TE OGH 1954/6/30 3Ob432/54

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Veröffentlicht am 30.06.1954
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Norm

ABGB §883
ABGB §918

Kopf

SZ 27/192

Spruch

Wenn ein Vertragsteil sich vorbehält, daß ein bindender Vertrag nur zustandekommen solle, wenn er eine Erklärung in bestimmter Form abgibt und der andere Teil dem zustimmt, dann kann weder der eine noch der andere Teil vor Erfüllung des Formerfordernisses Vertragserfüllung verlangen, es sei denn, daß einverständlich von der vereinbarten Form abgegegangen wird.

Entscheidung vom 30. Juni 1954, 3 Ob 432/54.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht hat das Begehren des Klägers auf Bezahlung von 36.900 S Zug um Zug gegen Übergabe eines Personenkraftwagens Citroen 2 CV - A, grau, fünffach bereift mit Fabriksausrüstung, kostenpflichtig abgewiesen. Es hat als erwiesen angenommen, daß ein Kaufvertrag über einen Kraftwagen der vorbezeichneten Art deshalb nicht zustandegekommen sei, weil die klagende Partei den ihr von der beklagten Partei gestellten Kaufantrag nicht, wie dies in den aufgedruckten Lieferbedingungen für die Kraftfahrzeugindustrie vom 1. Mai 1949 vorgesehen ist, durch firmenmäßige Zeichnung akzeptiert habe.

Das Berufungsgericht hat das Urteil des Erstgerichtes aus dessen Gründen bestätigt und in den Gründen noch beigefügt, daß die klagende Partei, selbst wenn ein Kaufvertrag zustandegekommen wäre, dessen Erfüllung nicht begehren könne, weil eine Bedingung des Kaufantrages vom 5. September 1953, nämlich die Bewilligung eines Autokredites für die Beklagte, noch nicht eingetreten sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Hinweis auf § 54 HGB., auf den äußeren Tatbestand und auf die Grundsätze von Treu und Glauben vermag die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen in keiner Weise zu entkräften.

Für die Verbindlichkeit der Zeichnung eines Handlungsbevollmächtigten genügt allerdings der unzweideutig ersichtliche Wille, für den Geschäftsherrn zu zeichnen. Daraus folgt aber nur, daß die Vereinbarung, dem Angebot und Geschäftsabschluß die Liefer- und Verkaufsbedingungen für die Kraftfahrbedingungen zugrunde zu legen, von dem Vertreter der klagenden Partei wirksam namens der klagenden Partei als des Käufers erklärt werden konnte.

Die Vorinstanzen haben aber das Klagebegehren nicht wegen des Mangels einer Vollmacht des Vertreters Herbert D. abgewiesen, sondern auf Grund der Erwägung, daß zwischen dem Vertreter des Klägers und der beklagten Partei vereinbart worden sei, der Vertrag solle nur bei Annahme des Kaufoffertes in bestimmter Form (schriftliche firmenmäßige Zeichnung) zustandekommen. Der Vertreter der klagenden Partei hätte, wenn er Handlungsvollmacht gehabt hätte, firmenmäßig zeichnen können. Er hat dies aber nicht getan. Ebensowenig hat die klagende Partei oder ein von ihr bestellter Prokurist die Annahme in der vereinbarten Form innerhalb der Frist, während der die beklagte Partei an den Antrag gebunden war, erklärt.

Ein Kaufvertrag ist darum nicht zustande gekommen und entbehrt darum das Erfüllungsbegehren der klagenden Partei einer Grundlage. Wenn die klagende Partei die Frage aufwirft, wie denn die Sache zu beurteilen wäre, wenn die beklagte Partei Erfüllung begehrte und die klagende Partei dies ablehnte, so ist darauf zu erwidern - ebenso. Wenn ein Vertragsteil sich vorbehält, daß ein bindender Vertrag nur zustandekommen solle, wenn er eine Erklärung in bestimmter Form abgibt und der andere Teil dem zustimmt, dann kann weder der eine noch der andere Teil vor Erfüllung des Formerfordernisses Vertragserfüllung verlangen, es sei denn, daß einverständlich von der vereinbarten Form abgegangen wird.

Die Annahme der Revision, daß die beklagte Partei durch unbeanstandeten Empfang der mit der bloßen Namensunterschrift des Vertreters D. versehene Gleichschrift des Offertes von der die firmenmäßige Bestätigung des Kaufantrages betreffenden Klausel der Lieferungsbedingungen wieder abgegangen sei, scheitert, ganz abgesehen davon, daß diese Annahme nicht schlüssig ist, auch daran, daß bei Vereinbarung einer bestimmten Form für die Annahme einer Offerte auf eine formwidrige Annahmeerklärung, ohne daß daraus Rechtsfolgen abgeleitet werden könnten, nicht geantwortet werden muß.

In Anbetracht dieser Rechtslage brauchte auf die weitere Frage, ob dem Erfüllungsbegehren bei angenommener Wirksamkeit des Vertrages der Umstand entgegengestanden wäre, daß die beklagte Partei selbst noch keinen Autokredit erlangt hat, nicht eingegangen zu werden.

Anmerkung

Z27192

Schlagworte

Erfüllung Vertragsabschluß in gerichtlicher Form, Form, gewillkürte - des Vertrages, Vertrag Formerfordernis, Vertragsabschluß, Formvorbehalt, Vertragserfüllung, Formvorbehalt, Willenserklärung, gewillkürte Form

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00432.54.0630.000

Dokumentnummer

JJT_19540630_OGH0002_0030OB00432_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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