TE OGH 1954/5/6 1Ob183/54

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Veröffentlicht am 06.05.1954
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Norm

ABGB §604
ABGB §608
Kärntner Höfegesetz §7
ZPO §226
ZPO §405

Kopf

SZ 27/124

Spruch

Wenn anläßlich einer Abhandlung nach Kärntner Höferecht ein Erbübereinkommen dahin getroffen wird, daß die Witwe den Hof ins Eigentum zu übernehmen und bei Erreichung des 30. Lebensjahres eines Sohnes diesem den Hof zu übergeben habe, ist in Zweifel keine unentgeltliche Übergabe zu verstehen. Das Kärntner Höferecht findet analog Anwendung, auf daß "der Erbe wohl bestehen könne". Er hat der Übergeberin ihre Erbportion auszubezahlen.

Wenn im Klagebegehren Übergabe eines Bauernhofes - Zug um Zug gegen ein bestimmt umschriebenes Ausgedinge - begehrt wird, hat das Gericht, wenn kein Anspruch auf das Ausgedinge, sondern auf Geld besteht, die Klage abzuweisen.

Entscheidung vom 6. Mai 1954, 1 Ob 183/54.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Im Jahre 1922 ist der Gatte der Beklagten gestorben. Er war Bauer und Alleineigentümer der Petritzhube, eines Besitzes von zirka 30 ha. Ehepakte bestanden nicht; er hinterließ zwei Söhne, d. i. den Kläger, damals zwei Jahre, und dessen Bruder Georg, der ein Jahr alt war. Der im Jahre 1923 geführten Verlassenschaftsabhandlung wurde Kärntner Höferecht zugrunde gelegt. Die Einantwortung erfolgte nach dem Gesetze, u. zw. zu drei Achtel an die beiden Kinder, zu einem Viertel an die Beklagte. Im Hinblick darauf, daß die Nachkommen des Erblassers noch klein waren, die Liegenschaft des Erblassers aber große Investitionen erforderte, wurde zwischen der Witwe und dem Vertreter der Kinder ein Erbübereinkommen geschlossen, wonach jene die Liegenschaft als "Anerbin" um einen Übernahmspreis von 40 Millionen Kronen ins Eigentum mit der Beschränkung "übernahm", "bei erreichtem 30. Lebensjahre des erstgeborenen Sohnes, d. i. des Klägers, ihm oder dem Zweitgeborenen die Liegenschaft zu übergeben". Die Beklagte lehnte es damals ausdrücklich ab, die Stellung einer "Vorhauserin" (§ 14 Abs. 2 lit. a Kärntner HöfeG.) einzunehmen, dies im Hinblick darauf, daß sie Reparaturen und Neuherstellungen vornehmen müsse. Das Erbübereinkommen wurde vormundschaftsbehördlich genehmigt. Bald darauf heiratete die Beklagte; sie lebt mit ihrem Mann und einer 18 jährigen Tochter aus zweiter Ehe auf der Liegenschaft. Der Kläger leistet dort von Jugend an bis jetzt unbezahlte Dienste als Knecht. Die Tochter des Gatten der Beklagten aus dessen erster Ehe ist als Magd gleichfalls gegen Kost und Quartier, jedoch ohne Entlohnung tätig; sie ist jetzt zirka 30 Jahre. Auf Grund der Einantwortungsurkunde wurde die Beklagte als Alleineigentümerin mit der schon zugunsten der beiden Söhne aus erster Ehe genannten Beschränkung eingetragen. Im Lastenblatte finden sich aber hinsichtlich dieser Beschränkung keine Eintragungen, vor allem auch kein Veräußerungsverbot.

Schon im Jahre 1952 begehrte der heutige Kläger im Hinblick darauf, daß er am 27. November 1951 das 30. Lebensjahr vollendet hatte, die Übergabe der Liegenschaft gegen Einräumung eines von der Landes-Landwirtschaftskammer für Kärnten festzusetzenden und auf der Liegenschaft grundbücherlich sicherzustellenden Ausgedinges. Diese Klage wurde in zwei Instanzen wegen Unbestimmtheit des Klagebegehrens rechtskräftig abgewiesen.

Nunmehr verlangte der Kläger neuerlich die Übergabe der Liegenschaft. Er stellte aber auch das Eventualbegehren auf Übergabe der Liegenschaft gegen Einräumung und Sicherstellung eines im Klagebegehren ausführlich festgesetzten Ausgedinges.

Das Erstgericht hat das Hauptbegehren (Übergabe der Liegenschaft ohne Gegenleistung) abgewiesen, jedoch dem Eventualbegehren Folge gegeben. Der Kläger hat dieses Urteil nicht bekämpft.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten Folge gegeben und das Urteil hinsichtlich des Eventualbegehrens aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfange zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Das Berufungsgericht hat erkannt, daß das Erbübereinkommen schon deshalb keinen Vorvertrag gemäß § 936 ABGB. darstellte, weil dem Kläger als ältesten Sohn durch das Erbübereinkommen nicht die Stellung eines Anerben gemäß § 7 Kärntner HöfeG. und der Beklagten nicht die Stellung einer Vorhauserin gemäß § 14 Abs. 2 lit. a Kärntner HöfeG. zugekommen ist.

Das Berufungsgericht stellte fest, daß nach dem Wortlaut des Erbübereinkommens der Beklagten nicht die freie Wahl zustand, welchem ihrer beiden Söhne sie die Liegenschaft zu übergeben habe, wenn der älteste Sohn das 30. Lebensjahr vollendet habe, weil aus dem ursprünglichen Text des Erbübereinkommens die Worte "nach ihrer Wahl" gestrichen worden sind.

Die Kernfrage erblickte das Berufungsgericht darin, ob der Kläger die Liegenschaft gegen Zahlung eines Übernahmspreises oder - wie das Erstgericht meinte - nur gegen Einräumung eines Ausgedinges zugunsten der Beklagten verlangen könne. Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Einräumung eines Ausgedinges genüge. Das Berufungsgericht ist zunächst nicht der Meinung, daß die Eigentumsbeschränkung der Beklagten eine Ähnlichkeit mit einer fideikommissarischen Substitution habe, wonach die Beklagte die Vorerbin und der Kläger der Nacherbe sei, weshalb die Klägerin als Fruchtnießerin die Liegenschaft in dem Zustande zurückstellen müsse, wie sie sie erhalten habe. Diese Rechtsansicht des Erstgerichtes wäre nach der Ansicht des Berufungsgerichtes dann richtig, wenn der Beklagte die Vorhausung, dem Kläger aber die Anerbenqualität eingeräumt gewesen wäre. Das Berufungsgericht ging vielmehr davon aus, daß die Beklagte Eigentümerin der Liegenschaft geworden sei, allerdings mit der Beschränkung, die Liegenschaft zu einem bestimmten Zeitpunkte dem Kläger zu übergeben. Sie habe aber dann dem Kläger nicht eine fremde, sondern ihre eigene Liegenschaft zu übergeben. Demzufolge erachtete das Berufungsgericht, daß die Frage geprüft werden müsse, ob der Kläger einen Übernahmspreis zu bezahlen habe oder, weil es allenfalls der Verkehrssitte bei der Übergabe von Kärntner Liegenschaften entspräche, bloß ein Ausgedinge zu leisten zu habe, wobei zu beachten sei, daß dieses Ausgedinge nach dem derzeitigen Gatten der Beklagten zu gewähren sei. Das Berufungsgericht meint, es müsse der im Erbübereinkommen fehlende Wille der Vertragsparteien nunmehr suppliert werden (§ 915 ABGB.). Dies könne dadurch geschehen, daß sich vorher ein geeigneter Sachverständiger, etwa ein im Kärntner Liegenschaftsverkehre erfahrener Notar gutächtlich darüber äußere, ob es üblich sei, einen Übernahmspreis zu bestimmen, der zur Sicherstellung des Ausgedinges und zur Entfertigung der Erbansprüche, u. zw. nicht nur des Bruders des Klägers, sondern auch seiner Halbgeschwister verwendet werden soll, oder aber, ob ein Ausgedinge für die Beklagte und ihren Gatten hinreichend sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der Beklagten Folge und trug dem Berufungsgerichte die Sachentscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:

In sachlicher Beziehung ist der Rekurs gegen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes berechtigt, wenn auch den Rekursausführungen nicht vollinhaltlich beigetreten werden kann.

Richtig ist die Ansicht der Rekurswerberin, daß die Beklagte auf Grund des Erbübereinkommens Anerbin nach Kärntner Höferecht und somit Alleineigentümerin der Nachlaßliegenschaft geworden ist, mag auch dieses Eigentum durch das erwähnte Erbübereinkommen zeitlich beschränkt sein. Die Tatsache aber, daß die Beklagte Alleineigentümerin der Liegenschaft geworden ist, bleibt ebenso beachtlich wie der Umstand, daß sie nicht "Vorhauserin", also nicht Fruchtnießerin geworden ist, so daß das Recht des Klägers, nach Erreichung seines 30. Lebensjahres, die Liegenschaft von der Beklagten herauszuverlangen, ihm nicht die Stellung eines Nacherben gegenüber der Beklagten als Vorerbin, wie dies auf Grund einer fideikommissarischen Substitution angenommen werden müßte, verschafft hat. Die Untergerichte und die Parteien sind sich darüber einig, daß die jetzt zwischen den Parteien bestehenden Differenzen in der Frage, ob der Kläger die Liegenschaft von der Beklagten ohne Leistung eines Entgeltes oder nur gegen Entgelt verlangen kann, dadurch geschaffen wurde, daß es aus Anlaß des Erbübereinkommens aus irgendwelchen nicht mehr festzustellenden Gründen unterblieben ist, diesen grundlegenden Punkt zu klären.

Könnte die Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger als eine rein obligatorische angesehen werden, wonach die Beklagte gemäß der Vereinbarung verpflichtet wäre, dem Kläger in einem bestimmten Zeitpunkte die Liegenschaft zu übergeben, so könnte dem Gedanken näher getreten werden, daß die Beklagte als Gegenleistung auch nur ein Ausgedinge hinnehmen müßte, wie dies sonst bei Hofübergaben üblich ist. Der Oberste Gerichtshof geht aber von der durch das Erbübereinkommen geschaffenen resolutiv bedingten Eigentumsbeschränkung der Beklagten aus, so daß als Gegenleistung nicht die Gewährung eines Auszuges in Frage kommt.

Deshalb kann auch der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß unter Umständen auf Grund einer in Kärnten bestehenden Verkehrsübung die Entfertigung der beklagten Partei durch bloße Einräumung eines Auszugsrechtes, allenfalls auch für ihren Ehegatten, stattfinden könne, nicht beigetreten werden, weil hiebei übersehen würde, daß die Beklagte zu einem Viertel Eigentümerin des Nachlasses nach ihrem ersten Gatten geworden ist. An dieser Tatsache kann nicht vorbeigegangen werden, weil der Beklagten ihre Erbportion verbleiben muß. Es kann daher die Beklagte auch nicht gegen Gewährung eines Ausgedinges zur Rückgabe der Liegenschaft an den Kläger verurteilt werden, weil hiemit ihr Erbteil unberücksichtigt bliebe. Schon aus diesem Gründe gebührt der Beklagten ein vom Kläger zu leistendes Entgelt. Deshalb scheidet grundsätzlich die vom Berufungsgericht als beachtlich angesehene, etwa bestehende Verkehrssitte bei der Übergabe eines Kärntner Hofes unter Lebenden aus. Der Beklagten steht ihr Erbteil am ganzen Nachlaß zu, mag auch die Liegenschaft den Großteil der gesamten Verlassenschaft darstellen. Ferner ist es wesentlich, daß die Beklagte die Alleineigentümerin der Liegenschaft ist und nicht die Fruchtnießerin, woraus folgt, daß sie auch jetzt nicht als Fruchtnießerin behandelt werden kann. Es ist daher richtig, wie das Urteil des Berufungsgerichtes ausführt, daß die Beklagte ihre Liegenschaft dem Kläger zu übertragen hat. Sie hat diese Liegenschaft auch jetzt noch zu übertragen, obwohl seit dem Eintritt der Anspruchsberechtigung des Klägers (27. November 1951) schon mehrere Jahre verflossen sind. Diesbezüglich ist den Untergerichten beizupflichten, wenn sie in der erwähnten Bestimmung des Erbübereinkommens keinen Vorvertrag nach § 936 ABGB. erblickt haben.

Als Fruchtnießerin hätte sie Anspruch darauf, daß ihr die Aufwendungen im Sinne des § 513 ABGB. als einer Geschäftsführerin ohne Auftrag ersetzt werden. Im konkreten Falle bekommt sie aber nicht die Aufwendungen als solche ersetzt, vielmehr sind diese bereits im Werte der mit Erreichung des 30. Lebensjahres des Klägers (27. November 1951) zu übergebenden Liegenschaft enthalten. Der Wert der Liegenschaft ist daher auf den genannten Fälligkeitstag abzustellen. Was den zu errechnenden Wert der Liegenschaft im Hinblick auf die Stellung der Beklagten als Erbin zu einem Viertel anlangt, wird zu beachten sein, daß der leitende Gedanke bei dieser Wertermittlung dahin gehen muß, daß der Kläger im Sinne des Kärntner HöfeG. "wohl bestehen kann". Der Oberste Gerichtshof vertritt die Ansicht, daß dieser Grundsatz, wie überhaupt die Rechtsbegriffe des Kärntner Erbhofgesetzes, auch dann Anwendung zu finden haben, wenn es sich - wie im vorliegenden Falle - um eine Übertragung eines Kärntner Erbhofes unter Lebenden handelt. Das Recht des Klägers (Erben) knüpft also, wenn es auch vorübergehend aufgeschoben war, unmittelbar an das Recht seines Vaters (Erblassers) an, wie dies der Oberste Gerichtshof in einem ähnlichen Falle zu 1 Ob 127/52 ausgesprochen hat. Die Auslegung des Kärntner Erbhofrechtes hat so vor sich zu gehen, daß das Resultat erbhofgünstig ist und nicht umgekehrt (Schellander, JBl. 1953 S. 372 ff.). Den gleichen Gedanken vertritt auch die Entscheidung SZ. XXIII/164, S. 377, mittlerer Absatz. Ob überhaupt das Kärntner HöfeG. Anwendung zu finden hat, dafür ist (neben dem Willen des Erblassers) auch der Wille der Erbinteressenten maßgebend (Schellander, a. a. O. S. 373.). Daß im vorliegenden Falle Kärntner Erbhofrecht Anwendung finden sollte und daher auch jetzt noch Anwendung zu finden hat, darüber kann nach der Sachlage kein Zweifel bestehen. Zur Frage der Bewertung der Liegenschaft, damit der Übernehmer "wohl bestehen könne", wird auf die Ausführungen von Roth, NotZ. 1949, Heft 9-11, verwiesen. Es darf daher vom Kläger nur der Betrag verlangt werden, der es ihm nach dem Kärntner Höferecht ermöglicht, auch in den Besitz der Liegenschaft zu gelangen, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Kläger schon mit dem Tode seines Vaters gemäß § 7 Kärntner HöfeG. zum Übernehmer und Anerben bestimmt gewesen wäre und daß diesem Umstande im Erbübereinkommen wenigstens insofern Rechnung getragen wurde, als er mit Erreichung des 30. Lebensjahres Eigentümer der Liegenschaft werden sollte. Es ist daher die Ansicht der Beklagten nicht vertretbar, daß ihr der Kläger mindestens 150.000 S zahlen oder eine Liegenschaft gleicher Größe und Güte zur Verfügung stellen müsse, damit er Liegenschaftseigentümer werden könne. Er hatte bisher keine Möglichkeit, Mittel für die Liegenschaft zu erwerben, da er nach dem Willen der Beklagten und schließlich auch im Hinblick darauf, daß er einmal Alleineigentümer der Liegenschaft sein sollte, auf der väterlichen Liegenschaft als Knecht ohne jeden Lohn und nur gegen Verpflegung und ein Taschengeld verblieben ist. Die Zeit seiner Wehrmachtsdienstleistung kann an dieser Stellung nichts ändern.

Ferner wird bei der einmal vorzunehmenden Wertermittlung nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, daß der Beklagten während der ganzen Zeit ihrer Wirtschaftsführung allein die Erträgnisse der Liegenschaft - u. zw. bis 27. November 1951 rechtmäßig - zugekommen sind, wozu kommt, daß die Beklagte aus Anlaß der Übernahme nichts bezahlte, sondern der "Übernahmswert" nur in der Höhe von 40 Millionen Kronen im "Erbübereinkommen" zu Papier gebracht wurde, ähnlich wie der Erbteil des Klägers in der Höhe von 15 Millionen Kronen von der Beklagten nicht ausgezahlt wurde, sondern nur als Hypothekarforderung aufrecht ist. Über die Funktion dieser Hypothekarforderung als eines Vermögensbestandteiles des Klägers und seine Verpflichtung, daraus seinen Unterhalt selbst zu bestreiten, wird erst im Rechtsstreite über die Herausgabe der Liegenschaft und der damit zwangsläufig verbundenen Vermögensauseinandersetzung der Streitteile - bei Beachtung der bücherlichen Lasten einschließlich der Rechte des Bruders (Geldforderung und Heimgehrecht) - zu entscheiden sein. Alle diese Fragen aber, die der Berechnung des Betrages dienen, den der Kläger an die Beklagte zu zahlen haben wird, sind nicht mehr in diesem Rechtsstreite zu entscheiden; sie mußten hier nur deshalb erörtert werden, um die grundsätzliche Frage klarzustellen, ob der Kläger ein Entgelt zu leisten hat, das allenfalls auch in der Form des vom Kläger im Klagebegehren ausgemessenen Ausgedinges bestehen kann.

Nach den bisherigen Ausführungen ist die Leistung eines Ausgedinges abzulehnen. Ein Auszugsrecht, so günstig es für das weitere Bestehen des Klägers wäre, kommt auch deshalb nicht in Frage, weil es dem Kärntner Erbhöferecht grundsätzlich fremd ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Grund hiefür darin gelegen ist, daß der Anerbe immer Alleineigentümer des Hofes wird, u. zw. nach dem Tode des Bauern als des früheren Hofeigentümers, während im vorliegenden Falle eine Liegenschaftsübergabe unter Lebenden stattzufinden hat - um den Hof wieder in die Rechtssphäre und insbesondere in die Erbfolge zurückzuführen, wie dies im Erbübereinkommen vorgesehen war. Das Höferecht beschränkt die Verfügungen unter Lebenden nicht (1 Ob 931/52.). Da aber die ursprünglichen zwei Klagebegehren dahin erledigt wurden, daß das Begehren auf Übergabe der Liegenschaft (ohne Gegenleistung) rechtskräftig abgewiesen und das (Eventual-) Begehren auf Übergabe gegen Leistung eines genau bestimmten Ausgedinges aufrechtgeblieben ist, der Oberste Gerichtshof dieses Begehren aber ablehnt, kann die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles und die Zurückverweisung an die erste Instanz nicht mehr aufrechtbleiben. Das Berufungsgericht konnte nur insolange im Eventualbegehren kein Hindernis gegenüber dem Tenor seines Aufhebungsbeschlusses erblicken, als es - ausgehend von einer allfällig bestehenden, aber erst festzustellenden Verkehrssitte - der Meinung war, daß gerade im konkreten Falle die Leistung eines Ausgedinges noch hinreichend sei zur Herausgabe der Liegenschaft. Da aber ein Ausgedinge nicht die Entschädigung für die der Beklagten zustehende Erbportion darstellt, so erweist sich das in der Rechtssache noch zur Entscheidung stehende Klagebegehren als verfehlt, die Rechtssache aber deshalb auch schon als spruchreif, weshalb der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zu beseitigen und dem Berufungsgericht unter Bindung an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes die Sachentscheidung aufzutragen war.

Wohl geht die ständige Rechtsprechung dahin, daß eine Klage, in der vom Beklagten eine unbedingte Leistung verlangt wird, deshalb nicht abgewiesen werden dürfe, weil sich im Verfahren herausstellt, daß die Leistung des Beklagten nur gegen eine Gegenleistung des Klägers zulässig sei. Auf den vorliegenden Fall angewendet, stunde somit die Frage zur Erörterung, ob die Beklagte verurteilt werden könnte, Zug um Zug gegen Leistung eines Entgeltes die Liegenschaft herauszugeben, obwohl das Klagebegehren als Gegenleistung die Gewährung eines Auszuges vorsieht. Gerade dadurch aber, daß der Kläger die Abweisung seines - Hauptbegehrens auf Herausgabe der Liegenschaft (ohne Gegenleistung) in Rechtskraft erwachsen ließ, steht nunmehr das bestimmte Begehren auf Herausgabe der Liegenschaft gegen Leistung eines genau umschriebenen Ausgedinges zur Entscheidung. Da jedoch nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofes im vorliegenden Falle die Leistung eines Ausgedinges nicht begehrt werden kann, ist es dem Berufungsgericht verwehrt, bei seiner Sachentscheidung an Stelle des Ausgedinges einen Geldbetrag zu setzen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Einwendung an sich, der Beklagte habe nur Zug um Zug zu leisten, zur Verurteilung mit der Einschränkung führt, daß die Beklagte nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Geldbetrages zu erfüllen hat (SZ. XXI/145 u. a. m., zuletzt 3 Ob 91/54). Wenn es um einen gerichtlich zu bestimmenden Übernahmswert geht, schadet es nicht, wenn die Gegenleistung vom Kläger noch nicht ziffernmäßig präzisiert ist. Dem Beklagten obliegt - die ziffernmäßige Bezeichnung der Gegenleistung, wenn er die vom Kläger zugegebene nicht gelten lassen will (1 Ob 931/52). Verfehlt jedoch ist die Meinung, es stehe in einem solchen Falle dem Beklagten ein Retentionsrecht gemäß § 471 ABGB. insolange gegenüber dem Kläger zu, als dieser nicht seine Leistung erbracht habe. Die Zug-um-Zug-Leistung nach § 1052 ABGB. hat mit dem aus dem Sachenrecht kommenden Retentionsrechte, das auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt und nur unter bestimmten sachlichen Voraussetzungen besteht, nichts zu tun.

Anmerkung

Z27124

Schlagworte

Abhandlung, Kärntner Höferecht, Ausgedinge Übergabe gegen -, Höferecht, Übergabe, Klagebegehren Zug um Zug, Übergabe eines Bauernhofes Zug um Zug, Übergabe Kärntner Höferecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00183.54.0506.000

Dokumentnummer

JJT_19540506_OGH0002_0010OB00183_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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