TE OGH 1953/4/1 1Ob239/53

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Veröffentlicht am 01.04.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §230
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1374
Exekutionsordnung §41 Abs2
Exekutionsordnung §96

Kopf

SZ 26/85

Spruch

Mundelsicherheit einer Hypothekarforderung (§ 230 ABGB.) kann auch dann vorliegen, wenn das Pfandobjekt keine ganze Liegenschaft, sondern ein Liegenschaftsanteil ist (§ 96 EO.). Anwendbarkeit des § 41 Abs. 2 EO. im Zwangsversteigerungsverfahren.

Entscheidung vom 1. April 1953, 1 Ob 239/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Neunkirchen; II. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt.

Text

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 29. April 1950 ist zugunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei von 25.700 S s. A. im Lastenblatt der Liegenschaft Grundbuch D. EZ. 418 als Haupteinlage und EZ. 417, 473 und 175 als Nebeneinlagen bei den 31/40- bzw. 34/40-Anteilen der vier Verpflichteten das zwangsweise Simultanpfandrecht einverleibt worden. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 7. November 1951 wurde sodann die Zwangsversteigerung dieser Liegenschaftsanteile bewilligt.

Auf Antrag der Zweit- und Drittverpflichteten bewilligte das Erstgericht die Einschränkung des Pfandrechtes auf die Haupteinlage und die Nebeneinlagen 417 und 175, die Freilassung der weiteren Nebeneinlage 473 und die Einstellung der Zwangsversteigerung hinsichtlich dieser Nebeneinlage. Aus dem Schätzungsgutachten und der Festsetzung des höchstzulässigen Gebotes durch die Bezirkshauptmannschaft N. ergebe sich für die Liegenschaften mit Ausnahme der Einlagezahl 473 ein Mindestgebot von 88.678.64 S. Auch unter Berücksichtigung der der betreibenden Partei vorgehenden Pfandrechte werde bei Einschränkung der Exekution die im § 96 EO. geforderte Pupillarsicherheit des vollstreckbaren Anspruchs nicht gefährdet. Die Exekution sei in größerem Umfang vollzogen worden, als zur Erzielung der vollständigen Befriedigung der betreibenden Partei notwendig sei.

Infolge Rekurses der betreibenden Partei änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Antrag auf Teileinstellung der Exekution hinsichtlich der Liegenschaft EZ. 473 Grundbuch D. abgewiesen wurde. Der Erstrichter habe zu Unrecht angenommen, daß für die Forderung der betreibenden Partei Mundelsicherheit nach § 230 ABGB. gegeben sei. Eine solche Sicherheit bestehe nur bei Liegenschaften, nicht aber bei Liegenschaftsanteilen, weil darüber im Gesetz nichts vorgesehen und die Bewertung von Anteilen unsicher sei. Die Bestimmung des § 96 EO. sei daher im vorliegenden Fall von vornherein nicht anwendbar. Im übrigen gelte eine den §§ 96 oder 263 EO. analoge Bestimmung für das Zwangsversteigerungsverfahren nicht.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Zweit- und Drittverpflichteten Folge, hob die Rekursentscheidung auf und beauftragte das Rekursgericht, neuerlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Einschränkungsantrag der Verpflichteten ist zwar nicht in der Exekutionssache E 377/50, die die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung betraf, sondern im vorliegenden Zwangsversteigerungsverfahren E 20/51 gestellt worden. Die Verpflichteten bezogen sich aber darauf, daß vor der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens das Pfandrecht der betreibenden Partei exekutiv einverleibt worden sei und daß dieses Pfandrecht ebenso wie dieZwangsversteigerung einzuschränken sei. Es handelt sich somit um einen Einschränkungsantrag, der beide Exekutionen zum Gegenstand hat.

Was die zwangsweise Pfandrechtsbegründung betrifft, die nach § 96 EO. eingeschränkt werden soll, hat das Rekursgericht zu Unrecht angenommen, daß von Pupillarsicherheit im Sinne des § 230 ABGB. nur dann gesprochen werden könne, wenn das Pfandobjekt eine ganze Liegenschaft sei, nicht aber dann, wenn es sich um Liegenschaftsanteile handle. Diese die Anlage von Mundelgeldern betreffende gesetzliche Bestimmung geht auf die allgemeinere Norm des § 1374 ABGB. zurück, die die Pfandobjekte in Häuser, Grundstücke und bewegliche Güter einteilt und für jede Gruppe die zulässige Höhe der Belastung festsetzt. Aus der Einteilung kann entnommen werden, daß unter den Häusern und Grundstücken unbewegliche Sachen überhaupt, daher auch Liegenschaftsanteile, nicht aber etwa pfandrechtlich sichergestellte Forderungen (SZ. XV/174), verstanden werden. Einen gewissen Hinweis gibt § 7 des Baurechtsgesetzes vom 26. April 1912, RGBl. 86, wonach das Pfandrecht an einem Baurecht, das nach § 6 Abs. 1 als unbewegliche Sache gilt, nach den §§ 230 und 1374 ABGB. als gesetzmäßig sicher anzusehen ist, wenn die Belastung nicht die Hälfte des Wertes des Baurechtes übersteigt und die Schuld spätestens im fünften Jahre vor Erlöschen des Baurechtes durch die bedungenen Annuitäten berichtigt sein wird.

Die Meinung des Rekursgerichtes, daß Liegenschaftsanteile in ihrem Wert und in ihrer Verwertbarkeit auch von ganz anderen Fragen als jenen nach einem Schätz- oder Verkehrswert abhingen und für sie auch die Person der Mitberechtigten, die Größe des Miteigentumsanteiles und andere Umstände von wesentlicher Bedeutung seien, ist durchaus zutreffend. Allein alle diese Umstände müssen sich bei der Bewertung der Anteile in der Richtung auswirken, daß der Schätzmann einen Liegenschaftsanteil je nach der Lage der Verhältnisse geringer bewertet, als es dem aliquoten Teil des Wertes der ganzen Liegenschaft entsprechen würde. Wenn aber diese Umstände bei der Bewertung ohnedies zum Ausdruck kommen, können Liegenschaftsanteile mit ihrem wirklichen Wert ebensolche Mundelsicherheit wie ganze Liegenschaften bieten.

Was die Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile betrifft, hat das Rekursgericht zu Unrecht angenommen, daß die Möglichkeit der Einschränkung dieser Exekution nicht bestehe. Wenn auch § 96 EO. nicht in Frage kommt, weil sich diese Bestimmung nur auf die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung bezieht, ist doch auf § 41 Abs. 2 EO. Rücksicht zu nehmen. Diese Bestimmung ist im Zwangsversteigerungsverfahren anwendbar (Neumann - Lichtblau, S. 220, Anm. 3), in ihren Voraussetzungen von der Frage der Pupillarsicherheit nicht abhängig und daher geeignet, die Einschränkung der Exekution auch in Fällen herbeizuführen, in denen es zur Einschränkung der Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung nicht kommen könnte.

Das Rekursgericht, das von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist, hat im einzelnen nicht geprüft, ob nach § 96 EO. Mundelsicherheit angenommen werden kann und ob die Exekution durch Zwangsversteigerung nach § 41 Abs. 2 EO. einzuschränken ist.

Anmerkung

Z26085

Schlagworte

Hypothekarforderung, Mundelsicherheit, Liegenschaftsanteil, Mundelsicherheit, Mundelsicherheit, Liegenschaftsanteil, Pupillarsicherheit, Liegenschaftsanteil, Zwangsversteigerung, Mundelsicherheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00239.53.0401.000

Dokumentnummer

JJT_19530401_OGH0002_0010OB00239_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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