TE OGH 1954/5/20 2Ob356/54

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Veröffentlicht am 20.05.1954
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Norm

ABGB §356
ABGB §364
ABGB §1096

Kopf

SZ 27/143

Spruch

Der Benützungsberechtigte an einer Grabstelle kann vom Friedhofseigentümer mit Klage im Sinne des § 1096 ABGB. die Vornahme der zur widmungsgemäßen Verwendung der Grabstelle notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen begehren.

Entscheidung vom 20. Mai 1954, 2 Ob 356/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger behauptet, daß auf die ihm überlassene Grabstelle im O. Friedhof wiederholt Wassermassen geraten seien und dort empfindlichen Schaden angerichtet hätten. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, daß in der Nähe aufgebrochene Quellen nicht fachgemäß eingefaßt und in das bestehende Kanalsystem abgeleitet wurden. Er stellte daher in der Klage das Begehren auf Verurteilung der beklagten Partei, zum Zwecke der Trockenlegung bzw. Trockenerhaltung der auf dieser Grabstelle befindlichen Gruft alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, insbesondere die in nächster Nähe aufgebrochenen Quellen zu fassen und das Quellwasser in die Kanalisierungsanlagen abzuleiten. In der mündlichen Streitverhandlung am 16. Dezember 1953 stellte er das weitere (Eventual-) Begehren, die beklagte Partei auch zum Ersatz des ihm durch jahrelange Nichtbehebung eines Rohrbruches erwachsenen Schadens infolge des in die Gruft einfließenden Wassers in der Höhe von 35.000 S zu verhalten. Die beklagte Partei wendet ein, daß kein Quellwasser auf die Grabstelle fließe, auch das Grundwasser das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschreite und schließlich auch der Rohrbruch und eine weitere Kanalverstopfung rechtzeitig behoben wurden, sodaß daraus ein Schaden nicht entstanden ist; sie beantragte, beide Begehren des Klägers abzuweisen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, gab aber dem Eventualbegehren teilweise statt und verpflichtete die beklagte Partei zum Ersatz des aus der Nichtbehebung des Rohrbruches entstandenen Schadens in der Höhe von insgesamt 5396 S. Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Hauptbegehrens und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, den Betrag von 10.000 S übersteigt; im übrigen behob es das insoweit von beiden Streitteilen angefochtene Urteil und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und neuerliche Entscheidung auf.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei gegen den bestätigenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die rechtliche Beurteilung des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhaltes ist frei von Irrtum. Es ist davon auszugehen, daß die beiden Streitteile einander als Vertragspartner gegenüberstehen. Die beklagte Partei hat dem Vater des- Klägers die Grabstelle, auf der dann die Gruft errichtet wurde, zur Benützung überlassen. Nach dem Tode des Vaters ist der Kläger in dieses einem Bestandverhältnis sehr ähnliche Vertragsverhältnis eingetreten und hat daher die damit verbundenen Rechte und Pflichten übernommen. Es war daher durchaus richtig, wenn die Untergerichte geprüft haben, ob sich aus dem zwischen den Streitteilen bestehenden Vertragsverhältnis eine Verpflichtung, wie sie der Kläger in der Klage verlangt, ergibt. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß eine solche Verpflichtung vom Kläger weder in der Klage behauptet wurde, noch durch seine Vernehmung als Partei erwiesen werden konnte. Es hat auch richtig darauf verwiesen, daß mit der Berufung auf die Begräbnis- und Gräberordnung für die Friedhöfe der Stadt Wien für den Kläger nichts gewonnen ist, weil diese eine solche Verpflichtung der beklagten Partei nicht enthält. Wenn der Kläger nun in der Revision meint, die behauptete Verpflichtung lasse sich aus dem ihm eingeräumten dinglichen Nutzungsrechte an der Grabstelle ableiten, weil der belastete Eigentümer verpflichtet sei, alle Störungen der Benützbarkeit der Gruft, insbesondere insoweit sie in seine Ingerenz fallen, hintanzuhalten, so kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Der Umstand, daß die Rechtsprechung die Abwehrklage des § 364 Abs. 2 ABGB. nicht nur dem Eigentümer des beeinträchtigten Grundstückes, sondern analog auch dem Dienstbarkeitsberechtigten, insbesondere dem Fruchtnießer und dem Bauberechtigten, einräumt, darf nicht zu dem Schlusse verleiten, daß auch derjenige, der das Benützungsrecht an einer Grabstelle erworben hat, wie der Eigentümer eines Grundstückes auf den Schutz nach dieser Gesetzesstelle Anspruch erheben könne. Die Analogie ist schon aus der Erwägung heraus abzulehnen, daß § 346 Abs. 2 ABGB. nur dem Eigentümer eines Grundstückes ein Abwehrrecht gewährt und nicht jedem Eigentümer eines dinglichen Rechtes schlechthin, und daß selbst dann, wenn man das Benützungsrecht einem dinglichen Recht gleichstellen wollte, § 364 Abs. 2 ABGB. nicht anwendbar wäre, weil das gegenständliche Benützungsrecht gemäß § 298 ABGB. den beweglichen Sachen zuzurechnen ist. Aber selbst wenn man dem Kläger das Abwehrrecht einräumen oder ein Klagerecht aus § 1096 ABGB. in analoger Anwendung geben sollte, wäre für seinen Standpunkt nichts gewonnen, weil die Untergerichte gestützt auf das Sachverständigengutachten eine Feststellung, daß in der Nähe der Grabstelle eine Quelle ausgetreten sei und die Gruft mit Wasser fülle, nicht getroffen haben und auch für die Annahme, daß Grundwasser in einem nach den örtlichen Verhältnissen ungewöhnlichen Maße auftrete, im Beweisverfahren sichere Anhaltspunkte nicht hervorgekommen sind. Das Begehren auf Vornahme von Sicherungsmaßnahmen wurde von den Untergerichten mit Recht abgelehnt.

Aus diesen Gründen mußte der Revision ein Erfolg versagt werden, ohne daß es erforderlich war, auf ihre weiteren Ausführungen einzugehen, denen übrigens, soweit sie sich mit den Gründen des Aufhebungsbeschlusses befassen, die Bestimmung des § 519 Z. 3 ZPO. (mangelnder Rechtskraftvorbehalt) entgegensteht.

Anmerkung

Z27143

Schlagworte

Benützungsrecht, Grabstelle, Friedhof Instandhaltung der Grabstelle, Grabstelle, Instandhaltung, Instandhaltung der Grabstelle

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB00356.54.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19540520_OGH0002_0020OB00356_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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