen Kosten vorschußweise hereinzubringen (§ 353 EO.). Es kann vielmehr das notwendige Deckungskapital sofort durch Klage begehrt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Verbesserung durch den Besteller bereits vorgenommen wurde oder nicht.

Entscheidung vom 22. Oktober 1952, 3 Ob 661/52.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin begehrt Zuspruch von 22.231 S samt 5% Zinsen seit dem Klagstag aus dem Titel der Gewährleistung als Kosten der Verbesserung der von der Beklagten mangelhaft erbrachten Leistung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest: Der Beklagten wurde durch die Klägerin am 23. September 1947 der Auftrag erteilt, einen Dachstuhl für das X-Stift in W. zu liefern. Der Dachstuhl wurde auf Grund von Plänen, die der Beklagten übergeben wurden, im Auftrage der Beklagten von der Fa. B. konstruiert, somit nach den besonderen Wünschen und Bedürfnissen der klagenden Partei hergestellt. Die Aufstellung war am 15. Dezember 1947 beendet. Am 6. Jänner 1948 gab die Beklagte eine schriftliche Garantieerklärung ab, in der sie für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Fertigstellung des Dachstuhles die Haftung für den Fall eines Schadens oder einer Unzulänglichkeit, nach ihrem eigenen Vorbringen die Haftung für Schäden infolge der Konstruktion, die Holzqualität und der Montage übernommen hat. Bereits zu Beginn 1949, spätestens am 9. Mai 1949, zeigten sich Mängel, die im Laufe der Zeit zunahmen, sodaß unter Umständen eine ernstliche Gefahr für den Bestand des Dachstuhles besteht. So weist der Dachstuhl eine unzulässige Durchbiegung der Binder auf, verursacht durch Stückelung der Untergurten und die zu geringe Spannung der Binder beim Auflegen am Schnürboden; er ist verhältnismäßig schwach, wobei bereits an die überhaupt mögliche Spannweite herangegangen wurde, und entspricht nicht der Zeichnung. Die Mängel sind allmählich sichtbar geworden. Sie sind aber behebbar. Die wesentlichen Mängel wurden der Beklagten am 9. Mai 1949 bekanntgegeben, daß aber Mängel vorlagen, wurde ihr bereits früher durch Ferngespräch mitgeteilt. Der Geklagten wurde eine Frist zur Mängelbehebung bis zum 15. Juli 1949 gesetzt. Die Beklagte gab Konstruktionsmängel an, wollte aber die Verbesserung nur gegen Zahlung der Selbstkosten vornehmen. Ein Verschulden der Klägerin am Entstehen der Mängel ist nicht erweisbar, ebensowenig eigenmächtige Änderungen am Dachstuhl. Der im Kostenvoranschlag errechnete Betrag für die Verbesserung ist angemessen. Diesen Sachverhalt beurteilt das Erstgericht in rechtlicher Beziehung dahin, daß ein Werkvertrag vorliege. Eine Pflicht zur Prüfung des Werkes und zur Anzeige hervorgekommener Mängel obliege dem Besteller nicht. Es handle sich hier um geheime Mängel. Die Rüge sei rechtzeitig erfolgt. Die Verbesserung sei von der Beklagten verweigert worden. Die Klage auf Ersatz des zur Mängelbehebung notwendigen Aufwandes stelle eine Minderungsklage dar. Die Kosten der Verbesserung seien nicht unverhältnismäßig, der begehrte Betrag sei der Höhe nach gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten in der Hauptsache nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision führt vorerst aus, daß sich das Berufungsgericht mit ihrem Einwande, daß diese Verbesserungen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, nicht auseinandergesetzt habe. Nun hat die Beklagte in der schriftlichen Berufung einen solchen Einwand nicht ausgeführt. Er ist aber auch nicht berechtigt. Der für die Verbesserung notwendige Aufwand ist dann unverhältnismäßig, wenn er in keinem Verhältnis steht zu dem dadurch für den Besteller zu erzielenden Vorteil, also auch zum Nachteil, den für ihn der Mangel bedeutet. Das Erstgericht hat bereits zutreffend darauf verwiesen, daß der Dachstuhl in der heutigen Ausführung praktisch wertlos ist und es ohne Verbesserung der Herstellung eines neuen Dachstuhles bedürfte, die ein Vielfaches des seinerzeitigen Aufwandes erfordern würde. Im Verhältnis zu den Kosten der Neuherstellung des Dachstuhles sind die Kosten der Verbesserung jedenfalls noch als gering zu bezeichnen, sodaß schon aus diesem Gründe von einem unverhältnismäßigen Aufwand nicht gesprochen werden kann.

Die Beklagte meint weiters, die Klägerin habe ihr Wahlrecht bereits in der Weise ausgeübt, daß sie die Minderung des Entgeltes mit der vorliegenden Klage begehrte. Sie könne nun nicht mehr Verbesserungen verlangen. Die Minderung des Entgeltes könne aber im Sinne der Entscheidung SZ. VII/76 nur für bereits durchgeführte Arbeiten begehrt werden. Daß der Klagsanspruch auch als Folge des Erfüllungsverzuges gerechtfertigt sei, sei irrtümlich.

Auch in diesem Punkte ist die Revision verfehlt. Mit der Klage werden nur die notwendigen Kosten für die Verbesserungsarbeiten begehrt. Wohl wird durch solche Kosten das Entgelt gemindert, doch gelten für diese Forderung keineswegs die Regeln des Minderungsanspruches, sondern es handelt sich nach wie vor um den Verbesserungsanspruch.

Nach dem Herrenhausbericht S. 242 wurde eine dem § 633 Abs. 3 DBGB. entsprechende Bestimmung, wonach der Besteller, wenn der Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzug ist, den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, als selbstverständlich in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch nicht übernommen. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß dieser Rechtssatz auch für unseren Rechtsbereich gilt. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin der Beklagten eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt. Die Beklagte hat sich, indem sie den Ersatz der Selbstkosten begehrte, geweigert, vertragsgemäß die Verbesserung vorzunehmen. Die Klägerin ist deshalb berechtigt, den Mangel selbst zu beseitigen oder durch einen Dritten beseitigen zu lassen und den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen zu verlangen. Mit Recht hat das Berufungsgericht auf die Bestimmung des § 353 EO. verwiesen. Hat sich aber der Unternehmer geweigert, die Verbesserung durchzuführen, ist es nicht mehr erforderlich, den Unternehmer auf Vornahme der Verbesserung zu klagen und dann im Wege der Exekution die hiefür erforderlichen Kosten vorschußweise hereinzubringen; es kann vielmehr sofort das notwendige Deckungskapital durch Klage begehrt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Verbesserung bereits vorgenommen wurde oder nicht. Schließlich werden auch bei § 353 EO. die Kosten hereingebracht, ehe die Arbeiten tatsächlich durchgeführt sind. Da nach den Feststellungen der Untergerichte der begehrte Betrag durchaus angemessen ist, war schon aus diesem Gründe dem Klagebegehren stattzugeben. Daß sich die Kosten der Verbesserung derzeit höher stellen als der Preis des Werkes seinerzeit war, ist eine Folge des Erfüllungsverzuges der Beklagten, daher von ihr selbst verschuldet. Für die Ansicht der Revision, daß diese Kosten durch die Höhe des seinerzeitigen Werklohnes begrenzt wären, ist deshalb verfehlt, weil es sich hier eben nicht um den Minderungsanspruch, sondern um den Verbesserungsanspruch handelt.

Anmerkung

Z25277

Schlagworte

Gewährleistung Vornahme der Verbesserung, Verbesserung, Werkvertrag, Werkvertrag, Verbesserung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0030OB00661.52.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19521022_OGH0002_0030OB00661_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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