TE OGH 1956/6/20 7Ob287/56 (7Ob328/56)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.06.1956
beobachten
merken

Norm

ABGB §364
ABGB §523

Kopf

SZ 29/47

Spruch

§ 523 ABGB. ist auch zur Abwehr mittelbarer Angriffe vom Nachbargrunde her anzuwenden. In einem solchen Falle ist das Begehren auf Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes gerichtet.

Entscheidung vom 20. Juni 1956, 7 Ob 287, 328/56.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Über die der beklagten Partei gehörige Liegenschaft führt von dem den Klägern gehörigen Besitze ein Ablaufkanal zur Gasteiner Ache. Mit der Behauptung, daß widerrechtlich an dem Kanal Veränderungen vorgenommen worden seien, stellten die Kläger in der am 26. Februar 1955 eingebrachten Klage das Begehren, den früheren Zustand wiederherzustellen, und sie verlangen auch die Verurteilung der Beklagten, ihnen die Kosten eines vorangegangenen Wasserrechtsverfahrens zu ersetzen.

Das Erstgericht hat das Begehren auf Kostenersatz wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen und das auf Wiederherstellung des früheren Zustandes gerichtete Begehren wegen Verjährung abgewiesen. Unzulässigkeit des Rechtsweges liege vor, weil über die Kosten des Verwaltungsverfahrens gemäß § 106 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes allein die Verwaltungsbehörden zu entscheiden hätten, möge schließlich auch ihre Unzuständigkeit ausgesprochen worden sein; die Behauptung, daß dem Ersatzanspruch schuldhaftes Verhalten des Gegners zugrunde liege, könne die gerichtliche Zuständigkeit nicht begrunden. Das auf Restitution gerichtete Begehren sei seinem Wesen nach ein solches auf Ersatz des Schadens und verjährt, weil den Klägern bereits am 16. August 1950 der Schaden und auch die Person des Schädigers bekanntgeworden und bis zur Einbringung der Klage die Frist des § 1489 ABGB. verstrichen war.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Kläger nicht Folge gegeben und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Zu dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß, womit der Beschluß auf Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges bestätigt wurde, wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, die Frage des Kostenersatzes im Verwaltungsverfahren sei mit dem Ausspruch der Verwaltungsbehörde, daß die Beteiligten die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen haben, endgültig erledigt und könne in einem gerichtlichen Verfahren nicht mehr aufgerollt werden, selbst dann nicht, wenn der Ersatzanspruch aus einem Verschulden abgeleitet werde. In der Hauptsache sei aber das Erstgericht im Recht, weil die Klage auf Rückversetzung in den vorigen Stand eine Entschädigungsklage im Sinne des § 1489 ABGB. sei und daher der kürzeren Verjährungsfrist unterliege. Der Umstand, daß die beklagte Partei das Recht auf Einschränkung der Dienstbarkeit noch nicht ersessen habe, hindere nicht den Lauf der Verjährungsfrist;, diese sei auch durch die Tatsache nicht unterbrochen worden, daß ein Verwaltungsverfahren eingeleitet wurde.

Der Oberste Gerichtshof wies den in der Revisionsschrift enthaltenen Rekurs zurück, gab im übrigen der Revision der klagenden Parteien Folge, hob die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Soweit die Revision die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges bekämpft, ist sie als Rekurs zu behandeln. Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz, durch die der erstrichterliche Beschluß bestätigt wurde, sind nach § 528 ZPO. unzulässig. Die bestätigende Entscheidung ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch dann unanfechtbar, wenn die Bestätigung - wie im vorliegenden Fall - nur aus den Gründen zu entnehmen ist. Mangels Anfechtbarkeit des in die Entscheidung der zweiten Instanz aufgenommenen Beschlusses war demnach der Rekurs zurückzuweisen (JB. 63 neu).

In der Hauptsache kommt der Revision Berechtigung zu. Auszugehen ist von dem Klagsvorbringen, daß am 10. August 1950 vom Ablaufkanal Wässer in die Zentralheizungsanlage eingedrungen und am 16. August 1950 infolge giftiger Abzugsgase bei mehreren Angestellten Vergiftungserscheinungen aufgetreten seien. In diesem Vorbringen liegt die Behauptung der Kläger, daß sie durch Einwirkungen von der Nachbarliegenschaft her in ihrem Eigentumsrechte verletzt wurden. Derartige Angriffe sind nach der Bestimmung des § 523 ABGB. abzuwehren. Diese bezieht sich zwar auf die Anmaßung eines Rechtes oder einer Dienstbarkeit; allein es bestehen keine Bedenken, sie auch zur Abwehr mittelbarer Angriffe vom Nachbargrunde her anzuwenden. Denn § 364 ABGB. ist eine Fortbildung des in den §§ 354 und 362 ABGB. ausgesprochenen Grundsatzes, daß der Eigentümer jeden anderen von dem Schalten mit der Substanz oder den Nutzungen ausschließen kann (siehe hiezu Klang 2. Aufl. zu § 523 ABGB.). Aus der Natur der vorliegenden Klage als eines Anwendungsfalles der negatorischen Klage ergibt sich, daß bei einem rechtswidrigen Eingriff in den bestehenden Zustand - und ein solcher ist jener, welcher untersagt werden kann - Wiederherstellung des ordnungsmäßigen Zustandes erfolgen muß. Dafür spricht auch die Bestimmung des § 339 ABGB., der den analogen Fall für das Besitzverhältnis in gleicher Weise regelt. Die vorliegende Klage ist demnach nicht als Entschädigungsklage aufzufassen - die Kläger stellen nicht einen durch Verschulden bedingten Schadenersatzanspruch und verlangen auch nicht Vergütung für eine widerrechtliche Schädigung -, sondern ein besonderer Fall der Negatorienklage, für die die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. keinesfalls gilt. Diese Erwägungen führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Rückverweisung der Sache an die erste Instanz zur neuerlichen Verhandlung.

Anmerkung

Z29047

Schlagworte

Eigentumsfreiheitsklage, mittelbare Einwirkung, Einwirkung, mittelbare, Negatorienklage, Immissionen, Eigentumsfreiheitsklage, Mittelbare Einwirkung, Negatorienklage, Nachbarrecht, mittelbare Einwirkung, Negatorienklage, Negatorienklage, mittelbare Einwirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1956:0070OB00287.56.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19560620_OGH0002_0070OB00287_5600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten