TE OGH 1954/2/24 2Ob88/54

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Veröffentlicht am 24.02.1954
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Norm

ABGB §1293
ABGB §1295
ABGB §1323

Kopf

SZ 27/52

Spruch

Der Kläger kann als mitbestimmenden Faktor des zu ersetzenden Schadens für die Wertverminderung eines beschädigten Kraftwagens auch unbehobene Schäden in Rechnung stellen, wenn diese geringfügig sind, jedenfalls aber den Betrieb des Wagens in keiner Weise behindern.

Entscheidung vom 24. Feber 1954, 2 Ob 88/54.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Schadenersatz zufolge eines durch Verschulden des Erstbeklagten als Fahrzeuglenker und die zweitbeklagte Partei als Fahrzeughalterin herbeigeführten Verkehrsunfalles u. zw. 18.391.90 S für Reparaturen und Transportkosten und 6000 S für Wertverminderung des Wagens geltend. Das Erstgericht bejahte die Schadenshaftung der beiden beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zufolge Verschuldens des Erstbeklagten (Art. IV EVzKFG.) und sprach dem Kläger für Reparatur und Transportkosten den oben genannten, der Höhe nach unbestrittenen Betrag, für Wertverminderung jedoch nur einen Betrag von 2500 S zu.

Der dagegen seitens der beklagten Parteien erhobenen Berufung wurde teilweise Folge gegeben und das erstgerichtliche Urteil dahin abgeändert, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Schadensbetrages von 19.391.90 S s. A. unter Abweisung des Mehrbegehrens schuldig erkannt wurden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge, hob das Urteil der zweiten Instanz auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Beide Untergerichte sind der Rechtsmeinung, daß eine Wertverminderung aus Anlaß der vom Unfall herrührenden derzeit noch unbehobenen Schäden (Verbiegung der Halterung der rückwärtigen Sitze, Einbeulung der Rückenlehne des rechten Vordersitzes, Beschädigung der Tapezierung der rechten Vordertüre) nicht begehrt werden könne, da der Kläger diesbezüglich in erster Linie nur auf Ersatz in natura, also auf Durchführung der betreffenden Reparatur bzw. Ersatz der aufgewendeten Reparaturkosten Anspruch habe. Da jedoch der Ersatz konkreten Schadens in diesem Zusammenhang (Reparaturkosten oder Ersatz der vorgenannten Bestandteile) nicht begehrt, aber auch nicht behauptet wurde, daß die Behebung der Schäden unmöglich oder untunlich sei, könne der Kläger einen Ersatz für die Wertverminderung aus diesem Gründe nicht begehren. Diese Schlußfolgerung der Vorgerichte ist jedoch schon deswegen verfehlt, weil die Untunlichkeit des Naturalersatzes, der hier in der Ausbesserung oder dem Ersatz der beschädigten Bestandteile zu erblicken ist, sich nicht nur aus dem Interesse des Beschädigers, sondern in gleicher Weise aus dem Interesse des Beschädigten ergeben kann, anderseits aber von den beklagten Parteien das Bestehen eines wesentlichen Interesses daran, gerade Naturalersatz zu leisten, im Verfahren erster Instanz gar nicht behauptet wurde. Da nach den von beiden Parteien unangefochten gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes die vorerwähnten noch unbehobenen Schäden im Gegensatz zu den bereits reparierten teils geringfügig sind, jedenfalls aber den Betrieb des Wagens in keiner Weise behindern, erscheint es der Interessenlage des Klägers durchaus entsprechend und es muß daher ihm überlassen bleiben, von der Behebung der obigen nicht betriebswichtigen Schäden vorläufig abzusehen, diese aber anderseits als mitbestimmenden Faktor bei Geltendmachung der Schadensziffer für die Wertverminderung in Rechnung zu stellen. Rechtsirrig ist es demnach, wenn die Untergerichte lediglich den Umstand, daß der Wagen durch die unfallsbedingten Reparaturen an seinem Verkehrswert eine Einbuße erfahren hat, als wertvermindernden Faktor in Betracht ziehen, nicht aber die festgestellten noch unbehobenen Schäden. Sowohl die Tatsache aber, daß der Wagen zufolge eines Unfalles weitgehend repariert werden mußte und daher, wenngleich seine technischen Eigenschaften nicht verschlechtert wurden, an sich im Verkaufsfalle niederer zu bewerten wäre, als auch die noch unbehobenen, allerdings nicht betriebswichtigen Schäden bilden eine einheitliche Schadensfolge und erscheint bei Ermittlung der nach Behebung der betriebswichtigen Schäden noch vorhandenen Wertverminderung des Wagens eine Trennung dieser einzelnen wertvermindernden Faktoren gar nicht möglich. Die Anführung konkreter Beträge für die Wertverminderung der noch beschädigten Bestandteile war daher im Gegensatz zur Meinung des Erstgerichtes nicht erforderlich und konnte für die als einheitliche Schadensfolge auf Grund verschiedenartiger Faktoren geltend gemachte Wertverminderung auch nur der Ersatz eines einheitlichen Betrages angesprochen werden. Wenngleich die Rechtsansicht der Untergerichte zutrifft, daß für die Beurteilung der Höhe des Ersatzes der Wertverminderung der Zeitpunkt der Beschädigung maßgebend ist, muß jedoch bedacht werden, daß hinsichtlich eines Teiles des verursachten Schadens, insoweit es sich um die Behebung betriebswichtiger Schäden handelte, die beklagten Parteien zur Leistung des Naturalersatzes, nämlich zur Tragung der zur Behebung dieser Schäden erforderlichen Reparaturkosten schuldig erkannt wurden, wodurch die grundsätzlich auf den Unfallszeitpunkt abzustellende Höhe der Wertverminderung insoweit verringert wird, als nur mehr die noch unbehobenen Schäden und die Verminderung des Verkehrswertes durch die unfallsbedingten Reparaturen an sich in Betracht zu ziehen sein werden. Die Wertverminderung wird demnach der Differenz zwischen dem Schätzwerte des zur Unfallszeit nahezu fabriksneuen Wagens und dem Schätzwert des Wagens im derzeitigen Zustand unter Berücksichtigung der zu erwartenden veränderten Verkaufsbedingungen im Falle der Verwertung des Wagens durch Weiterverkauf gleichkommen. Daß jedoch ein Sachverständiger auf dem Gebiete des Kraftfahrzeughandels nicht zu einigermaßen präzisen Ergebnissen bei ziffernmäßiger Ermittlung der noch derzeit bestehenden Wertverminderung des Wagens gegenüber dem Wert zur Unfallszeit gelangen könnte, ist nicht erfindlich. Stehen aber dem Gerichte die Ergebnisse eines strengen Beweisverfahrens zur Gewinnung seiner Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung, wobei allerdings die vom Sachverständigen aus dem Verkehrsfach hierüber erfolgten Bekundungen nicht als ausreichend angesehen werden können, dann ist die Anwendung der Vorschrift des § 273 ZPO. jedenfalls verfehlt. Das Berufungsgericht wird daher durch Vernehmung eines Sachverständigen aus dem Gebiete des Kraftfahrzeughandels festzustellen haben, ob und inwieweit der vom Erstgericht als Wertverminderung zuerkannte Betrag von 2500 S die tatsächliche Wertverminderung des Wagens nach seinem derzeitigen Zustande der Höhe nach übersteigt. Es war demnach in Stattgebung der Revision wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

Z27052

Schlagworte

Auto Wertverminderung, Reparatur, Wertverminderung, Schaden Wertverminderung, Schadenersatz Wertverminderung, Schadensberechnung, Wertverminderung, Schadensberechnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB00088.54.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19540224_OGH0002_0020OB00088_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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