TE OGH 1956/8/29 2Ob440/56

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Veröffentlicht am 29.08.1956
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Norm

Ehegesetz §3
Entmündigungsordnung §4 Abs2

Kopf

SZ 29/57

Spruch

§ 4 Abs. 2 EntmO. ist durch § 3 EheG. insofern abgeändert worden, als nunmehr zur Eingehung einer Ehe einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person grundsätzlich die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters hinreicht.

Entscheidung vom 29. August 1956, 2 Ob 440/56.

I. Instanz: Bezirksgericht Knittelfeld; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Das Erstgericht wies den Antrag einer beschränkt Entmundigten, ihr zur Eingehung der Ehe die pflegschaftsbehördliche Genehmigung zu erteilen, ab, weil die beabsichtigte Eingehung der Ehe der Pflegebefohlenen nicht in deren Interesse gelegen sei.

Das Rekursgericht hob über Rekurs der Antragstellerin den erstgerichtlichen Beschluß auf.

Der Beistand der beschränkt Entmundigten habe die Rechte und Pflichten eines Vormundes. Nach § 3 EheG. bedürfe, wer minderjährig oder aus anderen Gründen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, zur Eingehung einer Ehe lediglich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beistandes Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem Gerichte die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin gegen den erstgerichtlichen Beschluß auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Rekursgerichte ist darin zuzustimmen, daß die Bestimmung des § 4 Abs. 2 EntmO., wonach wegen Geisteskrankheit und Geistesschwäche beschränkt Entmundigte nur mit Einwilligung des, Beistandes und des Gerichtes eine Ehe eingehen können, durch § 3 EheG. insofern eine Änderung erfahren hat, als nunmehr zur Eingehung einer Ehe einer in, der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person grundsätzlich die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters hinreichend ist (vgl. Kapfer, ABGB., Anm. 2 zu § 4 Abs. 2 EntmO.). Wie der Beistand in seinem Revisionsrekurse richtig ausgeführt hat, hat er jedoch seine Einwilligung nur unter einer Bedingung gegeben. Es gibt jedoch Rechtsgeschäfte, welche die Beifügung von Bedingungen oder Zeitbestimmungen überhaupt nicht oder die Beifügung von Bedingungen bestimmter Art, z. B. auflösender, nicht vertragen. So ist es bei den auf Begründung oder Aufhebung von Statusverhältnissen gerichteten Rechtsgeschäften, z. B. der Eheschließung. Die Bekundung des Ehewillens vor dem Standesbeamten zur Eheschließung ist nach dem Wortlaut des EheG. bedingungsfeindlich, weil der Rechtsbestand der Ehe weder von einer auflösenden noch von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht werden kann (§ 17 Abs. 2 EheG.; vgl. insbesondere auch Schwind, Kommentar zum österreichischen Eherecht, S. 121; Volkmar - Antoni, Großdeutsches Eherecht, S. 98). Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zur Eheschließung kann zwar bedingt oder befristet sein, zur Zeit der Eheschließung muß aber die Bedingung erfüllt oder der Zeitpunkt eingetreten sein (vgl. Auert, Das neue großdeutsche Eherecht, S. 85). Im vorliegenden Fall hat jedoch der Beistand seine Zustimmung zur Eheschließung davon abhängig gemacht, daß dem Bräutigam nach der Eheschließung keine Verfügungsgewalt über das Vermögen der Antragstellerin eingeräumt werde. Überdies hat der Beistand nach Fällung der Entscheidung der ersten Instanz sein Einverständnis mit dem die pflegschaftsbehördliche Genehmigung verweigernden Beschluß erklärt, insbesondere deshalb, weil er erst jetzt von den vielen Vorstrafen des Bräutigams Kenntnis erhalten habe, und damit seine bedingte Einwilligung bereits vor Fällung der Rekursentscheidung widerrufen. Ein solcher Widerruf muß jedoch vor Schließung der Ehe als zulässig erkannt werden (Schwind a. a. O. S. 71; Auert a. a. O.). Der Fall ist daher so zu behandeln, als ob der Beistand seine Einwilligung überhaupt verweigert hätte, weshalb sich das Rekursgericht mit der Frage zu befassen haben wird, ob triftige Gründe für die Verweigerung der Einwilligung vorliegen (§ 3 Abs. 3 EheG.).

Anmerkung

Z29057

Schlagworte

Beistand, Einwilligung zur Eheschließung, Beschränkte Entmündigung, Einwilligung zur Eheschließung, Eheschließung beschränkt Entmundigter, Einwilligung zur Eheschließung eines beschränkt Entmundigten, Entmündigung, beschränkte, Einwilligung zur Eheschließung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1956:0020OB00440.56.0829.000

Dokumentnummer

JJT_19560829_OGH0002_0020OB00440_5600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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