TE OGH 1955/3/16 1Ob118/55

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Veröffentlicht am 16.03.1955
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Norm

ABGB §171
ABGB §608
ABGB §615
ABGB §796

Kopf

SZ 28/74

Spruch

Berücksichtigung der Unterhaltsforderung eines außerehelichen Kindes des Erblassers (§ 171 ABGB.) und der Unterhaltsforderung der Ehegattin (§ 796 ABGB.) bei der Abrechnung des Substitutionsnachlasses durch die Ehegattin als Vorerbin.

Entscheidung vom 16. März 1955, 1 Ob 118/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Kufstein; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Josef R. hat in seinem Testament vom 3. März 1934 (4. Februar 1946) angeordnet, daß seine Witwe Katharina R. Universalerbin sein solle und daß nach ihrem Tod alles seinem Enkelkind Anneliese H. zuzufallen habe. Der mit der fideikommissarischen Substitution belastete Nachlaß wurde der Witwe, die sich unbedingt zur Erbin erklärt hatte, mit dem Beschluß vom 10. Mai 1948 eingeantwortet.

Nach einem mehrjährigen Verfahren genehmigte das Erstgericht die von der Vorerbin Katharina R. über das Substitutionsvermögen gelegte Endabrechnung und den Endausweis dieses Vermögens. Im Punkt 1) wurden die Aktiven und Passiven des Substitutionsvermögens einander gegenübergestellt und ausgesprochen, daß sich zugunsten der Masse ein offener Rest von 6415 S 25 g ergebe, den die Vorerbin an die Substitutionsmasse in bar zurückerstatten müsse. Im Punkt 2) wurde der Antrag der Nacherbin, die Vorerbin habe einen zusätzlichen Feuerversicherungsvertrag abzuschließen, abgewiesen und im Punkt 3) dem Antrag der Vorerbin, einen Betrag von 5000 S für verschiedene Reparaturen am Substitutionsobjekt freizugeben, nicht stattgegeben. Im Punkt 4) wurde die Vorerbin verpflichtet, die aus dem Vergleich mit Maria G. vom 9. Dezember 1953 eingehenden Beträge auf das Sparkonto der Substitutionsmasse zu erlegen. Zugleich wurde der Vergleich pflegschaftsbehördlich genehmigt.

Infolge Rekurses der Vorerbin und der Nacherbin änderte unter anderem das Rekursgericht den Punkt 1) der erstgerichtlichen Entscheidung teilweise ab. Die Genehmigung der Zahlung von 4915 S aus der Substitutionsmasse an Unterhaltskosten für die mj. Ingeborg H. (uneheliches Kind des Erblassers) für die Zeit vom 1. Juni 1946 bis 31. Dezember 1950 sei aufzuheben, weil diese Unterhaltsbeträge die Substitutionsmasse zwar belasteten, aber noch vor der Entnahme von Geldern für die eigenen Heilzwecke der Vorerbin aus den Erträgnissen hätten gedeckt werden können.

Der Oberste Gerichtshof hob unter anderem die Beschlüsse der Untergerichte über den angeführten Gegenstand der Rekursentscheidung auf und gab dem Erstgericht den Auftrag, neuerlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 171 ABGB. ist die Verbindlichkeit des Erblassers, sein uneheliches Kind Ingeborg H. zu verpflegen und zu versorgen, gleich einer anderen Schuld auf seine Erben übergegangen. Die Vorerbin muß daher diese Belastung der Substitutionsmasse gegen sich gelten lassen. Ihr steht derzeit die Fruchtnießung zu und ihr obliegt es, für die Deckung der Nachlaßverbindlichkeiten noch vor der Entnahme von Geldern für die eigenen Zwecke zu sorgen. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß der Vorerbin als Witwe des Verstorbenen nach § 796 ABGB. aus der Substitutionsmasse der mangelnde anständige Unterhalt gebührt, soweit deren Erträgnisse nicht hinreichen. Wenn also die Erträgnisse durch die der mj. Ingeborg H. gebührenden Unterhaltsbeträge ganz oder zum Teile aufgezehrt wurden und der Rest der Erträgnisse nicht hinreichen würde, den Unterhalt der Vorerbin zu decken, könnte diese dessen Flüssigmachung aus der Masse selbst verlangen. Um beurteilen zu können, ob der der mj. Ingeborg H. zugekommene Unterhaltsbetrag von 4915 S im Endergebnis ganz oder teilweise die Masse belastet, wird es daher notwendig sein, das Ausmaß des der Vorerbin mangelnden anständigen Unterhalts nach § 796 ABGB. festzustellen. Soweit die Unterhaltsbeträge für die Minderjährige und für die Vorerbin in den Erträgnissen der Substitutionsmasse keine Deckung gefunden haben, werden sie der Masse selbst anzulasten sein. Sache des Erstgerichtes wird es sein, die erforderlichen Erhebungen vorzunehmen.

Anmerkung

Z28074

Schlagworte

Abrechnung einer fideikommissarischen Substitution, Unterhaltsansprüche, Fideikommissarische Substitution, Berücksichtigung von, Unterhaltsansprüchen, Nacherbschaft, Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen, Substitution, fideikommissarische -, Berücksichtigung von, Unterhaltsansprüchen, Unterhaltsansprüche bei Abrechnung einer fideikommissarischen, Substitution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0010OB00118.55.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19550316_OGH0002_0010OB00118_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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