TE OGH 1953/6/17 1Ob405/53

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Veröffentlicht am 17.06.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §471
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1002
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1440
Handelsgesetzbuch §369

Kopf

SZ 26/156

Spruch

Ein Treuhandverhältnis steht der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes entgegen.

Entscheidung vom 17. Juni 1953, 1 Ob 405/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger betrieb seit 1934 unter der Firma Wilhelm S. in Wien, I., T.straße 7, ein Textilhandelsgeschäft. Im Jahre 1935 nahm er den mit ihm seit Jugend befreundeten Alfred P., den nachmaligen Gatten der Beklagten, in sein Unternehmen auf und erteilte ihm Prokura. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich verließ der Kläger im Mai 1938 aus politischen Gründen Wien und begab sich nach England.

Im Jahre 1939 übertrug der Kläger sein oben bezeichnetes Wiener Unternehmen an Alfred P. Dieser rückte im Jahre 1941 zur Wehrmacht ein und kam im Jahre 1942 nach Polen. Von da an führte die Beklagte das Geschäft. Bei Kriegsende geriet Alfred P. in russische Gefangenschaft. Im März 1947 kehrte er aus dieser Gefangenschaft nach Wien zurück. Noch im selben Monat verstarb er. Das Unternehmen ging hierauf im Erbwege auf die Beklagte über.

Das Erstgericht hat die Beklagte mit Teilurteil schuldig erkannt, 1. dem Kläger das von ihr als im Handelsregister eingetragenen Alleininhaberin unter der Firma Wilhelm S. geführte Textilhandels- und Handelsagenturunternehmen mit dem Standorte Wien, I., T.straße 7 samt allen zu diesem Unternehmen gehörigen Einrichtungen zurückzuübertragen und einzuwilligen, daß im Handelsregister als Geschäftsinhaber an ihrer Stelle der Kläger eingetragen werde, und alle sonstigen Erklärungen abzugeben, die zur Herstellung des vollen Verfügungsrechtes des Klägers über das Unternehmen erforderlich seien; 2. dem Kläger ein Verzeichnis des Vermögens (Aktiva und Passiva) des unter Punkt 1 verzeichneten Unternehmens vorzulegen und einen Eid dahin zu leisten, daß ihre Angaben in diesem Verzeichnis richtig und vollständig seien; 3. dem Kläger über die Erträgnisse des in Punkt 1 genannten Unternehmens seit 1. Jänner 1939 Rechnung zu legen. Das Erstgericht hat festgestellt, daß der Kläger sein Wiener Textilhandelsunternehmen im Feber 1939 an Alfred P. treuhändig nach dem damaligen Stande des Unternehmens zu dem erklärten Zweck rückwirkend ab 1. Jänner 1939 übertragen habe, daß Alfred P. das gegenständliche Unternehmen für den Kläger führe und erhalte, bis dieser das Unternehmen bei Änderung der politischen Verhältnisse wieder selbst übernehmen könne. Zur Frage der Gegenleistung des P. für die Übertragung des Unternehmens hat das Erstgericht festgestellt, daß eine Gegenleistung seitens des P. nicht vereinbart und auch nicht erbracht worden sei. Alfred P. sei am gegenständlichen Unternehmen des Klägers vor der treuhändigen Übertragung des Unternehmens an ihn niemals beteiligt gewesen. Was das von der Beklagten geltend gemachte Retentionsrecht an dem Unternehmen zur Sicherung des Entgeltes der von ihr geleisteten Mühe und Arbeit, eines durch den durch sie bewerkstelligten Wiederaufbau des Geschäftslokales entstandenen ideellen Wiederaufbauwertes und eines von ihr aus privaten Mitteln zum Wiederaufbau des Geschäftes zugeschossenen Betrages in der Gesamthöhe von 226.948 S 16 g zuzüglich jenes Betrages, der einer Angestellten bei einer 17jährigen ununterbrochenen Tätigkeit und einem letzten Monatsbezug von 3000 S als Abfertigung zukomme, betreffe, so sei ein Unternehmen ein Sammelbegriff von körperlichen Sachen, Rechten und immatriellen Gütern, an sich als Ganzes aber keine körperliche Sache. Ein Retentionsrecht könne aber gemäß § 471 ABGB. nur dem Verlangen auf Herausgabe einer körperlichen Sache wegen des für diese Sache gemachten Aufwandes entgegengestellt werden. Die Zurückbehaltung würde auch dem Treuhandverhältnis, dessen rechtliche Konsequenzen auch die Beklagte als Erbin nach Alfred P. treffe, widersprechen (§ 1440 ABGB.). Auch der Treuhand liege ein Verwahrungszweck zugrunde. Hiezu komme im besonderen, daß die Mühe und Arbeit, die ein Treuhänder im Unternehmen leiste, nicht einen Aufwand für das Unternehmen, sondern eine Verpflichtung auf Grund des Treuhandverhältnisses darstellen. Es stehe daher der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht gegen das Verlangen des Klägers auf Rückstellung des Unternehmens an ihn nicht zu.

Der von der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Berufung hat das Berufungsgericht nicht Folge gegeben und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Das Berufungsgericht ist der Beweiswürdigung des Erstgerichtes gefolgt hat seine tatsächlichen Feststellungen übernommen und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß zufolge dieser Feststellungen Alfred P. mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1939 die treuhändige Führung des Unternehmens des Klägers im eigenen Namen und für Rechnung des Klägers für die Dauer der deutschen Besetzung des Landes übernommen habe; damit sei für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Rückübertragung des Unternehmens, auf Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und auf Rechnungslegung über die Erträgnisse die tatsächliche Grundlage geschaffen. Der Beklagten stehe zur Sicherung ihrer Gegenforderungen ein Recht auf Zurückbehaltung des Unternehmens nicht zu. Denn dem Treuhänder sei die Zurückhaltung der treuhändig übernommenen Sache zur Sicherung von Ansprüchen gegen den Treugeber aus dem Treuhandvertrage durch die Bestimmung des § 1440 ABGB. verwehrt. Die Beklagte könne aus einem Vergleich ihrer Rechtslage mit jener des Erwerbers bei Rückstellung entzogenen Vermögens nach den Bestimmungen des Dritten Rückstellungsgesetzes in Beziehung auf die Zulässigkeit der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes in Anbetracht der Sonderbestimmungen des Dritten Rückstellungsgesetzes für ihren Standpunkt nichts gewinnen. Bei dieser Rechtslage sei nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens eine Beweisaufnahme über den Bestand und die Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Forderungen nicht geboten, sondern könne dem weiteren Verfahren über die Abrechnung und Vermögensauseinandersetzung zwischen den Parteien vorbehalten bleiben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin führt in ihrer Rechtsrüge zunächst aus, daß ihr das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 471 ABGB. an dem Unternehmen zustehe; die Ansicht des Erstgerichtes, daß das Retentionsrecht nur dem Verlangen auf Herausgabe einer körperlichen Sache wegen des dafür gemachten Aufwandes entgegengestellt werden könne, das Unternehmen als ganzes aber nicht Gegenstand des Zurückbehaltungsrechtes sein könne, sei unrichtig. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt, worauf auch die Revisionswerberin verwiesen hat. Diese Frage kann aber auch nach Ansicht des Revisionsgerichtes unerörtert bleiben, weil für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts gewonnen wäre, wenn die Zurückbehaltung des Unternehmens aus dem vom Erstgerichte angenommenen, oben bezeichneten Gründe nicht auszuschließen wäre. Denn das in § 471 ABGB. vorgesehene Zurückbehaltungsrecht ist durch die Vorschrift des § 1440 Satz 2 ABGB. eingeschränkt (vgl. 1 Ob 16/52), wonach eigenmächtig oder listig entzogene, entlehnte, in Verwahrung oder in Bestand genommene Stücke überhaupt kein Gegenstand der Zurückbehaltung (oder der Kompensation) sind. Auf Grund dieser Bestimmung hat das Berufungsgericht - übrigens ebenso wie das Erstgericht - das von der Beklagten geltend gemachte Retentionsrecht aber, wie auszuführen sein wird, zutreffend verneint. Die Revisionswerberin hat auch diese Ansicht der Vorinstanzen bekämpft und ausgeführt, daß der Kläger ihrem Gatten Alfred P. das Unternehmen nicht zur Verwahrung, sondern zum Betriebe übergeben habe. Zwischen dem Kläger und ihrem Gatten sei ein reiner Geschäftsführungsvertrag vorgelegen. Gerade die Geschäftsführung sei aber allgemein und jederzeit als der Musterfall betrachtet worden, in dem die Ausübung des Retentionsrechtes wegen eines Aufwandes auf den Gegenstand der Geschäftsführung anzuwenden sei. Selbst Alfred P. als Treuhänder hätte also gegenüber dem Herausgabebegehren des Treugebers das Zurückbehaltungsrecht geltend machen können. Umsomehr müsse dies der Beklagten gestattet sein, die zum Kläger in keinem Vertragsverhältnisse stehe und unter keinen Umständen als seine Verwahrerin betrachtet werden könne. Der Beklagten und dem von ihr geltend gemachten Zurückbehaltungsrechte könnten also die Bestimmungen des § 1440 ABGB. nicht entgegengesetzt werden. Schließlich hat die Revisionswerberin vorgebracht, daß sie niemals versucht habe, aus einem Vergleiche ihrer Rechtslage mit jener des Erwerbers bei Rückstellung entzogenen Vermögens nach dem Dritten Rückstellungsgesetze irgendein Argument für die Zulässigkeit ihres Retentionsrechtes abzuleiten.

Soweit die Revisionswerberin in Ansehung der streitentscheidenden Frage zwischen den rechtlichen Beziehungen ihres Gatten Alfred P. zum Kläger und ihrer eigenen Rechtslage unterscheiden will, übersieht sie, daß sie von den Vorinstanzen als Erbin des Alfred P. zur Rückübertragung des gegenständlichen Textilhandelsunternehmens verurteilt worden ist, in welcher Hinsicht das die erstinstanzliche Entscheidung bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes nicht angefochten worden ist. Auf diese Erbeneigenschaft der Beklagten hat der Revisionsgegner zutreffend hingewiesen. Gemäß § 547 ABGB. stellt aber der Erbe, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor; beide werden in Beziehung auf einen Dritten für eine Person gehalten. Die Prozeßlage ist also nicht anders zu beurteilen, als wenn der Treuhänder Alfred P. selbst von seinem Treugeber, dem Kläger, wegen Rückübertragung des Unternehmens in Anspruch genommen worden wäre. Der Vergleich der im gegenständlichen Falle gegebenen Rechtslage mit jener in den Fällen der Rückstellung entzogenen Vermögens nach dem Dritten Rückstellungsgesetz, den das Berufungsgericht angestellt hat, muß als zweckmäßig bezeichnet werden, gleichgültig, ob und in welcher Weise die Parteien auf die Bestimmungen der Rückstellungsgesetzgebung hingewiesen haben. Die Beklagte hat doch das erstgerichtliche Urteil u. a. auch wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache angefochten; innerhalb dieses Berufungsgrundes bewegt sich aber das Berufungsgericht frei (vgl. Sperl, Lehrbuch S. 634, sowie 4 Ob 59/49, JBl. 1950, S. 140 f.; 1 Ob 554/51, JBl. 1952, S. 381 f., und 2 Ob 818/52). Auseinanderzuhalten von dieser Frage ist jene der Zulässigkeit des Rechtsweges, die aber nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. z. B. das Erkenntnis der ORK. vom 8. Oktober 1949, Rkv 346/49, JBl. 1950, S. 17 f.) für den vorliegenden Fall zu bejahen ist. Was aber die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes des Erwerbers nach dem Dritten Rückstellungsgesetz selbst betrifft, so hat das Berufungsgericht mit Recht darauf hingewiesen daß hier Sonderbestimmungen vorliegen. § 8 des Dritten Rückstellungsgesetzes schränkt übrigens das Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB. zum Nachteil der Erwerberseite weitgehend ein. Der Erwerber darf die Rückstellung der Substanz des entzogenen Vermögens nicht mit der Begründung, ihm angeblich zustehende Ersatzansprüche für Aufwendungen zu sichern, verweigern. Die Ausübung des Retentionsrechtes ist ihm lediglich an den Erträgnissen gestattet, am entzogenen Vermögen selbst nur im Falle eines "durch die Sache ihm verursachten Schadens"(vgl. Heller - Rauscher - Baumann, Kommentar, 1947, S. 210 f.). Die Bestimmung des § 23 Abs. 2 des bezeichneten Gesetzes schafft die Möglichkeit eines Interessenausgleiches nach der Lage des konkreten Falles. Denn die Rückstellungskommission ist berechtigt, Sicherstellungen anzuordnen, und dieser Befugnis sind keine Grenzen gesetzt (vgl. Heller - Rauscher - Baumann, a. a. O., S. 283). Diese Sonderbestimmungen kommen aber im gegenständlichen Falle nicht zur Anwendung.

Die Entscheidung hat daher nach den allgemeinen Vorschriften zu erfolgen. Dabei muß auch die im bisherigen Verfahren nicht erörterte Frage, ob der Beklagten das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 369 HGB. zustehe, geprüft werden. Diese Frage ist aber schon deshalb zu verneinen, weil einerseits die Beklagte ihre Forderungen gegen den Kläger aus dem Treuhand-Innenverhältnis (vgl. Kastner, Die Treuhand im österreichischen Recht, JBl. 1949, S. 420) ableitet, die Begründung des Treuhandverhältnisses auf Seite ihres Rechtsvorgängers Alfred P., der damals Angestellter des Klägers gewesen ist, nach dem beiderseitigen Tatsachenvorbringen der Parteien aber kein Handelsgeschäft gewesen ist und anderseits das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht gemäß § 369 HGB. u. a. vorausgesetzt, daß die Forderung, derentwegen es ausgeübt wird, aus beiderseitigen Handelsgeschäften herrührt. Was aber die Rechtslage nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch betrifft, ist das Revisionsgericht mit den Vorinstanzen der Ansicht, daß das gegenständliche Treuhandverhältnis der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes der Beklagten entgegensteht. Die Revisionswerberin verweist nämlich zwar richtig darauf, daß das Zurückbehaltungsrecht des Beauftragten in Lehre und Rechtsprechung anerkannt wird (vgl. Swoboda, Der Bevollmächtigungsvertrag und verwandte Erscheinungen, ZBl. 1931, S. 754; derselbe in Klangs Kommentar, 1. Aufl., zu § 1009, S. 810; Gschnitzer in Klangs Kommentar 2. Aufl., zu § 1440, S. 510 f., sowie die Entscheidung des OGH. vom 7. Feber 1932, ZBl. 1933, Nr. 186). Das gegenständliche Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder bzw. dessen Erbin kann aber nicht ausschließlich nach den Regeln des Bevollmächtigungsvertrages (§§ 1002 ff. ABGB.) beurteilt werden. Der Treuhänder wird durch das zugrunde liegende fiduziarische Verhältnis zu einem gewissen Verhalten gegenüber dem Fiduzianten verpflichtet (vgl. Swoboda in Klangs Kommentar, 1. Aufl., zu § 1002, S. 779, sowie Bartsch in Klangs Kommentar, 1. Aufl., zu § 276, S. 1122 ff.). Die Treuhandschaft ist in Österreich nicht gesetzlich geregelt (vgl. Kastner, JBl. 1948, S. 305). Zufolge des im österreichischen Privatrechte geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit ist aber die Begründung eines Treuhandverhältnisses nach österreichischem Recht möglich (vgl. Swoboda, a.a. O., S. 779). Für das Innenverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder sind nun zwar die Bestimmungen der §§ 1002 ff. ABGB. von Bedeutung, aber nur in einem gewissen, durch die Besonderheit des Rechtsinstitutes, der Treuhand bedingten Umfang (vgl. Swoboda, a. a. O., S. 779 f.). Die Revisionswerberin übersieht, daß den auch für sie maßgeblichen Rechtsbeziehungen des Alfred P. zum Kläger das Anvertrauen des das gegenständliche Unternehmen bildenden Sondervermögens des Klägers zugrunde liegt. Nun ist aber der Zweck der Vorschrift des § 1440 ABGB. über das Verbot der Zurückbehaltung der Schutz des Vertrauens des Gläubigers (vgl. Gschnitzer, a. a. O., zu § 1440, S. 509). Aus diesem Gesichtspunkte und weil entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin das Verwahrungsmoment des gegenständlichen Rechtsverhältnisses zu berücksichtigen ist - das Treugut bildet ja ein selbständiges Sondervermögen des Treuhänders, die Nutzungen des Treugutes sind selbst wieder Treugut und für das Treugut gilt das sogenannte Surrogationsprinzip (vgl. Bartsch in Klang, 1. Aufl., zu § 276 ABGB., S. 1126) -, haben die Vorinstanzen die Zulässigkeit der Zurückbehaltung seitens der Beklagten zutreffend verneint. Es ist richtig, daß das vorliegende Treuhandverhältnis nicht geradezu zum Zwecke der Verwahrung begrundet worden ist. Eine Verwahrungspflicht der Beklagten bzw. ihres Rechtsvorgängers muß aber als Nebenverpflichtung bejaht werden. Nach den Regeln über gemischte Verträge (vgl. Ehrenzweig, Recht der Schuldverhältnisse, 1928, S. 377, sowie die Entscheidungen des OGH. vom 28. Juni 1929, SZ. XI/150, und vom 18. Mai 1933, RZ. 1934, S. 53) entscheiden in erster Linie die für den grundlegenden Vertrag bestehenden Vorschriften und, wo als Nebenverpflichtung eine Verwahrungspflicht besteht, sind einzelne für den Verwahrungsvertrag geltende Bestimmungen analog anwendbar. Deshalb ist das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten für das gegenständliche Treuhandverhältnis auszuschließen (§ 1440 Satz 2 ABGB.; vgl. SZ. XI/150). Kastner (JBl. 1949 S. 421) führt aus, daß dem Treuhänder regelmäßig ein Zurückbehaltungsrecht am Treugut zuzugestehen und die Aufrechnung nicht nach § 1440 ABGB. zu verwehren sein werde, wenn nichtsanderes vereinbart sei; § 1440 ABGB. greife nur dort ein, wo dem Treuhandverhältnis ein Verwahrungsvertrag zugrunde liege oder das Verwahrungselement besonders stark ausgeprägt sei. In der zu diesen Ausführungen gehörigen Fußnote 149 weist dieser Autor aber selbst auf die von seiner Meinung abweichenden Auffassungen in Lehre und Rechtsprechung hin. In diesem Zusammenhange sind die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom 19. Feber 1936, JBl. 1936, S. 230, und vom 25. Mai 1937, GH. 1937, S. 50, zu berücksichtigen. Die Ansicht der Vorinstanzen findet also auch in der Spruchpraxis des Obersten Gerichtshofes ihre Begründung. Die gerügte unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache ist demnach nicht gegeben.

Somit war der Revision nicht Folge zu geben.

Anmerkung

Z26156

Schlagworte

Fiduziarisches Verhältnis, Zurückbehaltungsrecht, Retentionsrecht, Treuhand, Rückbehaltungsrecht, Treuhand, Treuhand, Zurückbehaltungsrecht, Zurückbehaltungsrecht, Treuhand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00405.53.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19530617_OGH0002_0010OB00405_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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