TE OGH 1953/12/16 3Ob784/53

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Veröffentlicht am 16.12.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §914
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §918
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §920
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1023
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1295
Handelsgesetzbuch §346

Kopf

SZ 26/308

Spruch

Wer einem anderen den Vorschlag macht, dieser solle die Erzeugung einer bestimmten Ware unter Beistellung von Material und Rohprodukten probeweise durchführen, ist mangels gegenteiliger Vereinbarung nach der Verkehrssitte verpflichtet, dem anderen alle Barauslagen für die von ihm vorzunehmenden Versuche zu ersetzen, falls es zu keiner Abnahme der Ware kommt.

Entscheidung vom 16. Dezember 1953, 3 Ob 784/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Prozeßgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 7750.55 S s. Anh. zu bezahlen und wies das Mehrbegehren hinsichtlich eines Betrages von 5000 S als Verdienstentgang ab. Es stellte fest, daß die beklagte Partei der klagenden Partei durch ihre Erklärung, bei Gelingen der Herstellungsproben von Gummischutzmitteln die nötigen Maschinen und das nötige Material zu verkaufen und die hergestellten Erzeugnisse abzunehmen, dazu veranlaßt habe, umfangreiche Vorbereitungsarbeiten für die Serienerzeugung von Schutzmitteln zu verrichten, und daß die beklagte Partei die klagende Partei in ihrem Bestreben, solche Schutzmittel zu erzeugen, dadurch bestärkt habe, daß sie die Verbindung mit der klagenden Partei weiterhin aufrecht erhielt, zu den Kosten einer Reise des Gesellschafters der klagenden Partei S. nach Deutschland zwecks Beschaffung von für die Erzeugung von Schutzmitteln notwendigen Chemikalien beitrug, den Ing. K., der die Versuche zur Herstellung der Schutzmittel bei der klagenden Partei durchführen sollte, hiefür laufend entlohnte und im September 1945 eine pro forma-Bestellung über Schutzmittel der klagenden Partei aufgab. Die beklagte Partei habe dann grundlos die Annahme der Lieferung verweigert, obwohl die Herstellungsversuche zu einem befriedigenden Ergebnis führten. Die beklagte Partei sei daher zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet, weil das Erwecken trügerischer Hoffnungen und das Hinhalten der klagenden Partei gegen die guten Verkehrssitten verstoße. Der Vertrauensschaden bestehe in den Auslagen, die die klagende Partei im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Abnahme ihrer Erzeugnisse gemacht habe; in diesem Umfang sei der Klagsanspruch begrundet, hingegen das Begehren auf Ersatz des Verdienstentganges nicht konkretisiert und daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da die Revision nur den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend macht und lediglich die Abänderung, nicht aber auch die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt, ist das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Untergerichte bei der Prüfung der rechtlichen Beurteilung gebunden. Von diesen Feststellungen weicht aber die Revision ab, wenn sie die Annahme bekämpft, daß die beklagte Partei bei der klagenden Partei trügerische Hoffnungen erweckt habe. Denn die Vorinstanzen haben festgestellt, daß die beklagte Partei der Klägerin die Beistellung von Maschinen und Material sowie die Abnahme von Erzeugnissen in Aussicht gestellt und hiedurch die klagende Partei zur Vornahme von Versuchen durch Ing. K., zu Reisen nach Deutschland und zur Bestreitung der hiefür notwendigen Auslagen veranlaßt und dann grundlos die Annahme der Erzeugnisse abgelehnt hat; die Untergerichte haben daher mit Recht angenommen, daß die geklagte Partei hiedurch bei der klagenden Partei die Hoffnung erweckt hat, daß sie der klagenden Partei die nach Durchführung von Versuchen herzustellenden Schutzmittel abnehmen werde, und daß sie ohne stichhältigen Grund dann die Abnahme der Waren abgelehnt hat. Daß eine Abnahme der Waren fest vereinbart wurde, haben auch die Vorinstanzen nicht festgestellt. Die Ausführungen der Revision, die dartun, daß eine feste Vereinbarung, nach welcher die beklagte Partei der klagenden Partei im Falle des Gelingens der Versuche eine bestimmte Menge von Schutzmitteln abnehmen sollte, nicht zustandegekommen sei, gehen daher ins Leere.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die beklagte Partei durch ihre Zusage, der klagenden Partei Maschinen und Material zur Erzeugung von Schutzmitteln zur Verfügung zu stellen, und dadurch, daß sie die Abnahme der Ware nach dem Gelingen der Versuche in Aussicht stellte, die klagende Partei dazu veranlaßte, Auslagen zur Durchführung von Versuchen zur Herstellung der Schutzmittel zu unternehmen, und die beklagte Partei dann die Abnahme verweigert hat, gegen die guten Sitten verstoßen hat und deshalb verpflichtet ist, der klagenden Partei den Ersatz des Schadens, den die klagende Partei dadurch erlitten hat, daß sie auf die Versprechungen der beklagten Partei vertraute, zu ersetzen (SZ. VII/66). Denn auch dann, wenn man sich der Ansicht, daß das Verhalten der beklagten Partei nicht sittenwidrig sei, anschließt, wäre damit für die beklagte Partei nichts gewonnen. Denn nach den Feststellungen der Untergerichte ist die beklagte Partei an die klagende Partei mit dem Vorschlag herangetreten, die Erzeugung von Gummischutzmitteln probeweise durchzuführen, Maschinen und die zum Anfang notwendige Gummimilch seien vorhanden, welchen Vorschlag die klagende Partei annahm. Bei einem solchen Abkommen gilt aber nach der Verkehrssitte mangels gegenteiliger Vereinbarung als stillschweigend bedungen, daß die beklagte Partei der klagende Partei alle Barauslagen, die für die von dieser vorzunehmenden Versuche gemacht werden, zu ersetzen habe, wenn es dann zu keiner Abnahme der Waren kommt.

Die Revision erweist sich daher als unbegrundet, weshalb ihr der Erfolg versagt werden mußte.

Anmerkung

Z26308

Schlagworte

Barauslagen für probeweise Erzeugung, Ersatz der Barauslagen, mrzeugung zur Probe, Erzeugung, probeweise, Schutzmittel, Erzeugung von -, Vereinbarung, probeweise Erzeugung, Ware, probeweise Erzeugung der -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00784.53.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19531216_OGH0002_0030OB00784_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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