TE OGH 1953/2/11 3Ob55/53

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Veröffentlicht am 11.02.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1090
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1116
Mietengesetz §5
Mietengesetz §22

Kopf

SZ 26/38

Spruch

Zur Frage der Teilkündigung einer Zentralheizungsanlage durch den Mieter.

Entscheidung vom 11. Feber 1953, 3 Ob 55/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Klägerin kundigte unter Aufrechterhaltung des sonstigen Mietvertrages hinsichtlich des Geschäftslokales Wien, I., O. 11, die in Bestand genommene Zentralheizung für den Augusttermin 1952 auf, gestützt auf "die einschlägigen Bestimmungen des ABGB. über den Bestandvertrag" und analog § 19 Abs. 1 und § 22 Abs. 5 MietG. Sie brachte vor, daß das Bestandobjekt nicht unter Mieterschutz stehe. Ursprünglich seien die Heizungskosten im Mietzins inbegriffen gewesen. Auf Grund einer Vereinbarung aus dem Jahre 1946 seien diese Kosten gesondert zu vergüten. Da aber entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nicht der Heizungsflächenschlüssel, sondern der Betriebskostenschlüssel zugrundegelegt werde, seien die Kosten für die Klägerin untragbar geworden.

Das Erstgericht erklärte die Kündigung für rechtswirksam. Nach § 22 MietG. stunde dem Vermieter eine Teilkündigung zu. Dies müsse dann umsomehr für den Mieter gelten, da doch die Bestimmungen des Mietengesetzes vor allem dem Schutz und den Interessen des Mieters dienen. Daß eine Zentralheizungsanlage technisch abgeschaltet werden könne, bedürfe keiner Erörterung.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf. Eine Teilkündigung sei zulässig. Die Bestimmungen der §§ 19 - 23 MietG. fänden auch auf das vorliegende Bestandverhältnis Anwendung.

§ 22 MietG. sei ausdehnend anzulegen. Auch das Recht des Bestandnehmers zur Einbringung einer Teilkündigung sei nicht auf den Fall des § 22 Abs. 5 MietG. beschränkt. Bei der Zentralheizung handle es sich um eine besondere Aufwendung im Sinne des § 5 MietG. auch dann, wenn sie die einzige Heizmöglichkeit im Hause darstelle. Jeder Mieter, der an einer besonderen Aufwendung teilnehme, könne auf sie auch wieder verzichten. Wenn auch dieser Rechtssatz nur für Bestandgegenstände, die auch hinsichtlich der Zinsbildung dem Mietengesetz unterliegen, dem § 5 MietG. entnommen werden könne, so ergebe sich doch aus dem Erlaß des Bundesministeriums für Inneres vom 17. November 1951, daß die Vorschriften des Mietengesetzes sinngemäß auf Mietverhältnisse Anwendung finden sollen, die hinsichtlich der Zinsbildung dem Mietengesetz nicht unterliegen. Dort, wo eine abgesonderte Benützbarkeit möglich ist, und unwesentliche Vertragsteile betroffen sind, sei die Zulässigkeit der Teilkündigung zu bejahen. Es sei daher nur zu prüfen, ob die Heizkörper des Bestandobjektes von der Zentralheizungsanlage ohne Betriebsgefährdung abgetrennt werden können. Zu diesem Zweck sei das erstgerichtliche Urteil aufzuheben gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und beauftragte dieses, neuerlich zuentscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Kläger haben die Geschäftsräumlichkeiten mit der Zentralheizung, welche die einzige Heizungsanlage im Hause darstellt, in Bestand genommen. Nach dem tatsächlichen Vorbringen beider Parteien findet auf das Bestandverhältnis das Mietengesetz mit Ausnahme der Bestimmungen der §§ 19 - 23 MietG. keine Anwendung. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 1952, 1 Ob 639/52, ausgesprochen hat, ist eine analoge Anwendung des § 5 MietG. auf solche Bestandverhältnisse nicht möglich. Bei dieser Bestimmung des Mietengesetzes handelt es sich um Maßnahmen zugunsten des Mieters bei einem dem Mietengesetz unterworfenen Mietobjekt. Es können daher auf Bestandverhältnisse, auf die das Mietengesetz nicht in seiner GesamtheitAnwendung findet, die Beschränkungen und sonstigen Maßnahmen des Mietengesetzes nicht analog herangezogen werden. Hätte dies der Gesetzgeber gewollt, hätte er dies in der Verordnung vom 5. September 1939, DRGBl. I S. 1671, in welcher ausdrücklich festgelegt wurde, daß nur die Bestimmungen der §§ 19 - 23 MietG. Anwendung zu finden haben, zum Ausdruck gebracht. Aus der Bestimmung des § 5 MietG. läßt sich daher für den vorliegenden Fall nichts gewinnen. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß die Preisbehörde die Zinse in alten Häusern den Zinsen des Mietengesetzes nachgebildet hat, denn hiebei handelt es sich ausschließlich um preisrechtliche Erwägungen.

Allerdings läßt auch § 22 MietG., welche Bestimmung hier Anwendung findet, Teilkündigungen zu. Hiebei handelt es sich aber um eine Ausnahmsbestimmung, die zwar ausdehnend ausgelegt werden kann, wobei aber mit größter Vorsicht vorgegangen werden muß. Nach § 22 MietG. - ausgenommen den Fall des Abs. 5 - ist zu einer Teilkündigung nur der Vermieter, nicht aber der Mieter befugt. Eine ausdehnende Auslegung in der Richtung, daß dieses Recht allgemein auch dem Mieter gegeben wird, ist nicht zulässig, da die Teilkündigung eine Abänderung des Bestandvertrages darstellt, die grundsätzlich von einer Willenseinigung beider Vertragsteile abhängt, weshalb eine Teilkündigung eines Bestandvertrages gegen den Willen des Bestandgebers nicht möglich ist (SZ. XIII/21, SZ. XIX/210). Aber auch aus Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist für die Klägerin nichts zu gewinnen. Die dort befindliche Zusammenstellung von Hausgärten und sonstigen Grundstücken zeigt, daß diese Gesetzesstelle nur an unverbaute Grundstücke, wie Lagerplätze u. dgl., denkt, nicht aber an verbaute Teile eines Hauses oder gar an dessen Bestandteile. Es kann daher diese Ausnahmsbestimmung ebenfalls nicht analog herangezogen werden (vgl. SZ. XIX/210). Nach den Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches kann aber ein einheitlicher Mietvertrag, wie bereits das Berufungsgericht richtig erkannt hat, nicht teilweise aufgekundigt werden, weil eben ein Vertragsverhältnis nicht durch eine einseitige Willenserklärung in seinem Inhalt geändert werden kann. Der Umfang des Bestandgegenstandes ist ein wesentlicher Vertragsinhalt und dieser Vertragsinhalt kann durch eine teilweise Kündigung einseitig nicht abgeändert werden (AnwZ. 1933, S. 399, SZ. III/73). Daraus folgt, daß eine Teilkündigung des Bestandverhältnisses seitens des Mieters gegen den Willen des Vermieters im vorliegenden Fall weder nach dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch noch nach den Bestimmungen des Mietengesetzes zulässig ist. Es bedarf daher auch keinerlei weiterer Beweiserhebungen, ob die Heizkörper der Klägerin von der Zentralheizungsanlage technisch abgeschaltet werden können oder nicht.

Anmerkung

Z26038

Schlagworte

Bestandvertrag, Teilkündigung der Zentralheizung, Kündigung Teilkündigung der Zentralheizung, Mieter, Teilkündigung der Zentralheizung, Mietvertrag, Teilkündigung der Zentralheizung, Teilkündigung der Zentralheizung, Zentralheizung, Teilkündigung der -,

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00055.53.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19530211_OGH0002_0030OB00055_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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