TE OGH 1954/12/22 1Ob956/54

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Veröffentlicht am 22.12.1954
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Norm

ABGB §184
Außerstreitgesetz §9

Kopf

SZ 27/327

Spruch

Kein Rekursrecht der Personen, die mangels eines Adoptivkindes als gesetzliche Erben nach der Wahlmutter in Betracht kommen, gegen den Beschluß auf Bestätigung des Adoptionsvertrages.

Entscheidung vom 22. Dezember 1954, 1 Ob 956/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Feldkirchen; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Katharina B. und Max Bu. schlossen am 12. Juni 1954 einen Adoptionsvertrag, nach dem Katharina B. Max Bu. an Kindesstatt annahm. Beide legten den Vertrag dem Erstgericht zur Bestätigung vor. Dieses sprach mit seinem Beschluß vom 14. Oktober 1954, ONr. 5 aus, daß der Adoptionsvertrag derzeit nicht bestätigt und die weitere Beschlußfassung vorbehalten werde. Solange das gegen das Wahlkind eingeleitete Strafverfahren 20 Vr 1381/54 des Landesgerichtes K. nicht beendet sei, könne nicht gesagt werden, ob gegen den Adoptionsvertrag Bedenken obwalteten.

Infolge Rekurses des Wahlkindes und der Wahlmutter hob das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht auf, über den Antrag, den Adoptionsvertrag zu bestätigen, endgültig zu entscheiden. Es sei nicht zulässig, die Bestätigung des Adoptionsvertrages auch nur vorläufig zu verweigern, vielmehr sei das Verfahren vom Erstgericht so lange fortzusetzen, bis dieses schlüssig werde, den Vertrag zu bestätigen oder den Antrag abzuweisen.

Hierauf bestätigte das Erstgericht den Adoptionsvertrag. Die von den Schwestern der Wahlmutter Maria F. und Grete L. erhobenen Rekurse wies das Rekursgericht zurück. Gemäß § 9 AußstrG. könne sich jeder, der sich durch eine Entscheidung des Außerstreitrichters beschwert erachte, des Rechtsmittels des Rekurses bedienen. Voraussetzung sei aber zumindest die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Die rekurswerbenden Schwestern der Wahlmutter hätten bei deren Lebzeiten kein Anwartschaftsrecht als gesetzliche oder testamentarische Erben, was sich aus den Bestimmungen der §§ 879 Z. 3 und 1383 ABGB. ergebe. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 2. Juni 1954, EvBl. 371, habe sogar nach dem Tode des Erblassers und Eintritt des Erbfalles dem Erben solange die Parteistellung abgesprochen, als er nicht die Erbserklärung abgegeben habe. Falls die Rekurswerberinnen nach dem Tode der Wahlmutter als Erben in Betracht kommen sollten, werde ihnen das Recht zustehen, die allfällige Ungültigkeit des Adoptionsvertrages einzuwenden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Marie F. und der Grete L. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rekurrentinnen haben zunächst ihr angebliches Anfechtungsrecht daraus abgeleitet, daß sie im Falle des Vortodes der Katharina B. als gesetzliche Erbinnen in Betracht kämen und durch das rechtsgültige Zustandekommen des Adoptionsvertrages um diese allfälligen künftigen Rechte gebracht würden. Wohl kommt den Rekurrentinnen eine Erbanwartschaft zu. Ein Anspruch als gesetzliche Erbinnen auf den Nachlaß der Katharina B. stunde ihnen aber nur dann zu, wenn sie ihre Schwester überleben und diese nicht inter vivos oder letztwillig über ihr gesamtes Vermögen verfügt. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit einer solchen bloßen Erbanwartschaft sonst rechtliche Bedeutung beizumessen ist. Auf jeden Fall kann diese nicht so weit gehen, daß sie das Recht geben würde, Verfügungsgeschäfte der vielleicht einmal als Erblasserin in Betracht kommenden Person bereits anzufechten. Letztere kann nach Belieben über ihr gesamtes Vermögen verfügen. Wäre ein solches Verfügungsgeschäft selbst wegen Handlungsunfähigkeit der allfälligen künftigen Erblasserin nichtig, so wäre der, dem bloß eine Erbanwartschaft gegenüber dieser Kontrahentin zukäme, jedenfalls noch nicht befugt, das Rechtsgeschäft wegen Nichtigkeit anzufechten. Ebensowenig kann aber einer solchen Person das Recht zuerkannt werden, einen Adoptionsvertrag zu bekämpfen, der ihre Aussicht auf die künftige Erbschaft im Wege einer reflektorischen Wirkung verringert. Eine solche Person gehört daher auch nicht zu jenen, denen im Sinne der §§ 180 ff. ABGB. ein Einfluß auf den Abschluß und die Wirksamkeit des Adoptionsvertrages gewährt wird, und sie kann sich daher auch nicht am gerichtlichen Verfahren, das lediglich die Frage der Bestätigung eines solchen Vertrages betrifft, beteiligen. Sie ist vielmehr nichts anderes als ein Dritter im Sinne des § 184 ABGB. Diese Bestimmung berücksichtigt aber bloß die Rechte dritter Personen, nicht etwa bloße Anwartschaften, und die Rechte der dritten auch nur insoweit, als § 184 ABGB. die Vereinbarung eines von der gesetzlichen Regelung abweichenden Vertragsinhaltes nur mit der Einschränkung zuläßt, sofern nicht dem Rechte eines Dritten zu nahe getreten wird. Mit diesen Rechten waren Familienfideikommisse und Familienstiftungen, bei denen Anwartschaftsrechte dritter Personen bestehen, gemeint (vgl. Bartsch bei Klang 1. Aufl. zu § 184, S. 971, Anm. 13). Nach Stubenrauch (Kommentar 6. Aufl. I, S. 290) wären solche Vereinbarungen gegenüber den daran nicht beteiligten, jedoch in ihren Rechten beeinträchtigten Dritten ohne Wirkung. Ein derartiger Fall liegt aber hier nicht vor, da den Rechtsmittelwerberinnen derzeit eine bloße Erbanwartschaft, noch nicht aber Rechte auf die Erbschaft zustehen. Eine lediglich reflektorische Wirkung des Abschlusses eines Adoptionsvertrages, die in der bloßen Verschlechterung der sonst bestehenden Aussicht auf eine künftige Erbschaft besteht, berechtigt jedenfalls noch nicht, den Abschluß oder das Wirksamwerden eines Adoptionsvertrages zu verhindern und sich zu diesem Zwecke an dem Bestätigungsverfahren zu beteiligen.

Wenn sich die Rekurrentinnen weiters auf ihre Stellung als nahe Verwandte der Katharina B. berufen, sich also für befugt erachten, die angeblichen Interessen der Katharina B. zu wahren, so könnte ihnen als solchen vielleicht eine Einflußnahme im Verfahren um eine etwa erforderliche vormundschaftsbehördliche Genehmigung zugebilligt werden, in dem vor allem die Interessen des Mundels zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Falle handelt es sich jedoch um die gerichtliche Bestätigung des Adoptionsvertrages, die schon bei dem bloßen Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ohne Prüfung der Interessenlage zu erteilen ist (vgl. Plenarbeschluß vom 21. Dezember 1927, Jud. 29 neu, SZ. IX/170, Bartsch bei Klang 1. Aufl. zu § 181, S. 966). Wohl gehört zu den Erfordernissen der Annahme an Kindes Statt die Handlungsfähigkeit des Adoptierenden (vgl. Kranopolski - Kafka, Familienrecht, S. 287). Aber ebensowenig wie ein sonstiger von einem Handlungsunfähigen geschlossener Vertrag von einem nahen Verwandten des Handlungsunfähigen angefochten werden kann, ist dies beim Adoptionsvertrag möglich.

Da die Rekurrentinnen somit nicht als Beteiligte am Bestätigungsverfahren anzusehen sind, steht ihnen auch ein Anfechtungsrecht gegen den Bestätigungsbeschluß nicht zu. Daher mußte ihrem Rekurse ein Erfolg versagt werden.

Anmerkung

Z27327

Schlagworte

Adoption, Rekursrecht, Bestätigung eines Adoptionsvertrages, Rekursrecht gegen -, Erbe Rekursrecht des mutmaßlichen - bei Kindesannahme, kein, Gesetzliche Erben, kein Rekursrecht gegen Kindesannahme, Kindesannahme Rekursrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00956.54.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19541222_OGH0002_0010OB00956_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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