TE OGH 1953/4/15 2Ob37/53

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Veröffentlicht am 15.04.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §863
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1412
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1415
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1425

Kopf

SZ 26/95

Spruch

Erklärung des Gläubigers, eine ihm als Schuldtilgung angebotene Zahlung unpräjudizierlich als Teilzahlung annehmen zu wollen, berechtigt zum gerichtlichen Erlag.

Entscheidung vom 15. April 1953, 2 Ob 37/53.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Der Beklagte hat vom Kläger eine Mühle gepachtet. Bis einschließlich Juli 1951 wurde vom Beklagten der Pachtzins monatlich im vornhinein bezahlt und diese Zahlungen wurden vom Kläger auch angenommen. Die Annahme des August-Pachtzinses 1951 hat der Kläger verweigert, da er den angebotenen Zins als zu gering bezeichnet hat. Daraufhin hat der Beklagte diesen Pachtzins und die folgenden Pachtzinse zu Gericht erlegt. Der Kläger hat zunächst einen Pachtschillingsrest von 5316 S s. A. eingeklagt, das Klagebehren aber in der Folge nach und nach, im Hinblick auf die eingetretene Fälligkeit weiterer Pachtschillingsraten, bis auf 31.782 S s. A. ausgedehnt. Der Kläger hat im Laufe des Rechtsstreites wiederholt seine Bereitwilligkeit erklärt, die vom Beklagten zu Gericht erlegten Beträge als a conto-Zahlungen (Teilzahlungen) auf die Pachtschillingsraten anzunehmen und hat das Klagebegehren auch darauf gestützt, daß der Beklagte selbst dann nicht durch den Gerichtserlag von seiner Verbindlichkeit befreit sei, wenn die von ihm erlegten Beträge den geschuldeten Pachtschillingsraten entsprechen würden, weil der Kläger sich bereit erklärt habe, die erlegten Beträge als Teilzahlungen anzunehmen.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision des Klägers, der im Rechtsmittelverfahren lediglich die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der bei Gericht erlegten Pachtzinse (18.713.15 S s. A.) anstrebt, keine Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wenn auch die Zahlung im Sinne des § 1412 ABGB. nicht Rechtsgeschäft sein muß (vgl. Klang - Gschnitzer Kommentar, 2. Aufl., zu § 1412 ABGB., S. 369), ist bei ihr arg. §§ 1415 f. ABGB. doch eine Willenseinigung darüber möglich, welche Schuld bezahlt wird, und insbesonders auch, ob Voll- oder Teilzahlung vorliegt. Wird davon ausgegangen, muß auch die rechtliche Möglichkeit eingeräumt werden, daß der Gläubiger seine Bereitwilligkeit zur Annahme der angebotenen Erfüllung nur unter der Bedingung erklärt, daß sich der Schuldner dem Willen des Gläubigers über die Natur der Zahlung (die Tilgungsbestimmung) unterwirft, insbesondere seine Zahlung als bloße Teilzahlung anerkennt. Wenn sich in diesem Falle der Schuldner dem Willen des Gläubigers nicht beugt, liegt Annahmeverweigerung seitens des Gläubigers vor und der Schuldner kann gemäß § 1425 ABGB. zu Gericht erlegen, weil der Gläubiger mit dem Angebotenen unzufrieden ist.

Denn wenn in einem solchen Falle der Schuldner die Zahlung an den Gläubiger leistet, läuft er Gefahr, daß seine Zahlung als stillschweigende Zustimmung (§ 863 ABGB.) ausgelegt wird (vgl. Klang - Weiss, Kommentar, 1. Aufl., zu § 1425 ABGB., S. 419, Klang - Gschnitzer, Kommentar, 2. Aufl., zu § 1425 ABGB., S. 409, SZ. V/207, Rsp. Nr. 268/33, 292/36; die Anm. von Wahle zu Rsp. 268/33 bezieht sich nicht auf den Fall, daß der Gläubiger die Anerkennung des Teilzahlungscharakters geradezu zur Bedingung der Annahme der Zahlung macht). Wenn nun im gegenständlichen Fall der Kläger wiederholt den, wie sich ergeben hat, unrichtigen Standpunkt eingenommen hat, er könne die Zahlungen des Beklagten nur als Teilzahlungen, nur als a conto-Zahlungen annehmen, sich also durchaus nicht mit einer Erklärung in dem Sinne begnügt hat, daß durch die Zahlung des Angebotenen den von beiden Streitteilen in diesem Rechtsstreit vertretenen Standpunkten kein Abbruch geschehen solle, die Zahlung vorbehaltlich der Entscheidung dieses Rechtsstreites geschehen und angenommen werden solle, die Zahlung "unpräjudizierlich" der beiderseitigen Prozeßstandpunkte geschehen solle, mußte der Beklagte mit Recht fürchten, daß ihm eine Zahlung an den Kläger zum Nachteil ausgelegt werden könnte und war sohin nach dem Ausgeführten zum Gerichtserlag berechtigt. Daß der Gläubiger Teilzahlung verlangen kann, gehört auf eine andere Ebene und gibt ihm kein Recht, die Anerkennung der Vollzahlung als Teilzahlung zu verlangen.

Anmerkung

Z26095

Schlagworte

Erlag Teilzahlung, Gerichtserlag, Schuldtilgung, Schuldtilgung, Teilzahlung, Teilzahlung, Schuldtilgung, Zahlung, Gerichtserlag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00037.53.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19530415_OGH0002_0020OB00037_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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