TE OGH 1953/9/9 3Ob516/53

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Veröffentlicht am 09.09.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §863
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §914
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1002
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1009
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1016

Kopf

SZ 26/223

Spruch

Genehmigung einer Vollmachtsüberschreitung bei einer Bestellung des Bevollmächtigten durch Übernahme der Ware und Fertigung des Lieferscheines.

Entscheidung vom 9. September 1953, 3 Ob 516/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht hat die Klage, mit welcher die Bezahlung des Rechnungsbetrages für bestelltes und zu vereinbarten und angemessenen Preisen geliefertes Brennmaterial begehrt wird, abgewiesen, weil die beklagte Partei zur Bestellung keinen Auftrag erteilt habe und daher die Lieferung nicht auf Grund eines zwischen den Streitteilen zustandegekommenen Vertragsverhältnisses erfolgt sei, sondern lediglich zufolge einer Irreführung seitens des Kurt K., der, oder eine dritte Person für ihn, in Überschreitung der ihm erteilten Vollmacht die Bestellungen im Namen der beklagten Partei vornahm. Auch aus dem Umstand, daß die Kohle von der beklagten Partei selbst, und zwar teilweise vom Lagerplatz der Klägerin, abgeholt wurde, könne ohne vorhergehende Vereinbarung nicht auf das Entstehen einer Verbindlichkeit für die beklagte Partei geschlossen werden.

Der seitens der Klägerin dagegen erhobenen Berufung wurde Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Sinne der Klagsstattgebung abgeändert. Das Berufungsgericht ging hiebei unter Übernahme der erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen von der Rechtsmeinung aus, daß das Verhalten derbeklagten Partei, die nicht nur die Lieferscheine bei Übernahme des Brennmaterials unterfertigte, sondern auch durch eigenes Fuhrwerk teilweise das Brennmaterial vom Lagerplatz der klagenden Partei abholte, bei der klagenden Partei den Eindruck erwecken mußte, daß die beklagte Partei zu der von Kurt K. oder einer anderen Person für diesen vorgenommenen Bestellung stehe. Die Klägerin könne sich daher mit Recht darauf berufen, nicht gewußt zu haben, daß der Beauftragte der beklagten Partei bei der telephonischen Bestellung seine Vertretungsmacht überschritten habe. Die Klägerin sei somit berechtigt, gestützt auf ihr Vertrauen auf den von der beklagten Partei gesetzten äußeren Tatbestand, die Bezahlung des gelieferten Brennmaterials zu verlangen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn die Revision in ihren Rechtsausführungen davon ausgeht, es sei Kurt K. seitens der beklagten Partei kein Auftrag erteilt worden, Kohle für sie einzukaufen, sondern sei der Vorgenannte als direkter Geschäftspartner aufgetreten, so steht dies zu dem eigenen Vorbringen der beklagten Partei in Widerspruch, wonach ihr bekannt war, daß die Auslieferung der Kohle von der Klägerin erfolgen werde und die von dieser Firma bei der beklagten Partei einlangenden Fakturen Kurt K. zur Verrechnung überlassen werden sollten. Da demnach, wie dies auch nach den Feststellungen des Erstgerichtes der mit Kurt K. getroffenen Vereinbarung entspricht, die Bestellung im Namen der beklagten Partei erfolgen sollte, kann von dem Abschluß eines Lieferungsgeschäftes mit Kurt K. als Geschäftspartner nicht die Rede sein, sondern bestand, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, zwischen dem Genannten und der beklagten Partei lediglich ein Auftragsverhältnis (§§ 1002 ff. ABGB.). Wird aber davon ausgegangen, daß nach den Feststellungen der Untergerichte das Brennmaterial bei der Klägerin jedenfalls im Namen der beklagten Partei bestellt wurde, so vermag eine Vollmachtsüberschreitung des Kurt K. der Klägerin schon deswegen nicht zu schaden, weil die beklagte Partei dadurch, daß sie die Ware (teilweise durch Abholung vom Lagerplatz der klagenden Partei) tatsächlich übernahm und die Lieferscheine fertigte, die Bestellung genehmigt hat (§ 1016 ABGB.). Da dieses Verhalten der beklagten Partei nach Treu und Glauben (§§ 863, 914 ABGB.) nur dahin verstanden werden konnte, daß die fernmündlich ergangene Bestellung voll und ganz ihrem Willen entsprach, traf die Klägerin auch keine weitere Erkündigungspflicht in Richtung einer eventuellen Vollmachtsüberschreitung. Das Begehren der Klägerin auf Bezahlung des gelieferten Brennmaterials besteht daher zu Recht.

Anmerkung

Z26223

Schlagworte

Bevollmächtigung, falsus procurator, falsus procurator, Nachträgliche Genehmigung, Lieferschein, Genehmigung der Vollmachtsüberschreitung, Übernahme der Ware, falsus procurator, Vollmachtsüberschreitung, Genehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00516.53.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19530909_OGH0002_0030OB00516_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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