TE OGH 1953/12/23 3Ob404/53

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Veröffentlicht am 23.12.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §920
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1295
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1298
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1380

Kopf

SZ 26/316

Spruch

Nichtzuhaltung eines unter Verzicht auf Verlängerung der Räumungsfrist abgeschlossenen Räumungsvergleiches kann Schadenersatzpflicht begrunden.

Entscheidung vom 23. Dezember 1953, 3 Ob 404/53.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Der beklagten Partei wurden im Jahre 1945 vier zu ebener Erde gelegene Geschäftslokale im Hause V. M.gasse, die die klagende Partei seit Jahrengemietet hatte, auf Grund des Reichsleistungsgesetzes zur Benützung zugewiesen.

Nach Aufhebung des Zuweisungsbescheides strengte die klagende Partei gegen die beklagte Partei einen Räumungsprozeß an, in dessen Verlauf am 27. September 1950 ein gerichtlicher Vergleich zustandekam. Darin verpflichtete sich die beklagte Partei, die vier Geschäftslokale bis längstens 30. September 1951 zu räumen, und verzichtete ausdrücklich darauf, "jede" Verlängerung des Räumungstermines zu beantragen.

Da der Räumungstermin von der beklagten Partei nicht eingehalten wurde, beantragte die klagende Partei die Räumungsexekution. Die beklagte Partei brachte hierauf eine Klage auf Ungültigerklärung des Vergleiches ein und beantragte die Aufschiebung der Exekution nach § 42 EO. Außerdem beantragte sie Aufschiebung der Exekution nach Art. 6 SchutzV. Sowohl der eine wie der andere Aufschiebungsantrag wurde in höherer Instanz abgewiesen. Am 6. Februar 1952 wurden die Räume, zu deren Überlassung sich die beklagte Partei vergleichsweise verpflichtet hatte, der klagenden Partei tatsächlich übergeben.

Die klagende Partei verlangt von der beklagten Partei Ersatz des ihr durch die Unterlassung der rechtzeitigen Räumung entstandenen Schadens in der Höhe von 55.551.82 S. Das Erstgericht hat nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches mit Zwischenurteil den Anspruch der klagenden Partei dem Gründe nach zu Recht bestehend erkannt. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil bestätigt, wobei es den Streitgegenstand mit mehr als 10.000 S bewertete.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Rahmen ihrer Mängelrüge macht die beklagte Partei in erster Linie geltend, daß im bisherigen Verfahren keine Feststellung darüber getroffen worden sei, daß überhaupt durch die verspätete Räumung der Geschäftslokalitäten ein Schaden entstanden wäre. Dabei übersieht aber die beklagte Partei, daß das Erstgericht auf S. 87 des Aktes ausdrücklich feststellt, daß durch schuldhaftes Verhalten der Beklagte der Klägerin einen Schaden zugefügt hat. Es gehört allerdings die Feststellung, daß überhaupt ein Schaden entstanden ist, zum Grund des Anspruches; es war daher erforderlich, schon in dem Zwischenurteil über den Grund des Anspruches diese Feststellung zu treffen. Zuzugeben ist allerdings, daß sich das Erstgericht nicht näher darüber ausgesprochen hat, daß der Schaden tatsächlich eingetreten ist. Das war aber nach Ansicht der Revisionsinstanz nicht erforderlich, da ja die beklagte Partei in ihrer Klagebeantwortung, zumindest was den von der klagenden Partei behaupteten Verdienstentgang anlangt, den Eintritt eines Schadens gar nicht bestritten, sondern nur das Ersatzbegehren als überhöht bekämpft hat. Es bedarf ja auch keines weiteren Beweises, daß ein geschäftliches Unternehmen bei normalem Ablauf der Dinge einen Gewinn abwirft. Wenn daher die klagende Partei infolge des Verhaltens des Beklagten durch Monate hindurch ihren Filialbetrieb nicht eröffnen konnte, so ist damit schon grundsätzlich der Eintritt eines Schadens verbunden. Anders wenn die beklagte Partei behauptet hätte, was sie aber gar nicht getan hat, daß die klagende Partei mit Verlust oder zumindest ohne Gewinn gearbeitet hätte.

Bei der rechtlichen Beurteilung ist von folgenden Erwägungen auszugehen:

Die beklagte Partei hat sich in dem Vergleich vom 27. September 1950 verpflichtet, rechtzeitig die Lokale zu räumen, und hat sich noch zusätzlich verpflichtet, Aufschiebungsanträge nicht zu stellen. Diesen übernommenen Verpflichtungen hat die beklagte Partei zuwidergehandelt. Gemäß § 1298 ABGB. wäre ihr der Beweis des Mangels eines Verschuldens auf ihrer Seite obgelegen. Die Behauptung der beklagten Partei, daß sich ihre Erwartung, es werde der Neubau, in dem ihr ein Ersatzlokal zugesagt worden war, rechtzeitig fertig werden, nicht erfüllt habe, vermöchte auch, wenn sie bewiesen worden wäre, den Mangel eines Verschuldens nicht darzutun.

Aus diesen Erwägungen war das Urteil des Berufungsgerichtes zu bestätigen.

Anmerkung

Z26316

Schlagworte

Delogierung, Räumungsfrist Räumungsaufschub, Verzicht auf Verlängerung Räumungsvergleich, Nichteinhaltung eines - Räumungsverzicht, Räumungsvergleich Schadenersatz, Räumungsvergleich Verlängerung der Räumungsfrist, Verzicht auf - Verzicht auf Verlängerung der Räumungsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00404.53.1223.000

Dokumentnummer

JJT_19531223_OGH0002_0030OB00404_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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