TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/9 2001/13/0234

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Veröffentlicht am 09.03.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §138 Abs2;
FinStrG §162 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde des Mile P in W, vertreten durch Dr. Oliver Koch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kramergasse 3/7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 18. Mai 2001, Zl. RV/75- 10/99, betreffend Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einer am 4. Februar 1999 durchgeführten Verhandlung erließ der Spruchsenat des Finanzamtes für den 1. Bezirk in Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegenüber dem Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

"(Der Beschwerdeführer) ist schuldig; er hat im Bereiche des Finanzamtes für Körperschaften in Wien als Geschäftsführer der (X. GmbH) vorsätzlich

1)

unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des USt-Gesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar:

1-12/95

51.037,-- S

1-12/96

48.595,-- S

1/97

3.412,-- S

2-6/97

101.797,-- S

2)

dadurch vorsätzlich einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht und zwar dadurch, dass Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet wurden, nachstehende Abgabenverkürzung bewirkt und zwar:

Kapitalertragsteuer 2- 6/97

S 133.126,-- .

Er hat sohin das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sowie das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen und wird hiefür nach § 33 Abs. 5 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von

S 130.000,-- (einhundertdreißigtausend Schilling) für den Fall der Uneinbringlichkeit 26 (sechsundzwanzig) Tage

Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG zum Ersatz der mit S 5.000,-- bestimmten Kosten des Finanzstrafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 28 Abs. 1 FinStrG haftet die (X. GmbH) für die Geldstrafe."

In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitraum der für die abgabenbehördlichen Belange der X. GmbH verantwortliche Geschäftsführer gewesen sei. Diese Gesellschaft habe als Betriebsgegenstand das Gastgewerbe gehabt, wobei sie ein ehemaliges Kino für Großveranstaltungen, insbesondere Hochzeiten zur Verfügung gestellt habe. "Zahlreiche Beanstandungen" seien "bereits im Körperschaftsakt enthalten". "Bei Durchsicht der Konten" sei festgestellt worden, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen für 1-3/95 in der Höhe von S 30.155,-- erst im Zuge der gegen die "Schätzungsbescheide" eingebrachten Berufung am 17. Juli 1995 vorgelegt worden seien. Auf Grund dieser Angaben des Beschwerdeführers sei die Steuerlast festgelegt worden. Für die Monate 4-12/95 seien keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch keine Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet worden. In der Jahreserklärung sei in weiterer Folge eine Jahreszahllast von S 51.037,-- einbekannt worden, "auf die fehlenden Monate 4-12/95 entfallen sohin S 20.882,--". Auch dieser "strafbestimmende Wertbetrag" sei an Hand der Angaben des Beschwerdeführers festgestellt worden. Für die Monate 1-9/96 seien wieder keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet worden. Die für diesen Zeitraum entfallende Umsatzsteuerzahllast sei "analog in der Höhe zu den im Berufungsweg für die Monate 10-12/96 einbekannten Zahllasten zugunsten des Beschuldigten zum Zweck des Strafverfahrens" geschätzt worden. Auch die Zahllast 10-12/96 sei erst im Berufungsweg gegen die vorangegangenen "Schätzungsbescheide" in der Höhe von S 12.149,-- einbekannt worden, sodass der gesamte strafbestimmende Wertbetrag der Umsatzsteuer für das Jahr 1996 von S 48.595,-- auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers zurückzuführen sei. Die Umsatzsteuervoranmeldung für 1/97 sei gleichfalls verspätet erst am 30. Mai 1997 mit einer Zahllast in der Höhe von S 3.412,-- eingebracht worden. In der Folge sei das Unternehmen der X. GmbH einer abgabenbehördlichen Prüfung "für den Zeitraum 2-9/97" unterzogen worden, in deren Verlauf eine Reihe gravierender formeller und materieller Mängel festgestellt worden seien, "wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anzeigen im Veranlagungsakt verwiesen werden darf". Auf Grund dieser Prüfungsfeststellungen seien Umsatz- und Erlöszuschätzungen vorzunehmen gewesen, die zu den im Spruch angeführten Nachforderungen an Umsatz- und Kapitalertragsteuer geführt hätten. Rechtlich sei die Abgabenverkürzung eingetreten, weil die im Spruch angeführten Abgaben nicht entrichtet worden seien. Da der Beschwerdeführer als verantwortlicher Geschäftsführer von seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abführung der selbst zu berechnenden Abgaben Bescheid gewusst habe, dieser jedoch nicht nachgekommen sei, habe er "das Tatbild auch subjektiv zu vertreten", wobei er auch gewusst habe, dass mangels Bestehens einer Abgabengutschrift eine Verkürzung eintreten müsse. Ein auf Abgabenverkürzung gerichteter Tatvorsatz sei erkennbar, weil der Beschwerdeführer seit spätestens März 1995 von seiner Verpflichtung "zur Abführung" gewusst habe, weil "er eingeschätzt" worden sei und "gleichzeitig dagegen Berufung erhoben" habe.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wurde vom Beschwerdeführer gerügt, dass sich die seiner Bestrafung zu Grunde liegenden Verfahrensergebnisse lediglich auf Einsicht in die Veranlagungsakten und auf die Ergebnisse des vorangegangenen Abgabenverfahrens stützten, was darauf hindeute, dass die Finanzstrafbehörde irriger Weise von ihrer Bindung an rechtskräftige Abgabenfestsetzungen ausgegangen sein dürfte. Zur subjektiven Tatseite gebe es keine konkreten Verfahrensergebnisse, die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe das Vorliegen von Vorsatz und Wissentlichkeit offensichtlich bloß aus der Organstellung des Beschwerdeführers erschlossen. Die Behörde habe gegen ihre Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit verstoßen und die Beweislast verkannt. Angesichts der im Abgabenverfahren erfolgten Schätzungen wäre ein einwandfreies Ermittlungsverfahren hinsichtlich der subjektiven Tatseite umso mehr geboten gewesen, als die Unterlassung entsprechender Abgabenerklärungen "durch einen regelmäßig veranlagten Abgabenpflichtigen" die Annahme eines Verkürzungsvorsatzes regelmäßig ausschließe, weil die zu erwartende Schätzung kein begünstigendes Ergebnis erwarten lassen könne. Festzustellen wäre überdies gewesen, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache kaum mächtig, bei der Wahrnehmung steuerlicher Pflichten stets auf die Mithilfe anderer Personen angewiesen und durch berufliche Anforderungen überlastet gewesen sei. Die Formulierung des Spruches zum Faktum 2) sei rechtlich untauglich, weil die zentrale Feststellung einer Pflichtverletzung durch die gewählte Spruchfassung nicht zum Ausdruck komme.

In der vor der belangten Behörde am 18. Mai 2001 durchgeführten Verhandlung beantragte die Amtsbeauftragte die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich "der Inkriminierung der Umsatzsteuerverfehlungen betreffend Jänner bis September 1996" wegen des Umstandes, dass die Jahreserklärung das Schätzungsvolumen nicht erreicht habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers dahin Folge, dass sie den bekämpften Strafbescheid, der "im Übrigen unberührt" bleibe, "teilweise im Schuldspruch 1)" wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, nämlich hinsichtlich der die Monate Jänner bis September 1996 betreffenden Umsatzsteuervorauszahlungen mit einem anteiligen strafbestimmenden Wertbetrag von S 36.446,--, sowie im Strafausspruch aufhob und im Umfang der Aufhebung das Finanzstrafverfahren einstellte. Der Rest des Spruches des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:

"Im Übrigen wird der Schuldberufung nicht Folge gegeben.

Für die dem (Beschwerdeführer) nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen weiterhin zur Last fallenden Finanzvergehen (1) der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a Finanzstrafgesetz (hinsichtlich 1996 Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober bis Dezember um insgesamt S 12.149,--, im Übrigen wie Schuldspruch 1 des angefochtenen Erkenntnisses) und (2) der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz wird (der Beschwerdeführer) zu S 90.000,-- (neunzigtausend Schilling - entspricht 6.540,55 EURO) Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit 18 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Mit seiner Strafberufung wird der (Beschwerdeführer) auf diese Entscheidung verwiesen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides aus, dass entgegen dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers die erforderliche eigenständige Würdigung der Verfahrensergebnisse durch die erstinstanzliche Finanzstrafbehörde ohnehin stattgefunden habe. An Überprüfbarkeit oder Nachvollziehbarkeit der "abgabenbehördlichen Ermittlung der jeweiligen Hinterziehungsdimensionen" fehle es nicht. "Grundlegender Schätzungsanlass" sei die "Nichterfassung" von Wareneinkäufen gewesen, wobei sich die Zuschätzungen größenmäßig an tatsächlich festgestellten Lagerbeständen orientiert hätten und dabei bei alkoholfreien Getränken eine monatliche Erneuerung des Lagerbestandes, bei Spirituosen und anderen alkoholischen Getränken eine praxisorientiert entsprechend geringere Absatzfrequenz zu Grunde gelegt worden sei. Konkrete Gründe für die behauptete Realitätswidrigkeit der Schätzungsergebnisse seien dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen gewesen. Von unzureichender Fundierung der Annahmen zur inneren Tatseite könne auch keine Rede sein. Unzulängliche Kenntnisse der deutschen Sprache oder persönliche Überforderung böten keine stichhaltige Erklärung für "spezifisch abgabenunredlich akzentuierte Geschäftspraktiken". Hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen für Jänner bis September 1996 fehle es allerdings an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für den Schuldspruch, weil die Jahreserklärung für 1996 unter der "anteiligen Schätzungsdimension für Jänner bis September 1996" geblieben sei, weshalb sich aus der Sicht des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG die auf diese Monate entfallende Schätzung "als hinfällig" erweise. Hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen für Jänner bis Dezember 1995 scheide eine Tatbeurteilung nach § 33 Abs. 1 FinStrG aus, weil "insoweit lediglich die Differenz zur (richtigen) Jahreserklärung inkriminiert" worden sei. Mit Rücksicht auf die Jahreserklärung vom 11. August 1998 gelte "Sinngemäßes auch für die rechtliche Beurteilung der verkürzten Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober bis Dezember 1996". Nicht anders verhalte es sich auch mit den Umsatzsteuervorauszahlungen für 1997, deren Verkürzung mit Rücksicht auf die richtige (erst nach der Umsatzsteuernachschau vorgenommene) Jahreserklärung allein nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG relevant sei. Angesichts der ausdrücklichen Feststellung des erstinstanzlichen Bescheides, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich seine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt habe, falle es, weil Erkenntnisspruch und Erkenntnisgründe im Kontext zu verstehen seien, auch nicht "entscheidend ins Gewicht", dass die wörtliche Fassung des Spruches zum Faktum 2) versehentlich ohne Bezugnahme auf das Gesetzeskriterium "Verletzung" ausgefallen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, mit welcher der Bescheid - auch nach Maßgabe des formulierten Beschwerdepunktes - nur im Umfang der Bestrafung des Beschwerdeführers als angefochten zu erkennen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Den Aufhebungsgrund der Unzuständigkeit der belangten Behörde sieht der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1999, 98/13/0153, und vom 29. März 2001, 99/14/0105, dadurch verwirklicht, dass an der Entscheidung der belangten Behörde ein Senatsmitglied mitgewirkt habe, welches bloß als Stellvertreter berufen sei, ohne dass die Verhinderung des zunächst zur Entscheidung berufenen Senatsmitgliedes erwiesen sei. Hiedurch sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen worden, einzelne Senatsmitglieder rechtzeitig wegen Befangenheit abzulehnen. In der "Ladung vom 18.05.2000" sei als Beamter des Höheren Finanzdienstes Hofrat Mag. X. genannt, während tatsächlich Oberrat Dr. Y. im Berufungssenat mitgewirkt habe; während als Laienbeisitzer u.a. Dkfm. A. genannt worden sei, habe Dr. B. im Senat mitgewirkt.

Der vom Beschwerdeführer gesehene Aufhebungsgrund ist nicht verwirklicht. Ein Sachverhalt, wie er in den vom Beschwerdeführer angesprochenen Erkenntnissen vom 29. März 2001, 99/14/0105, und vom 15. September 1999, 98/13/0153, Slg. N.F. Nr. 7439/F, zum Anlass für die Aufhebung der dort angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde genommen werden musste, liegt im Beschwerdefall nicht vor. Wie die belangte Behörde durch Vorlage entsprechender Schriftstücke dokumentiert hat, entsprach die Mitwirkung von Oberrat Dr. Y. anstatt von Hofrat Mag. X. als Beamter des Höheren Finanzdienstes der aktuellen Geschäftsverteilung zum Zeitpunkt der Verhandlung und Entscheidung durch die belangte Behörde. Für die Mitwirkung des Laienbeisitzers Dr. B. gilt nichts anderes, während die Verhinderung von Dkfm. A. sowie des primär als Stellvertreter in Betracht kommenden Laienbeisitzers an der Mitwirkung im entscheidenden Senat im Beschwerdefall von der belangten Behörde plausibel erläutert worden ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete Behinderung einer Möglichkeit der Ablehnung einzelner Senatsmitglieder wurde nicht bewirkt, weil in der Ladung zur Berufungsverhandlung vom 18. Mai 2001 jene Personen als Senatsmitglieder genannt worden waren, die auch eingeschritten sind. Die vom Beschwerdeführer angesprochene Ladung vom 18. Mai 2000 bezog sich auf eine Berufungsverhandlung, die zufolge Erkrankung des Beschwerdeführers nicht stattgefunden hatte.

Den Aufhebungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer unter anderem auch im Unterlassen einer Anführung der angewendeten Strafvorschrift im angefochtenen Bescheid und in der unkorrigierten Übernahme eines die Tathandlung der Verkürzung von Kapitalertragsteuer nicht tauglich darstellenden Spruches der Finanzstrafbehörde erster Instanz.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer Fehler des angefochtenen Bescheides auf, die zu dessen Aufhebung führen müssen.

Über den notwendigen Inhalt eines nicht auf Einstellung lautenden Spruches eines Erkenntnisses der Finanzstrafbehörde trifft die nach § 162 Abs. 2 FinStrG auf den Spruch einer Rechtsmittelentscheidung anzuwendende Vorschrift des § 138 FinStrG im Abs. 2 lit. a und b folgende Anordnungen:

"(2) Der Spruch hat, soweit er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

a) die Bezeichnung der Tat, die als erwiesen angenommen wird;

b) die angewendete Strafvorschrift."

Während das Erkenntnis des Spruchsenates im Beschwerdefall dem Gebot des § 138 Abs. 2 lit. b FinStrG durch Nennung der Bestimmung des § 33 Abs. 5 FinStrG als der angewendeten Strafvorschrift noch Rechnung getragen hatte, verstieß die belangte Behörde mit dem von ihr erlassenen, nicht auf Einstellung lautenden Entscheidungsspruch gegen die Gesetzesvorschrift des § 138 Abs. 2 lit. b FinStrG, indem sie die angewendete Strafvorschrift anzuführen unterließ.

Nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Dass der Spruch des erstinstanzlichen Strafbescheides das für die Verwirklichung dieses Straftatbestandes essenzielle Element der Verletzung der im § 33 Abs. 1 FinStrG genannten Pflichten nicht enthielt, war vom Beschwerdeführer in seiner Berufung zutreffend gerügt worden.

Dass es sich bei den Fehlern der Spruchgestaltung durch die Finanzstrafbehörden beider Instanzen (Verstoß gegen § 138 Abs. 2 lit. a FinStrG im erstinstanzlichen Bescheid und zusätzlicher Verstoß gegen § 138 Abs. 2 lit. b FinStrG durch den angefochtenen Bescheid) um bloße Flüchtigkeitsfehler und nicht um Subsumtionsirrtümer handelte, mag zutreffen. Es ist dem Beschuldigten eines finanzstrafbehördlichen Verfahrens aber der Rechtsanspruch auf Unterbleiben eines Strafausspruches zuzubilligen, der den im Gesetz angeordneten Kriterien für die Gestaltung eines Strafausspruches nicht entspricht.

Ob es der Begründung des angefochtenen Bescheides zudem an klaren und eindeutigen Feststellungen fehlt, die hinsichtlich des Voranmeldungsdeliktes nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hatte, wie der Beschwerdeführer meint, bedarf im Beschwerdefall damit keiner Prüfung mehr.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 9. März 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001130234.X00

Im RIS seit

06.04.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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