TE OGH 1955/12/7 3Ob576/55

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Veröffentlicht am 07.12.1955
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Norm

ABGB §796
ZPO §502

Kopf

SZ 28/257

Spruch

Im Rechtsstreit über die Bemessung des Unterhaltsanspruches des Ehegatten nach § 796 ABGB. gilt die Rechtsmittelbeschränkung des § 502 Abs. 2 ZPO.

Entscheidung vom 7. Dezember 1955, 3 Ob 576/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Klägern macht gegen den Nachlaß ihres verstorbenen Mannes gemäß § 796 ABGB. einen Unterhaltsanspruch in der Höhe von 2000 S monatlich geltend mit der Begründung, daß Josefine G. zur Universalerbin eingesetzt worden sei, der Nachlaß einen Wert von 800.000 S repräsentiere und sie selbst arbeitsunfähig und vermögenslos sei.

Das Erstgericht sprach einen Unterhaltsbetrag von 1500 S monatlich zu und wies das Mehrbegehren ab. Die Klägerin sei die Ehegattin des am 10. April 1954 verstorbenen Franz N. Die Ehe sei aufrecht gewesen, doch hätten die Ehegatten getrennt gelebt. Josefine G. sei zur Universalerbin eingesetzt worden. Der Verstorbene sei Gesellschafter der Papiergroßhandlung Gebrüder N. oHG. und an dieser zur Hälfte beteiligt gewesen. Der Nachlaß einschließlich des Gesellschaftsvermögens und des good will des Unternehmens sei im Verlassenschaftsverfahren mit 1.198.705 S 29 g geschätzt worden, wovon mit Ausnahme der Liegenschaften die Hälfte in die Verlassenschaft falle. Die Klägerin habe außer einem Untermietzins von 150 S monatlich kein Einkommen. Sie sei praktisch erwerbsunfähig. Sie beziehe nur eine rückzahlbare Fürsorgerente. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Klägerin eine Krankenversicherung und wegen ihrer Krankheit Diätkost benötige, sei ein Unterhaltsbetrag von 1500 S angemessen und ausreichend.

Im Berufungsverfahren blieb ein Zuspruch von 600 S monatlich unangefochten. Das Berufungsgericht hob das Urteil auf Berufung beider Parteien im angefochtenen Teil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es handle sich um einen erbrechtlich-obligatorischen Anspruch der Klägerin. Die Feststellungen für den Grund des Anspruches seien ausreichend, nicht aber jene für die Höhe. Es seien noch Erörterungen über die Höhe des standesgemäßen Unterhaltes, insbesondere über die Einkommensverhältnisse des Verstorbenen zu seinen Lebzeiten, notwendig. Es verschlage nichts, daß sich die Klägerin bei Lebzeiten des Mannes mit einem geringeren Einkommen begnügt habe. Der Rechtskraftvorbehalt sei zulässig, weil es sich hier um einen erbrechtlich-obligatorischen Anspruch und nicht um einen familienrechtlichen Anspruch handle.

Der Oberste Gerichtshof wies die Rekurse beider Parteien zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits im Judikat 60 neu ausgesprochen hat, ist durch § 502 Abs. 2 ZPO. die Anfechtung der Entscheidung zweiter Instanz ausgeschlossen, soweit Verfahren und Entscheidung die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche zum Gegenstand haben. Durch § 502 Abs. 2 ZPO. wird entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes jeder gesetzliche Unterhaltsanspruch getroffen, nicht nur ein solcher, der auf familienrechtlichen Vorschriften beruht. Der Anspruch der Witwe gegen den Nachlaß gemäß § 796 ABGB. ist aber ein Unterhaltsanspruch, den das Gesetz einräumt, und somit ebenfalls ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch. Daß dieser Anspruch im Gesetz gerade im Anschluß an das Pflichtteilsrecht geregelt wurde, erklärt sich aus einer geschichtlichen Zufälligkeit und steht mit der Entstehungsgeschichte im Zusammenhang. Dieser Anspruch ist weder ein Erbanspruch noch ein Pflichtteilsanspruch. Wenn auch dieser Anspruch durch den Tod des Ehegatten bedingt ist und aus diesem Gründe als erbrechtlicher Anspruch bezeichnet werden kann, so ist doch nicht zu übersehen, daß Voraussetzung eines solchen Anspruches auch der aufrechte Bestand der Ehe im Zeitpunkte des Todes des Ehegatten ist, der Anspruch somit eine familienrechtliche Wurzel hat. Der im § 502 Abs. 2 ZPO. gebrauchte Ausdruck "gesetzlicher Unterhalt" will besagen, daß darunter nur jener Unterhalt fällt, der auf Grund des Gesetzes zusteht, im Gegensatz zu den vertraglichen Unterhaltsansprüchen. Gleichgültig ist aber, auf Grund welchen Gesetzes dieser Anspruch gewährt wird. Es gilt daher auch für den Anspruch nach § 796 ABGB. die Rechtsmittelbeschränkung des § 502 Abs. 2 ZPO.

Im vorliegenden Falle steht der Grund des Anspruches fest, wurde doch bereits ein Betrag von 600 S monatlich rechtskräftig zugesprochen. Streitig ist lediglich die Höhe des zu leistenden Unterhaltsbetrages. Beide Rechtsmittel erschöpfen sich auch in Ausführungen über die Bemessung des Unterhaltes. Auch der Aufhebungsbeschluß befaßt sich lediglich mit der Höhe des Anspruches und geht davon aus, daß der Grund des Anspruches zweifelsfrei ist. Da somit die Anfechtung lediglich die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches zum Gegenstand hat, ist sie gemäß § 502 Abs. 2 ZPO. unzulässig. Daran ändert nichts der Rechtskraftvorbehalt des Berufungsgerichtes, weil durch diesen die Bestimmung des § 502 Abs. 2 ZPO. nicht beseitigt werden kann. Dieser Vorbehalt ist hier wirkungslos.

Anmerkung

Z28257

Schlagworte

Beschränkungen des Rechtsmittelzuges bei Unterhaltsansprüchen nach, § 796 ABGB., Rechtsmittelbeschränkungen, Unterhaltsanspruch gem. § 796 ABGB., Revisionsbeschränkungen, Unterhaltsansprüche nach § 796 ABGB., Unterhaltsanspruch gemäß § 796 ABGB., Rechtsmittelbeschränkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0030OB00576.55.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19551207_OGH0002_0030OB00576_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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