TE OGH 1958/2/18 4Ob181/57

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Veröffentlicht am 18.02.1958
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Norm

Gehaltsgesetz 1956 §4 Abs7

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SZ 31/24

Spruch

Ein geschiedener Ehegatte hat im Falle seiner Wiederverehelichung trotz eigenen Einkommens der zweiten Ehegattin Anspruch auf die höhere Haushaltszulage.

Entscheidung vom 18. Februar 1958, 4 Ob 181/57.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger ist Vertragsbediensteter eines Bundesministeriums. Er verlangt von der Republik Österreich die Zahlung der Differenz zwischen der ihm zuerkannten kleinen Haushaltszulage von 40 S und der großen Haushaltszulage von 72 S (April bis September 1954), 85 S (Oktober 1954 bis Jänner 1956), 90 S (Februar bis Dezember 1956) und 100 S (seit Jänner 1957) für 36 Monate (1. April 1954 bis 31. März 1957) im Gesamtbetrag von 1690 S.

Das Erstgericht erkannte mit Teilurteil, daß dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1956 bis 31. März 1957 die begehrte Differenz von 50 bzw. 60 S monatlich (unbestrittenermaßen 480 S brutto) zustehe und daß der Zwischenantrag der beklagten Partei, festzustellen, der Kläger habe Anspruch auf Haushaltungszuschuß bzw. Haushaltszulage nur nach Maßgabe des Einkommens seiner jetzigen Gattin, abgewiesen werde. Es führte aus, gemäß § 4 Abs. 7 des für die fragliche Zeit in Betracht kommenden Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, gebühre die Haushaltszulage unter anderem verheirateten Beamten (und Vertragsbediensteten, § 16 VBG.) sowie geschiedenen Bediensteten, wenn der geschiedene Bedienstete verpflichtet sei, für den Unterhalt der geschiedenen Gattin ganz oder teilweise zu sorgen. Gemäß § 4 Abs. 8 GehaltsG. 1956 betrage die monatliche Haushaltszulage bei verheirateten Bediensteten, die keine Kinderzulage erhielten und deren Ehegatten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit von mehr als 460 S monatlich bezögen, 40 S, in allen übrigen Fällen 100 S monatlich. Es stehe außer Streit, daß der Kläger geschieden sei und für die geschiedene Gattin einen Unterhalt leisten müsse, sowie daß er nun mit einer Frau verheiratet sei, die ein monatliches Einkommen von mehr als 460 S beziehe. Wenn sich ein Bediensteter, der für den Unterhalt seiner geschiedenen Gattin zu sorgen habe, wieder vereheliche, sei er zwar fortan wieder den verheirateten Bediensteten zuzuzählen. Bleibe aber seine Unterhaltspflicht für die geschiedene Gattin aufrecht, so bleibe auch seine Belastung mit höheren Lebenskosten bestehen. Er sei nach wie vor ein Bediensteter, dessen Ehe geschieden worden sei und der für den Unterhalt der geschiedenen Gattin zu sorgen habe. Das Schwergewicht der Gesetzesauslegung sei auf die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner geschiedenen Gattin zu legen. Demgegenüber habe das Kriterium des jeweiligen Familienstandes zurückzutreten. Dem Kläger stehe daher gegen die beklagte Partei der Anspruch auf Bezahlung der großen Haushaltszulage (90 bzw. 100 S monatlich) und nicht nur der kleinen (40 S monatlich) zu. Für die neun Monate vom 1. Juli 1956 bis 31. März 1957 stunden dem Kläger daher 480 S brutto zu. Der im Gegensatz dazu stehende Zwischenfeststellungsantrag der beklagten Partei habe abgewiesen werden müssen.

Infolge Berufung der beklagten Partei bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Es führte aus, die klare Absicht des Gesetzgebers gehe dahin, dem Bediensteten, den weiterhin die Unterhaltspflicht für seine geschiedene Gattin treffe, die dadurch erhöhte Lebenshaltung zu erleichtern. Vereheliche er sich bei Fortbestand seiner Unterhaltspflicht noch einmal, so blieben seine Lebenshaltungskosten trotzdem erhöht. Es würde nach der Meinung des Berufungsgerichtes daher dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechen, würde man nunmehr bei Wiederverehelichung die Erhöhung der Lebenshaltungskosten durch das Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der geschiedenen Gattin in Abrede stellen und nur an dem Wort "verheiratet" festhalten. Der grundlegende Irrtum der beklagten Partei liege darin, daß sie übersehe, daß wohl die Begriffe "verheiratet" und "unverheiratet" einander ausschlössen, nicht aber die Begriffe "verheiratet" und "geschieden". Verheirate sich eine geschiedene Person wieder, könne füglich nicht behauptet werden, sie habe aufgehört, geschieden zu sein.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Republik Österreich nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf verwiesen, daß ein geschiedener Ehegatte, der sich wieder verheiratet, nicht aufhört, geschieden und verpflichtet zu sein, seinen aus der Ehescheidung entspringenden Unterhaltsverbindlichkeiten nachzukommen. Der Einwand der Revisionswerberin, nach dem Ehegesetz und dem Personenstandsgesetz sei eine geschiedene Person, die sich wieder verheirate, vom Zeitpunkt ihrer Wiederverheiratung an verheiratet und nicht mehr geschieden, ist nicht berechtigt, denn in keinem der beiden Gesetze findet sich eine Begriffsbestimmung in diesem Sinne. Aus dem Ehegesetz geht vielmehr hervor, daß auch eine Person, die wieder geheiratet hat und daher als verheiratete Person anzusehen ist, ihrer Verpflichtungen und Rechte aus einer vorhergegangenen Ehescheidung nicht ledig wird, vielmehr weiterhin ein geschiedener Ehegatte bleibt. Der geschiedene Ehegatte ist im Verhältnis zum zweiten Ehegatten als verheiratet und gegenüber dem ersten Ehegatten als geschieden anzusehen.

Es ist zuzugeben, daß der Stand einer ledigen Person mit dem einer verheirateten nicht vereinbar ist und daß das eine das andere begrifflich ausschließt. Bei den Begriffen des "Geschiedenseins„ und des "Verheiratetseins" besteht ein solcher begrifflicher Ausschluß dagegen nicht.

Der Grund, warum im § 4 Abs. 7 lit. c GehaltsG. 1956 geschiedenen Bediensteten, die, wie es auf den Kläger zutrifft, für den Unterhalt der geschiedenen Gattin ganz oder teilweise sorgen, die höhere Haushaltszulage zugebilligt wird, liegt darin, daß diese Bediensteten höhere Auslagen haben. Durch die Verehelichung wird an diesen Auslagen und Verpflichtungen nichts geändert, mag auch die zweite Ehegattin ein eigenes Einkommen von mehr als 460 S monatlich beziehen. Dieses Einkommen erleichtert zwar den Haushalt der zweiten Ehe, und der Ehegatte könnte aus diesem Grund nach § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 nur die kleine Haushaltszulage von 40 S monatlich verlangen; durch die zweite Ehe wird aber die aus der Scheidung der ersten Ehe herrührende Verpflichtung des Ehegatten, deretwegen ihm die große Haushaltszulage gebührt hat, nicht behoben. Auch der Zweck des Gesetzes, auf den besonders in der E. des VerwGH. vom 28. Juni 1956, Slg. NF. 4110 (A.), wenn auch für eine formell, aber nicht inhaltlich verschiedene Norm, und in der E. des VerwGH. vom 12. Juli 1957, Zl. 490/57, hingewiesen worden ist, spricht daher für die Richtigkeit der Entscheidung der Untergerichte.

Anmerkung

Z31024

Schlagworte

Bundesbediensteter, geschiedener, höhere Haushaltszulage, Geschiedener Staatsbediensteter, höhere Haushaltszulage, Haushaltszulage, höhere eines geschiedenen Bundesbediensteten, Staatsbediensteter, geschiedener, höhere Haushaltszulage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0040OB00181.57.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19580218_OGH0002_0040OB00181_5700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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