TE OGH 1954/5/26 3Ob210/54

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Veröffentlicht am 26.05.1954
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Norm

ABGB §447
ABGB §448
ABGB §449
Grundbuchsgesetz §14

Kopf

SZ 27/155

Spruch

Die Verpfändung einer Sache für künftige Forderungen genügt nur dann, wenn wenigstens die Personen bezeichnet sind, zwischen denen die Forderung entstehen soll, und der Rechtsgrund, auf dem die zu sichernde künftige Forderung beruht. Durch die Eskomptierung des Wechsels gewährt die Bank dem Akzeptanten überhaupt keinen Kredit, es sei denn, daß sie sich ihm gegenüber zur Eskomptierung der von ihm akzeptierten Wechsel verpflichtet hat.

Entscheidung vom 26. Mai 1954, 3 Ob 210/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Der Beklagte hat der Klägerin, einem Bankinstitut, für einen gewährten Bankkredit eine Anzahl von Maschinen verpfändet dadurch, daß auf den Maschinen eine Tafel angebracht wurde, woraus das Pfandrecht der Bank ersichtlich war. Dieser Kredit haftete am 25. März 1953 mit 19.948.80 S unberichtigt aus. Am 9. Feber 1953 hat die Klägerin zwei Akzepte des Beklagten über 18.000 S und 18.130.38 S, fällig am 26. April und 9. Mai 1953 eskomptiert. Nach Fälligkeit der Wechsel wurde das Kreditkonto des Beklagten mit den genannten Wechselsummen belastet. Über den Beklagten wurde am 27. März 1953 das Ausgleichsverfahren eröffnet und hiebei das Absonderungsrecht der Klägerin bestritten.

Die Klägerin behauptet, daß auf Grund der allgemeinen Geschäftsbedingungen die für das vertragsmäßige Kreditverhältnis eingeräumten Sicherheiten auch für die Wechselforderungen zu haften haben und begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Befriedigung ihrer Forderungen in der Höhe von 37.050 S samt 11 1/2% Zinsen seit 1. Juli 1953 durch Exekutionsführung auf die der Klägerin verpfändeten und näher bezeichneten Maschinen zu gestatten.

Das Erstgericht gab diesem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Gemäß Punkt 19 Abs. 4 der allgemeinen Geschäftsbedingungen haften die verpfändeten Werte auch dann für sämtliche Forderungen, wenn sie der Bank als Sicherheit nur für eine besondere Forderung gegeben worden sind. Ein Unterschied, auf welche Art diese anderen Forderungen entstanden sind, für welche die Sachhaftung ursprünglich nicht ausdrücklich vereinbart worden ist, werde hiebei nicht gemacht. Es sei daher gleichgültig, ob diese anderen Forderungen der Bank im Rahmen des bestehenden Kreditverhältnisses, weiterer besonderer Auftragserteilungen des Beklagten oder dadurch entstanden sind, daß die Bank Forderungen dritter Personen gegen den Beklagten an sich gelöst hat und erst dadurch Gläubiger des Beklagten geworden ist. Zur Begründung des Pfandrechtes genüge auch die Bezeichnung "sämtliche Forderungen", selbst wenn sie noch nicht näher bestimmt sind, sofern es sich nur um solche zwischen der Bank und dem Kunden, hier also zwischen den beiden Streitteilen, handle. Dem Grundsatz der Spezialität sei hiedurch genügend Rechnung getragen. Die Wechselforderung sei am 9. Feber 1953 noch nicht fällig gewesen, doch seien sie der Bank dem Beklagten gegenüber als Akzeptanten zugestanden. Das Pfand hafte daher auch für diese Forderungen, zumal ein ausdrücklicher Ausschluß solcher Forderung nicht vereinbart worden sei. Auf die internen Buchungen komme es nicht an.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge, hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und wies die Rechtssache an dieses zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Streitentscheidend ist die zwischen den Parteien strittige Frage, ob die Bestimmung des Punktes 19 Abs. 4 der Bankenbedingungen, daß die für einen Geschäftskredit gegebenen Pfänder auch für alle anderen Forderungen der klagenden Bank haften, gültig sind.

Punkt 19 der heute geltenden Bankbedingungen ist gleichlautend mit den während der deutschen Okkupationszeit in Österreich eingeführten deutschen Bankenbedingungen. Nach deutschem Recht obliegt die Wirksamkeit der oben zitierten Bestimmung keinem Zweifel, weil es seit der Entscheidung des deutschen Reichsgerichtes vom 2. Dezember 1911, RG. 78, 27, im Gebiet des deutschen Rechtes unbestritten ist, daß Verpfändungen von Sachen und Rechten auch für künftige Forderungen jeder Art zulässig seien. Das wird aus der Tatsache erschlossen, daß § 1204 Abs. 2 BGB. die Verpfändung künftiger Rechte zuläßt, ohne daß im Gesetz eine Einschränkung enthalten ist.

Abweichend vom deutschen Recht genügt dagegen die Verpfändung einer Sache für künftige Forderungen in Österreich nach der Lehre und Rechtsprechung nur dann, wenn wenigstens die Personen bezeichnet sind, zwischen denen die Forderung entstehen soll und der Rechtsgrund, auf dem die zu sichernde künftige Forderung beruht (Ohmeyer, Verfügung über künftige Rechte 96 ff., 170 ff.; Klang, 2. Aufl., zu § 449 S. 417 ff.; OGH. GlUNF. 3260; OG. Brünn 16. Dezember 1932, Slg. OG. 12195).

An dieser Auffassung hält der Oberste Gerichtshof auch diesmal fest. Das österreichische Pfandrecht beruht seit dem 18. Jahrhundert auf dem Grundsatz der Spezialität. Dieser Grundsatz besagt zweierlei. Es kann nur eine bestimmte Sache zum Pfand bestellt werden, nicht alle Sachen (Forderungen), die in Zukunft zum Vermögen des Pfandbestellers gehören werden (Plenarbeschluß SZ. XI/15); anderseits kann nicht einem bestimmten Gläubiger dadurch eine bevorzugte Stellung eingeräumt werden, daß allen seinen Forderungen eine Befriedigungsmöglichkeit vor den anderen Gläubigern zugestanden wird. Es würde sonst, wie der zitierte Plenarbeschluß hervorgehoben hat, einzelnen Großgläubigern, insbesondere Banken, ein solches Übergewicht geschaffen, daß für die einfachen chirographischen Gläubiger, die sich so weitgehende Sicherungen nicht ausbedingen können, überhaupt keine Verteilungsmasse übrig bliebe.

Derselbe Gedanke kommt auch im § 14 GBG. zum Ausdruck, der nach herrschender Rechtsprechung dahin auszulegen ist, daß nur für bestimmte Arten von Forderungen eine Höchstbetragshypothek eingetragen werden darf. Wenn auch § 14 GBG. nicht unverändert auf das Mobiliarpfandrecht analog erstreckt werden kann, so ist doch dieser Gesetzesstelle zumindest soviel zu entnehmen, daß gemäß dem unser Recht beherrschenden Grundsatz der Spezialität, ein Pfand für künftige Forderungen nur dann bestellt werden kann, wenn sie auf einer am Vertrag bestimmt bezeichneten Rechtsgrundlage beruhen.

Eine solche Rechtsgrundlage bildet zweifellos ein für künftige Rechte eingeräumter Kredit (OG. Brünn, Slg. OG. 12195), weil die einzelnen Posten eines Kreditverhältnisses nicht als ebenso viele selbständige Forderungen der kreditierenden Bank in Betracht kämen, sondern auf einem einheitlichen Rechtsgrund, dem Krediteröffnungsvertrag, beruhen; es liegt hier ein ähnliches Verhältnis wie beim Kontokorrent vor, wo die einzelnen Posten (Kreditierungen und Debitierung) trotz Beibehaltung ihrer besonderen rechtlichen Natur immer nur Rechnungsposten eines Gesamtverhältnisses bilden.

Die Entscheidung hängt daher davon ab, ob die im Eskomptweg hereingenommenen Wechsel unter das Kreditverhältnis fallen, für das die Maschinen verpfändet wurden. Das ist aber zu verneinen. Der Eskompteur, der einen Wechsel hereinnimmt, kreditiert nicht dem Akzeptanten, mit dem er beim Eskomptgeschäft überhaupt in keine Beziehung tritt, sondern dessen Indossanten, dem er die Wechselsumme, obwohl sie noch nicht fällig ist, gegen Abzug der Eskomptzinsen vorschießt. Daran wird auch dann nichts geändert, wenn er den Wechsel nur deshalb eskomptiert, weil der Eskompteur mit dem Akzeptanten in Geschäftsverbindung steht. Das ist nur der wirtschaftliche Grund, warum er sich auf das Geschäft einläßt. Die Bank kreditiert in diesem Fall ebensowenig dem Akzeptanten wie sie einem sonst auf dem Wechsel Unterfertigten kreditiert, wenn auch seine Mithaftung die Bank zum Eskompt veranlaßt hat.

Die Hereinnahme der Wechsel fällt auch dann nicht unter den dem Akzeptanten eröffneten Kredit, wenn der Annehmer dem um den Eskomptkredit ansuchenden Indossanten, die Eskomptzinsen ersetzt; damit wird nur der Indossant so gestellt, als ob er statt des Wechsels Barzahlung erhalten hätte. Dieses Internum berührt aber das Rechtsverhältnis zur Bank nicht, auch wenn sie Kenntnis davon hat, daß der Akzeptant die Eskomptzinsen zu ersetzen hat.

Durch die Eskomptierung des Wechsels gewährt die Bank dem Akzeptanten überhaupt keinen Kredit, es sei denn, daß sie sich ihm gegenüber zur Eskomptierung der von ihm akzeptierten Wechsel verpflichtet hat, was gar nicht behauptet wird. Die Wechselforderung, die sie durch Eskomptierung des Wechsels gegen den Akzeptanten erwirbt, fällt deshalb auch nicht unter den dem Akzeptanten von der Bank gewährten Geschäftskredit und das gegebene Pfand deckt infolgedessen auch nicht die Wechselforderung.

Es mußte deshalb der Revision Folge gegeben werden; eine Entscheidung in der Hauptsache konnte nicht gefällt werden, da die Sache von der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes aus nicht spruchreif ist.

Anmerkung

Z27155

Schlagworte

Akzeptant Wechseleskomptierung, Bank Wechseleskomptierung, Eskomptierung eines Wechsels, Forderung künftige -, Verpfändung, Kredit, Wechseleskomptierung, Künftige Forderung, Verpfändung, Verpfändung einer künftigen Forderung, Wechsel Eskomptierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00210.54.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19540526_OGH0002_0030OB00210_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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