TE OGH 1952/12/3 1Ob832/52

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Veröffentlicht am 03.12.1952
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Norm

EO §251 Z6

Kopf

SZ 25/317

Spruch

§ 251 Z. 6 EO. gilt nicht nur für kleine Unternehmer, sondern auch für Dienstnehmer, die eigene Betriebsmittel zur Dienstleistung beizustellen haben.

Entscheidung vom 3. Dezember 1952, 1 Ob 832/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Freistadt; II. Instanz: Landesgericht Linz - Nord.

Text

Das Erstgericht hat mit Beschluß vom 11. Juli 1952 u. a. die gegen den Verpflichteten geführte Fahrnisexekution hinsichtlich des gepfändeten Lastkraftwagens gemäß § 39 Abs. 1 Z. 2 EO. auf Antrag des Verpflichteten mit der Begründung eingestellt, der Verpflichtete kaufe für den Dienstgeber Altmaterial an und befördere es mit dem gepfändeten Wagen zu diesem, wobei ihm Benzin und Reparaturkosten ersetzt wurden; der Dienstgeber könne ihm kein Fahrzeug zur Verfügung stellen, da zwei vorhandene Kraftwagen vom Dienstgeber selbst benötigt würden und der Betrieb des einen Lastkraftwagens wegen zu hohen Benzinverbrauches und der dadurch bestehenden Unrentabilität abgemeldet worden sei, der Verpflichtete habe im Falle des Verkaufes des gepfändeten Lastkraftwagens unter Umständen mit seiner Kündigung zu rechnen. Die Fortsetzung der derzeitigen Erwerbstätigkeit des Verpflichteten sei demnach von dem Besitze des Lastkraftwagens abhängig und lägen daher die Voraussetzungen des § 251 Z. 6 EO. vor.

Das Rekursgericht hat dagegen mit dem angefochtenen Beschluß in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung den Einstellungsantrag des Verpflichteten hinsichtlich des Lastkraftwagens abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, der Verpflichtete sei, da er gegen Gehalt arbeite, nicht als Kleingewerbetreibender im Sinne des § 251 EO. zu behandeln; wenn er zu jenen Personen gezählt werden sollte, die aus Handleistungen einen Erwerb ziehen, so hindere die Exekution auf den Lastkraftwagen nicht die persönliche Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit bei einem anderen Unternehmen, falls ihm der bisherige Dienstgeber das Dienstverhältnis aufkundigen sollte. Der Verlust des Lastkraftwagens könnte daher die persönliche Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des Verpflichteten nur erschweren, nicht verhindern, zumal der Besitz eines Lastkraftwagens nicht Voraussetzung für eine solche Angestelltentätigkeit sei. Überdies müsse bei Durchführung der Exekution gar keine Verschlechterung eintreten, da ja dem Verpflichteten dann nur unter Umständen gekundigt würde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten Folge, hob die Beschlüsse der Unterinstanzen auf und trug dem Erstgerichte die neuerliche Verhandlung und Ergänzung des Verfahrens auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Daß der Verpflichtete nicht als Kleingewerbetreibender anzusehen ist, erscheint klar, da er ja nicht selbständiger Unternehmer, sondern unselbständiger Dienstnehmer ist.

§ 251 Z. 6 EO. entzieht jedoch nicht nur die für Handwerker und Kleingewerbetreibende, sondern auch für Hand- und Fabriksarbeiter und für Personen, die aus Handleistungen ihren Erwerb ziehen, die zur persönlichen Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände der Exekution. Die Ausführungen des Justizministerialerlasses vom 2. Juni 1914, VBl. Nr. 43, besagen ausdrücklich, der Beisatz, daß die Exekutionsbefreiung auch Personen zugute komme, die aus Handleistungen einen Erwerb ziehen, habe bezweckt, klarzustellen, daß auch jene Personen auf die Exekutionsbefreiung Anspruch erheben können, deren Beruf nicht gerade in Handarbeiten im engeren Sinne, sondern in Handleistungen anderer Art bestehe, z. B. Kleinfuhrwerker, kleine Spediteure, Ruderleute, Artisten u. a., weiters sollte nach diesem Erlasse durch die Worte "zur persönlichen Fortsetzung der Erwerbstätigkeit" ausgedrückt werden, daß nicht nur die unentbehrlichen, sondern jene Gegenstände von der Exekution auszunehmen sind, die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit im bisherigen Umfange mit dem heute zur Aufrechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit selbst für Kleinbetriebe unentbehrlichen Maschinen u. dgl. gebraucht werden (s. Heller - Trenkwalder, EO., 3. Aufl., S. 888, Anm. 1 g). Demnach gilt § 251 Z. 6 EO. nicht nur für kleine selbständige Unternehmer, sondern auch für Dienstnehmer, die eigene Betriebsmittel zur Dienstleistung beizustellen haben, wie dies z. B. bei angestellten Vertretern vorkommt. Jedoch kann dies nicht unbeschränkt gelten.

Ebenso wie bei Kleingewerbetreibenden und Handwerkern nur solche Maschinen und Fahrzeuge, wie sie heute auch in kleinen Betrieben üblich und zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit notwendig sind, als der Exekution nach § 251 Z. 6 EO. entzogen anzusehen sind, muß das gleiche auch für die in dieser Gesetzesstelle umschriebenen Dienstnehmer gelten; denn der Verpflichtete soll durch § 251 Z. 6 EO. gegenüber gleichartigen Erwerbstätigen nicht besser gestellt, also nicht gewissermaßen konkurrenzfähiger gemacht, sondern bloß durch die Exekutionsführung nicht schlechter gestellt werden. Daher kommt es darauf an, ob Arbeitnehmer solcher Art wie der Verpflichtete in der Regel vielfach einen eigenen Lastkraftwagen beizustellen haben, oder ob es sich bei dem Verpflichteten um einen Sonderfall handelt. Würde der Verpflichtete bei Verlust seines Lastkraftwagens gekundigt, so würde seine Erwerbstätigkeit nicht bloß erschwert, falls in seiner Branche die Beistellung eines eigenen Lastkraftwagens von den Arbeitgebern verlangt zu werden pflegt. Weiters wäre aber auch von Bedeutung, ob wirklich Voraussetzung für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beim bisherigen Dienstgeber der Besitz des Lastkraftwagens ist; denn wenn der Verpflichtete trotz Verlust des Wagens vom Dienstgeber weiter beschäftigt würde, so kann von einer Unentbehrlichkeit des gepfändeten Lastkraftwagens keine Rede sein. Die Angabe des Dienstgebers, der Verpflichtete hätte bei Verlust seines Lastkraftwagens mit seiner Kündigung zu rechnen, ist viel zu unbestimmt, weil daraus nicht ersichtlich ist, welche Umstände noch dazukommen müssen, um den Dienstgeber dann zu einer Auflösung des Dienstverhältnisses zu veranlassen. Die angeführten Fragen bedürfen demnach noch einer Klärung, damit beurteilt werden kann, ob der gepfändete Lastkraftwagen nach § 251 Z. 6 EO. der Exekution entzogen ist.

Da somit das Verfahren noch einer Ergänzung durch das Erstgericht bedarf, mußte dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene, aber auch der erstgerichtliche Beschluß aufgehoben und dem Erstgerichte die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen werden.

Anmerkung

Z25317

Schlagworte

Kleingewerbetreibender, Dienstgeber mit eigenen Betriebsmitteln (Auto), Unpfändbarkeit bei Kleingewerbe (Auto eines Dienstnehmers)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00832.52.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19521203_OGH0002_0010OB00832_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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