TE OGH 1955/8/31 2Ob466/55

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Veröffentlicht am 31.08.1955
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Norm

Außerstreitgesetz §9
Jugendgerichtsgesetz 1949 §2

Kopf

SZ 28/188

Spruch

Nach § 2 Abs. 1 JGG. 1949 hat das Jugendamt nicht Parteistellung und Rekurslegitimation.

Entscheidung vom 31. August 1955, 2 Ob 466/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Knittelfeld; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Die Minderjährige wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Jugendschöffengerichtes vom 25. März 1955 wegen Verbrechens des Betruges nach §§ 197, 200 StG. und Übertretung des Diebstahles nach § 460 StG. zu 3 Monaten strengen Arrestes verurteilt, der Vollzug der Strafe aber nach dem Gesetz über die bedingte Verurteilung unter Festsetzung einer dreijährigen Probezeit aufgeschoben. Mit dem Beschluß desselben Gerichtes vom 1. Juni 1955 wurde der Minderjährigen die Arreststrafe gemäß § 1 Abs. 1 der Amnestie 1955 nachgesehen.

Mit dem vorhergehenden Beschluß vom 24. Mai 1955 hat das Erstgericht auf Antrag des Jugendamtes (Bezirksjugendfürsorgereferates) - unter Nichtbeachtung der Zuständigkeitsvorschrift des § 25 Abs. 1 JGG. 1949 (vgl. hiezu Kadecka, Jugendgerichtsgesetz, S. 149, Anm. 8 zu § 25) - die Minderjährige gemäß § 2 JGG. 1949 in die Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige in W.-N. verwiesen.

Über Rekurs der Minderjährigen und ihres ehelichen Vaters und gesetzlichen Vertreters hat das Rekursgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den Antrag der Bezirkshauptmannschaft K. auf Verweisung der Minderjährigen in die Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft K., Jugendfürsorgereferat, zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs des Jugendamtes (der Bezirkshauptmannschaft, Jugendfürsorgereferat) ist unzulässig.

Diese Behörde ist nicht der gesetzliche Vertreter der unter väterlicher Gewalt stehenden Minderjährigen. Ihr ist in dem die Erlassung von Erziehungsmaßregeln nach § 2 Abs. 1 JGG. 1949 zum Gegenstand habenden Verfahren aber auch nicht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die Stellung eines Beteiligten eingeräumt, wie etwa dem Jugendamt bei der Schutzaufsicht und Fürsorgeerziehung durch § 44 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 JWV. oder der Bezirksverwaltungsbehörde in den Fällen der gerichtlichen Erziehungshilfe, der Erziehungsaufsicht und der Fürsorgeerziehung durch § 21 JWG. Eine Vorschrift, die dem Jugendamt oder sonst jemandem ganz allgemein in jedem Minderjährige betreffenden gerichtlichen Fürsorgeverfahren Parteistellung einräumen würde, besteht nicht. So hat das Jugendamt in diesem Verfahren nur beratende Funktion (vgl. hiezu Kadecka a. a. O. S. 199, Anm. 3 zu § 43), nicht aber Parteistellung und Rekurslegitimation.

Anmerkung

Z28188

Schlagworte

Jugendamt, Parteistellung und Rekurslegitimation, Parteistellung des Jugendamtes, Rekurslegitimation, Rekurslegitimation des Jugendamtes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0020OB00466.55.0831.000

Dokumentnummer

JJT_19550831_OGH0002_0020OB00466_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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