TE OGH 1955/12/28 7Ob423/55 (7Ob424/55)

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Veröffentlicht am 28.12.1955
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernard als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kisser, Dr. Sabaditsch, Dr. Turba sowie den Rat des Oberlandesgerichtes Dr. Lachout als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei technischen Rates Franz W*****, vertreten durch Dr. Helmut Pfeffer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Elly (Elfriede) D*****, vertreten durch Dr. Leopold Thomas, Rechtsanwalt in Wien, wegen 8.443,40 S sA und Durchführung von Bauarbeiten, infolge Revision und Rekurses beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6. Juni 1955, GZ 3

R 267/55-19, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. März 1955, GZ 26 Cg 386/54-12, teils bestätigt, teils abgeändert, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision des Klägers gegen den Ausspruch des Berufungsgerichtes zur Bestätigung von P 1 Abs 2 des Urteiles erster Instanz wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der Beklagten gegen den Ausspruch des Berufungsgerichtes auf Abänderung von P 2 des Urteiles erster Instanz wird nicht Folge gegeben.

II. den Beschluss gefasst:

Der Ausspruch des Berufungsgerichtes auf Bestätigung von P 1 Abs 1 des Urteiles erster Instanz sowie P. 1 Abs 1 des Urteiles erster Instanz werden aufgehoben und die Sache wird auch im Umfange dieser Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gleich Kosten erster Instanz zu behandeln sein.

Text

Entscheidungsgründe:

Die prot. Firma Handels- und Gartenbaugesellschaft Robert J***** suchte im Dezember 1928 um die Abteilung der ihr gehörigen Grundstücke des Wurzenhofes an. Der Gemeinderat der Gemeinde ***** genehmigte am 29. 9. 1929 das Parzellierungsansuchen unter der Bedingung, dass die Bauführung planmäßig erfolge und der Gemeinde hieraus keine Kosten erwachsen. Über den Zeitpunkt der Übergabe von Grund und Boden in das öffentliche Gut wurde nichts bestimmt. Der Gemeinderat ergänzte aber am 9. 11. 1929 seinen Beschluss dahin, dass der Abteilungswerberin noch folgende Verpflichtungen als Bedingungen für die Genehmigung des Parzellierungsgesuches auferlegt wurden und zwar 1.) Herstellung und Erhaltung der Zufahrtsstraße, 2.) Herstellung und Erhaltung sämtlicher Straßen im Parzellierungsgebiet und grundbücherlicher Sicherstellung dieser Verpflichtungen. Die Bezirkshauptmannschaft H***** stimmte mit Bescheid vom 23. 11. 1929, Zl X-772/15, (Beil ./C) der Parzellierung gem § 6 der Bauordnung für Niederösterreich zu. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Eine Verbücherung der oben angeführten Verpflichtungen ist nicht erfolgt.

Der Kläger erwarb durch den Tausch und Kauf in den Jahren 1930 bis 1932 einen Großteil der Gründe von der Handels- und Gartenbaugesellschaft Robert J*****. Am 6. 12. 1932 kaufte der seither verstorbene Gatte der Beklagten, Rechtsanwalt Dr. D*****, von der Abteilungswerberin die Grundstücke 565 bis 568 der EZ ***** (nunmehr EZ *****) der KG *****, um 10.059 S. Der Nachlass nach Dr. D***** wurde den bedingt erbserklärten Erben und zwar der Beklagten als erblasserischer Witwe zu einem Viertel und der erblasserischen Tochter mj. Helga D***** zu drei Vierteln unter Hinweis auf die vorgenommene Erbteilung mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes ***** vom 6. 8. 1940, 9 A 120/36-145, eingeantwortet. Durch das Erbübereinkommen wurden die oben erwähnten Grundstücke von der Beklagten in Anrechnung auf ihren Erbteil zur Gänze übernommen, worauf ihr Alleineigentum an den Grundstücken im Grundbuche einverleibt wurde.

Nach dem Inhalt des Kaufvertrages nahm der Käufer Dr. D***** zur Kenntnis, dass auf dem gesamten Siedlungskomplex der Wurzenhofgründe die Reallast zur Herstellung und Erhaltung der Zufahrtsstraße gemäß dem oben angeführten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***** einverleibt sei und für die Herstellung und Erhaltung der im Parzellierungsplan vorgesehenen Straßen die gleichen Bestimmungen gelten. Der Käufer hat weiters "bezüglich der Verbauung" zur Kenntnis genommen, dass die Baustellen einer schönen dauerhaften Art einzufrieden seien, wobei vorläufig eventuell provisorische Gehsteige mit Schlackenbeschüttung als zulässig erklärt werden. Der Kaufvertrag fährt sodann wörtlich fort: "Sobald jedoch mindestens die Hälfte der Baustellen verbaut sein werden, hat die Verkäuferin oder deren Rechtsnachfolger das Recht, die Eigentümer der hiemit verkauften Parzellen zu veranlassen, einem ordnungsgemäßen Gehsteig aus Beton Bruchsteinplatten oder sonstigen Platten mit Randsteinen herzustellen." Außerdem verpflichtete sich der Käufer den Oberbau der halben Straßenseite vor seinen Parzellen selbst herzustellen oder herstellen zu lassen, allenfalls die Herstellungskosten der Verkäuferin zu vergüten, sowie zu den Erhaltungskosten, der Straßen im Parzellierungsgebiet und der Zufahrtsstraße perzentuell nach der Länge der Straßenfront der gekauften Baustellen beizutragen. Die Handels- und Gartenbaugesellschaft Robert J***** trat am 30. 3. 1937 (Beil ./B) ihre Rechte aus dem Kaufvertrag vom 6. 12. 1932 an den Kläger ab. Darauf gründet dieser seine Legitimation zur Erhebung der Klage, soweit er damit Rechte der Verkäuferin geltend macht.

Das Klagebegehren ist gerichtet: 1.) auf Bezahlung a) eines Betrages von 7.376,60 S als des auf die Beklagte entfallenden Anteiles an Kosten für den vom Kläger durchgeführten Straßenbau und b) von 1.066,80 S als des sie betreffenden Anteiles an den vom Kläger aufgewendeten Kosten für die Straßenerhaltung, 2.) auf Vornahme verschiedener Arbeiten und zwar a) auf Einfriedung der noch offenen Grundgrenzen durch ein in alle Einzelheiten genau beschriebenes Drahtgitter, b) auf provisorisches Legen der Gehsteige mit Schlackenbeschüttung vor diesen Grundstücken und c) auf Herstellung des Straßenoberbaues auf die ganze Länge der Straßenfront der Grundstücke der Beklagten und auf die halbe jeweilige Breite der Straße.

Das Erstgericht fällte ein Zwischen- und ein Teilurteil. Es sprach aus: 1.) Der Beklagte sei schuldig, den Straßenoberbau auf die ganze Länge der Straßenfronten der Grundstücke 565, 566, 567 und 568 der EZ ***** KG ***** auf die halbe Breite der Straße also von der Gehsteigrandsteinkante bis zur Straßenmitte (Achse) binnen 6 Monaten herzustellen oder herstellen zu lassen.

Das Mehrbegehren auf Herstellung des Straßenoberbaues in einer bestimmten Art und unter Verwendung bestimmter Materialien werde abgewiesen.

2.) Der Klagsanspruch auf Zahlung von 1.066,80 S für Straßenerhaltungskosten bestehe dem Grunde nach zu Recht.

3.) Das weitere Klagebegehren a) auf Zahlung von 7.376,60 S sA, b) auf Einfriedung der Grundstücke mit einem ins einzelne beschriebenen Drahtgitter auf Aufstellung einer bestimmten Gittertüre, c) auf Herstellung der Gehsteige mit Schlackenbeschüttung werde abgewiesen.

4.) Die Kostenentscheidung werde dem Endurteil vorbehalten. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in seinem Punkte 1) und änderte es in seinem Punkte 2) dahin ab, dass es wie folgt zu lauten habe:

"Der Anspruch des Klägers, die Beklagte habe zu den Erhaltungskosten der Straßen im Parzellierungsgebiete Heimbautal und der Zufahrtsstraße perzentuell nach der Länge der gekauften Baustellen beizutragen, besteht dem Grunde nach zu Recht." Im Punkte 3) a) bis

c) hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und wies die Sache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück. Gegen dieses Urteil und den damit verbundenen Aufhebungsbeschluss erhebt die Beklagte Revision und Rekurs. Sie macht als Revisionsgründe § 503 Z 2 und 4 geltend und beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass das Klagebegehren, soweit ihm vom Erstgerichte im Punkte

1) Abs 1 des Ersturteils und vom Berufungsgerichte zum Punkte 2) des Ersturteils stattgegeben wurde, abgewiesen werde. Sie beantragt hilfsweise das Urteil in den oben erwähnten Punkten aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen. In ihrem gegen den Aufhebungsbeschluss (Punkte 3) a) bis c) des Ersturteils) gerichteten Rekurs begehrt die Beklagte die Aufhebung des Beschlusses und die Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht mit dem Auftrag, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Weisungsgrunde neuerlich zu entscheiden.

Der Kläger bekämpft mit seinem als Revisionsrekurs bezeichneten Rechtsmittel das Berufungsurteil insoferne, als es das Ersturteil bezüglich der Abweisung des Klagebegehrens (Punkt 1 Abs 2 des Ersturteils) bestätigte, und als es ebenso wie das Erstgericht im Punkte 2) nur ein Zwischenurteil fällte und nicht den begehrten Betrag von 1.066,80 S zusprach. Da das Rechtsmittel in diesen Punkten einen Urteilsspruch bekämpft, stellt es sich als Revision dar und ist daher auch als solche zu behandeln. Aus den Ausführungen des Rechtsmittels ergibt sich, dass als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird. Im Übrigen bekämpft der Kläger den Aufhebungsbeschluss nur insoweit, als er die Aufgebung des Ersturteils in dessen Punkt 3 a) verfügte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht begründet, die Revision der Beklagten dagegen ist teilweise berechtigt. Die gegen den Aufhebungsbeschluss erhobenen Rekurse sind unbegründet.

Zur Aktivlegitimation des Klägers:

Diese erachtete das Berufungsgericht für gegeben. Laut Lehre und Rechtsprechung seien Rechte aus einem zweiseitigen Vertrage, also auch aus einem Kaufvertrage, mit Einschränkung abtretbar, dass hiedurch die Pflichten des Zedenten aus dem Vertrage unberührt bleiben (gespaltenes Schuldverhältnis: JBl 1955, S 17). Bei der Übertragung der dem Verkäufer zustehenden Rechte handle es sich um die Abtretung veräußerter Rechte (§ 1393 ABGB). Der Kläger sei daher berechtigt, die ihm zedierten Rechte gegen die Beklagte geltend zu machen. Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen. Die Aktivlegitimation des Klägers wird in dritter Instanz von der Beklagten auch gar nicht mehr bestritten.

Zur Passivlegitimation des Beklagten:

Diese, meint das Berufungsgericht, sei gleichfalls gegeben, weil die Beklagte sich als Erbin nach Dr. D***** bedingt erbserklärt hat und ihr die in den Nachlass fallenden Grundstücke auf Grund dieser Erbserklärung und eines zwischen ihr und der Miterbin abgeschlossenen Erbteilungsübereinkommens eingeantwortet worden sind . Sie hafte bis zur Höhe ihrer Erbquote als Erbin, darüber hinaus als Übernehmerin eines Sondervermögens für die dazugehörigen Verbindlichkeiten gem § 1409 ABGB (vgl Weiss in Klang Komm 2. Auflg. 3. Band S 1058), soferne sich die Verbindlichkeiten aus dem Kaufvertrage vom 6. 12. 1932 gekannt habe oder kennen müssen. Jedenfalls sei sie verpflichtet gewesen, als sie die Liegenschaften im Wege des Erbteilungsübereinkommens erwarb, sich durch Einsicht in die Urkundensammlung über den Inhalt des Kaufvertrages und damit über die Rechtslage zu unterrichten. Habe sie diese Vorsicht unterlassen, dann könne sie sich nicht darauf berufen, dass ihr die maßgeblichen Vertragsbestimmungen nicht bekannt gewesen seien. Denn für die Beurteilung eines eingetragenen Rechtes sei nicht bloß der Inhalt des Hauptbuches, sondern auch der Inhalt der in der Urkundensammlung in Abschrift erliegenden Urkunden maßgebend.

Diese Auffassung des Berufungsgerichtes wird von der Beklagten mit Recht bekämpft.

Die Frage, ob der Erbe, der ein Vermögen im Erbwege übernimmt, nach § 1409 ABGB haftet, ist in Literatur und Judikatur bestritten. Sie wird von Pisko in seinem Aufsatz "Der Einfluss der dritten Teilnovelle zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch auf das Handelsrecht" in der Zeitschrift für Handelsrecht Band 80 S 163 und in älteren Entscheidungen (so ZBl 1930 Nr. 39, SZ XIII/207) vertreten. Dagegen ist Demelius im Komm zum AHGB von Staub-Pisko, der darauf hinweist, dass auch Pisko in seinem Lehrbuch die von ihm in dem oben angeführten Aufsatz niedergelegte Auffassung aufgegeben habe (s Pisko, Lehrbuch S 58). In neuerer Zeit sind Klang ("Der § 1409 in der Rechtsübung" JBl 1948 S 439) und Wolff in Klangs Komm 2. Auflg VI. Band S 358, sowie eine Reihe späterer Entscheidungen (s ZBl 1936 Nr. 424, SZ XVI/19) der Meinung, dass § 1409 auf den Übergang eines Vermögens im Erbwege bei bedingter Erbserklärung nicht anwendbar sei. Es fehle an einer "Veräußerung", die das Gesetz in der zitierten Bestimmung ausdrücklich verlange. Die Haftung des Erben sei im Gesetze (§§ 550, 830, 821 ABGB) besonders geregelt. Bei bedingter Erbserklärung sei die Haftung des Erben durch § 821 ABGB beschränkt. Die bedingte Erbserklärung würde ihre Wirkung verlieren, wenn man den Erben, der sich mit der Rechtswohltat des Inventars zum Erben erklärt habe, nach § 1409 ABGB haften ließe. Man ging aber noch einen Schritt weiter und lehnte die Haftung des Erbschaftskäufers (§ 1278 ABGB) aus § 1409 ABGB ab (Wolff, Klang Komm 2. Auflg S 358). Für diese Auffassung spricht, dass § 1282 ABGB in Bezug auf die Verlassenschaftsgläubiger sagt: "Ihre Rechte ... werden durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert". Haftet aber nicht einmal der Erbschaftskäufer, der ja vom Erben die ganze Verlassenschaft übernimmt, nach § 1409 ABGB, dann ist auch kein stichhältiges Argument dafür zu gewinnen, dem Miterben, der im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens in Anrechnung auf seinen Erbteil den Nachlass oder ein einzelnes Vermögensstück aus der Verlassenschaft übernimmt, eine solche Haftung aufzubürden. Dazu kommt, dass bei Übernahme einzelner Vermögensstücke nach der Rechtsprechung von einer Übernahme des Vermögens nicht die Rede sein kann (SZ XVI/73). Das außer einzelnen Grundstücken, welche die Beklagte in Anrechnung auf ihren Erbteil erhielt, nichts Erhebliches vorhanden sei (s JBl 1955 S 250), wird nicht behauptet. Es trifft dies auch nicht zu, wie aus dem über die Verlassenschaft aufgenommenen Inventar (S 96 ff des Aktes 148/34 des BG Döbling) entnommen werden kann.

Der Oberste Gerichtshof vermag daher Weiss in Klangs Komm 2. Auflg

III. Band S 1058 ebensowenig wie dem Berufungsgerichte, das sich dem genannten Rechtslehrer anschließt, darin zu folgen, dass der bedingt erbserklärte Miterbe, der in einem vor der Einantwortung abgeschlossenen Erbteilungsübereinkommen eine Liegenschaft übernimmt, bis zur Höhe seiner Erbquote als Erbe und darüber hinaus als Übernehmer eines Sondervermögens für die dazugehörigen Verbindlichkeiten gemäß § 1409 ABGB haftet. Der Oberste Gerichtshof ist vielmehr der Ansicht, dass die Beklagte als bedingt erbserklärte Erbin nur nach § 821 ABGB, allenfalls, soweit sie die Vorsicht der Gläubigereinberufung unterließ, nach § 815 ABGB für die obligatorischen Verbindlichkeiten des Erblassers aufzukommen hat. Besteht allerdings die Nachlassverbindlichkeit in einer unteilbaren Leistung, dann ist zu beachten, dass der Gläubiger der bedingten Erbserklärung ungeachtet, die Leistung von einem jeden Verpflichteten und daher auch von jedem Miterben ungeschmälert verlangen kann (s Weiss im Klang Komm 2. Auflg III. Band S 1058 unter 5). Dass der Erbe für die auf der Sache haftenden dinglichen Rechte, soweit nur die Sachhaftung, nicht aber seine persönliche Haftung geltend gemacht wird, mit der Sache selbst haftet, bedarf keiner Erörterung. Ob sich die Beklagte aus dem in die Urkundensammlung des Grundbuches aufgenommenen Kaufvertrag Kenntnis über den Umfang der Verbindlichkeiten des Erblassers hätte verschaffen können oder hätte verschaffen müssen, ist für ihre Haftung als Erbin ohne Belang.

a) Herstellung des Straßenoberbaues.

Für die Annahme, dass die Beklagte als Gesamtrechtsnachfolgerin des Käufers erst dann verpflichtet sei, den Straßenoberbau herzustellen, wenn sie eine Bautätigkeit entwickle, findet sich im Kaufvertrag kein Anhaltspunkt, vor allem nicht in den Ziffern 1 bis 8 des Punktes VII. Diese Bestimmungen haben mit der Straßenherstellung und -erhaltung nichts zu tun. Was aus der Bestimmung des Punktes III für die Auslegung des Punktes VII des Vertrages gewonnen werden soll, ist nicht erfindlich. Die erstangeführte Bestimmung enthält eine Garantie der Verkäuferin, die letztgenannte Verpflichtungen des Käufers. Auszugehen ist von den Feststellungen der Untergerichte, dass die Verpflichtung zur Herstellung des Straßenoberbaues nach der Absicht der Vertragsparteien erst dann fällig werden sollte, wenn sich schon ein Verkehr im Siedlungsgebiete entwickelt habe. Dies trifft auch dann zu, wenn nur ein Teil der Siedlung verbaut ist, denn auch dann beschränkt sich der Verkehr nicht auf diesen verbauten Teil, sondern erstreckt sich vielmehr zwangsläufig auf die ganze Siedlung, also auch auf deren unverbauten Teile. Es bedurfte daher keines Ortsaugenscheines. Im Übrigen konnte dessen Unterlassung als Mangel des Verfahrens erster Instanz nur in der nächst höheren Instanz mit Erfolg gerügt werden. Da das Berufungsgericht den Mangel als nicht gegeben ansah, kann er vom Revisionsgerichte nicht mehr wahrgenommen werden (SZ XXII/106 ua).

Es muss aber aus anderen Gründen der Revision der Beklagten in diesem Punkte Berechtigung zuerkannt werden. Es bedarf zunächst einer Feststellung, ob die Art der Herstellung einer Straße, die sich durch ein ganzes Siedlungsgebiet mit über 100 Baustellen hinzieht, überhaupt ins Belieben des Einzelnen gestellt werden kann. Wird dies verneint, was wohl kaum ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich sein wird, dann folgt daraus, dass die Verpflichtung zur Straßenherstellung nicht für jeden Grundstückseigentümer gesondert besteht. Das bedeutet wieder, dass eine unteilbare Leistung vorliegt, die nur im Zusammenwirken aller Anrainer erfüllt werden kann (Gschnitzer, Klang Komm 2. Auflg 4. Band S 287). Dass diese hierzu bereit sind oder, falls sie es nicht sind, vom Kläger ebenso wie die Beklagte zur Herstellung des Straßenoberbaues belangt wurden, bedarf ebenso der Aufklärung wie die Frage der Unteilbarkeit der Leistung. Erst dann wird das Erstgericht in der Lage sein, zu entscheiden, ob der Anspruch auf Herstellung des Oberbaues, wie er laut Punkt VII des Vertrages vorgesehen ist, gegen die Beklagte erhoben werden kann. Damit erweist sich in diesem Punkte die Aufhebung der Urteile der Untergerichte erforderlich. Dagegen ist der Auffassung des Klägers nicht beizupflichten, dass die Abweisung des Teiles des Klagebegehrens, mit dem eine bestimmte Art der Herstellung des Straßenoberbaues begehrt wird, mit der Bestimmung des § 226 ZPO nicht vereinbar sei. Die Untergerichte gehen mit Recht davon aus, dass der Kaufvertrag über die Art der Herstellung nichts besagt und diesbezüglich keine Verpflichtung des Käufers festhält. Die Herstellung des Oberbaues ist gem den dafür bestehenden Vorschriften vorzunehmen. Kann die Herstellung der Straßenoberfläche nur in einer bestimmten Art erfolgen, dann ist die Aufnahme dieser Herstellungsart in das Klagebegehren überflüssig. Jedenfalls ist die Leistung durch das Begehren auf Herstellung des Straßenoberbaues eindeutig bestimmt und entspricht damit der Vorschrift des § 7 EO. Es war daher in diesem Belange (Punkt 1 Abs 2 des Ersturteils) der Revision des Klägers keine Folge zu geben.

b) Ersatz der Straßenerhaltungskosten:

Die Revision der Beklagten meint, dass die Voraussetzungen für die Fällung eines Zwischenurteiles nicht gegeben gewesen seien, weil der Anspruch gegen die Beklagte erst im Falle der Bauführung erhoben werden könnte und weil die Klage mangels Angabe, auf welche Straßen sich die Erhaltungskosten beziehen und welche Quoten von der Beklagten zu ersetzen seien, nicht schlüssig sei. Beides ist unrichtig. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass sich Dr. D***** verpflichtet habe, zu den Erhaltungskosten, zu denen auch die Instandhaltungskosten der Straßen im Parzellierungsgebiete und der Zufahrtsstraßen gehören, nach der Länge der Straßenfront der gekauften Grundstücke beizutragen. Weshalb diese Verpflichtung erst eintreten soll, wenn der Käufer mit der Bauführung beginnt, ist nicht einzusehen und es findet sich für diese Annahme auch kein Anhaltspunkt im Vertrag. Aus der gesamten Länge der Straßenteile, für die Erhaltungskosten aufgewendet wurden, einerseits und aus der Länge der Straßenfronten der beklagten Partei gehörigen Grundstücke lässt sich die Quote der Beklagten an den Erhaltungskosten errechnen. Nach der Fassung des das erstgerichtliche Urteil abändernden Spruches des Berufungsgerichtes wird bloß der Anspruch des Klägers, wie er sich aus dem Kaufvertrag hinsichtlich der Verpflichtung des Käufers in Bezug auf die Erhaltungskosten ergibt (Punkt c des Kaufvertrages), festgestellt. Der Anspruch des Klägers auf Bezahlung von 1.066,80 S hat die Feststellung der oben wiedergegebenen Verpflichtung der Beklagten zur Voraussetzung. Durch die Feststellung dieser Verpflichtung ist aber noch nicht gesagt, ob die Beklagte überhaupt etwas zu den Kosten, die der Kläger für die Erhaltung der Straßen aufgewendet haben will, beizutragen hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Berufungsgericht gewählte Formulierung gegenüber der Fassung des Spruches des Erstrichters den Vorzug verdient, vor allem, ob sie der Bestimmung des § 393 Abs 1 ZPO entspricht, denn die Formulierung als solche wird von den Parteien nicht bekämpft. Die Behauptung, das Erstgericht habe festgestellt, dass die Straßen im Siedlungsgebiete überhaupt noch nicht hergestellt seien, ist aktenwidrig. Das Erstgericht erwähnt, dass die Gemeinde ***** auf einen Ausbau der Straßen und auf deren Feststellung dringe. Im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Ersatz der Straßenerhaltungskosten sagt das Erstgericht nur, dass der Kläger ein Interesse an dem Ausbau und der Erhaltung sämtlicher Straßen im Parzellierungsgebiet habe. Ob und in welchen Ausmaßen der Kläger überhaupt Kosten für die Straßenerhaltung aufgewendet habe, wird erst im fortgesetzten Verfahren über den Anspruch auf Ersatz des Betrages von 1.066,80 S zu untersuchen sein.

Zur Frage der Haftung der Beklagten genügt es, auf die Ausführungen

S. 8 zu verweisen.

c) Anspruch auf Herstellung eines provisorischen Gehsteiges und einer Einfriedung:

Der Kläger behauptet, einen Anspruch auf die Herstellung eines provisorischen Gehsteiges und auf die Einfriedung der Bauparzelle durch die Beklagte zu haben. Die Beklagte verneint ein solches Recht des Klägers. Diesem Standpunkt schloss sich das Erstgericht an. Das Berufungsgericht jedoch meinte, dass ohne Erforschung der Parteiabsicht zu diesen Vertragsbestimmungen nicht Stellung genommen werden könne und trug daher dem Erstgericht eine Ergänzung des Verfahrens auf. Der Oberste Gerichtshof pflichtet dem Berufungsgerichte bei, dass der Rechtsstreit auch in diesem Punkte nicht spruchreif ist. Die Ziffern 1 bis 8 des Vertrages werden durch die Worte eingeleitet: "der Käufer nimmt bezüglich der Verbauung zur Kenntnis". Gegen die Annahme, diese Worte sprächen gegen die Übernahme von Vertragspflichten, soweit solche nicht durch einen ausdrücklichen Hinweis auf ein Recht der Verkäuferin klar festgelegt erscheinen, wie dies etwa bei der Verpflichtung zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Gehsteiges der Fall sei, lässt sich anführen, dass die bloße Aufnahme der erwähnten Vertragspunkte, soweit sie nicht Gegenstand der Abteilungsbewilligung und des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft ***** vom 23. 11. 1929 sind, zwecklos, dh ohne jede rechtliche Bedeutung wären. Es ist daher durch eine Ergänzung des Beweisverfahrens die Grundlage für Feststellungen in der Richtung zu schaffen, welcher Zweck mit der Aufnahme der Bestimmungen der Ziffern 1 bis 8 überhaupt und welcher mit der Aufnahme jeder einzelner dieser Bestimmungen, vor allem aber bezüglich des provisorischen Gehsteiges und einer schönen dauerhaften Einfriedung von den vertragschließenden Parteien verfolgt wurde. Erst dann wird es möglich sein, zu beurteilen, ob hier nach der Absicht der Parteien Vertragspflichten festgelegt wurden. Dann wird sich auch ein Schluss ziehen lassen, ob die Einfriedung und die Herstellung des provisorischen Gehsteiges noch vor Verbauung der Parzellen zu erfolgen haben und ob der Kläger berechtigt ist, darauf als Erfüllung einer vom Käufer übernommenen Vertragspflicht zu dringen. Bei Auslegung der Vertragsbestimmung wird schließlich auf die Übung des redlichen Verkehrs Bedacht zu nehmen sein (§ 914 ABGB). Es wird also auch mit den Parteien zu erörtern sein, welche Übung in solchen Fällen bei Verbauung von Grundstücken in einem Siedlungsgebiete besteht. In diesem Zusammenhang sei die Behauptung der Beklagten erwähnt, dass die Einfriedung und die Herstellung von Gehsteigen nicht vor der Verbauung zu erfolgen habe.

In diesem Punkte musste daher dem Rekurse der Beklagten ein Erfolg versagt werden.

d) Ersatz der Straßenherstellungskosten im Betrage von 7.376,60 S:

Der Kläger stützt hier seinen Anspruch darauf, dass er behauptet, eine Verpflichtung erfüllt zu haben, die nicht nur ihn, sondern alle Rechtsnachfolger der seinerzeitigen Abteilungswerberin treffe. Diese Verpflichtung, meint er, fließe aus einer öffentlichrechtlichen Reallast, die auf allen parzellierten Grundstücken ruhe. Beide Untergerichte haben das Bestehen einer solchen Reallast verneint. Der Oberste Gerichtshof vermag sich jedoch diesem Standpunkt aus folgenden Erwägungen nicht anzuschließen:

Von Reallasten des öffentlichen Rechtes spricht man dann, wenn sie auf einer im öffentlichen Interesse erlassenen Gesetzesvorschrift beruhen (Klang Komm 2. Auflg 2. Band S 620, 621). Das bedeutet aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, dass nur solche Verpflichtungen als Reallasten in Betracht kommen, die das Gesetz ausdrücklich, wie etwa die zur Straßenherstellung nach § 12 der nöBauordnung angeordnete Grundabtretung festlegt. Es genügt, dass das Gesetz die Möglichkeit zur Auferlegung solcher Verpflichtungen eröffnet. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Abteilungsbewilligung von der Erfüllung bestimmter Verpflichtungen abhängig zu machen. Um eine Verpflichtung privatrechtlicher Natur kann es hier schon deshalb nicht handeln, weil die Verpflichtung einseitig durch die bewilligende Behörde bindend auferlegt, also durch einen Hoheitsakt begründet wurde. Es wurden auch nicht privatrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den Abteilungswerbern und der Gemeinde geregelt, sondern öffentliche Interessen wahrgenommen. Dass die Abteilungsbewilligung gesetzwidrige Bedingungen aufgenommen habe oder unter solchen erlassen worden sei, wird nicht behauptet. Dies würde aber, ihre Rechtskraft vorausgesetzt, nichts daran ändern, dass auch solche Verpflichtungen für die Abteilungswerber und ihre Rechtsnachfolger bindend wären (VwGH vom 26. 9. 1907, Slg 1907 Nr. 5375). Jedenfalls gehen die in der Abteilungsbewilligung auferlegten Lasten als öffentliche Lasten des parzellierten Grundes mit diesen auf die Rechtsnachfolger der Abteilungswerber über (VwGH 5. 1. 1915 Nr. 10682, Fussnote 40 der Manzausgabe der niederösterr. Bauordnung 3. Aufl. und VwGH Slg 1902 Nr. 978). Da es sich also um öffentlichrechtliche Reallasten handelt, ist für ihre Wirksamkeit die Eintragung im Grundbuch nicht erforderlich (Klang aaO S 621). Die Beklagte haftet daher ebenso wie die Abteilungswerberin selbst für die Erfüllung der im Gemeinderatsbeschluss vom 9. 11. 1929 aufgenommenen Verpflichtungen zur Herstellung der Zufahrtsstraße und zur Herstellung und Erhaltung sämtlicher Straßen im Parzellierungsgebiete.

Ob nun der Kläger die Kosten der Straßenherstellung als Ersatz nach § 896 ABGB oder als Aufwand aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1035 ff ABGB) verlangen kann, hängt zunächst davon ab, ob es sich bei der auf Grund der Reallast zu erbringenden Leistung um eine unteilbare Leistung handelt (s Gschnitzer Klang Komm 2. Aufl 4. Band S 287, Ehrenzweig II/1 7. Aufl. S 104 f). Dies trifft dann zu, wenn das Erstgericht etwa auf Grund eines SV-Gutachtens zum Ergebnis gelangt, dass die Straßen nur einheitlich, nicht aber von jedem Grundstückseigentümer nach Gutdünken hergestellt werden können. Gelangt das Erstgericht jedoch zur Feststellung, dass die Herstellung der Straße auch in Teilstücken möglich wäre, dann wird es zu untersuchen haben, ob die Voraussetzungen nach §§ 1035 ff ABGB zutreffen. Da die Unterlagen für eine solche Entscheidung fehlen, musste den Rekursen beider Parteien in diesem Punkte, wenn auch aus anderen Gründen als denen des Aufhebungsbeschluss, ein Erfolg versagt werden.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die Bestimmung des § 52 ZPO.

Anmerkung

E73504 7Ob423.55

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0070OB00423.55.1228.000

Dokumentnummer

JJT_19551228_OGH0002_0070OB00423_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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