TE OGH 1958/2/26 3Ob87/58

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Veröffentlicht am 26.02.1958
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Norm

EO §42 Abs1 Z1
KO §30

Kopf

SZ 31/32

Spruch

Eine Anfechtungsklage kann grundsätzlich bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen zu einer Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens führen.

Entscheidung vom 26. Februar 1958, 3 Ob 87/58.

I. Instanz: Bezirksgericht Hollabrunn; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Josef G. und Marie G. sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ. 113 Katastralgemeinde G. Im Grundbuch ist die mit Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 16. Februar 1957, 4 Sa 2/57 und 4 Sa 3/57, am 16. Februar 1957 erfolgte Eröffnung des Ausgleichsverfahrens und die mit Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 6. August 1957, 4 S 2/57 und 4 S 3/57, am 6. August 1957 erfolgte Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der beiden Miteigentümer angemerkt. Im Lastenblatt des Grundbuches ist unter OZ. 1, TZ. 559/53, auf Grund des Rückstandsausweises des Finanzamtes H. vom 19. Februar 1953 das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung von 100.000 S und der Kosten von 434 S für die Republik Österreich einverleibt. Unter OZ. 2, TZ. 3844/56, ist auf Grund des Kreditanbotschreibens vom 9. November 1956 und des Annahmeschreibens vom 10. November 1956 das Pfandrecht für den Höchstbetrag von 250.000 S zur Sicherstellung aller Forderungen aus dem dem Josef G. und der Marie G. gewährten Kredit für die Volksbank H. einverleibt und unter OZ. 3 die Verpflichtung der Eigentümer, das Pfandrecht OZ. 1 von 100.000 S s. A. im Tilgungsfall vorbehaltslos löschen zu lassen, angemerkt. Unter OZ. 4, TZ. 4157/56, ist auf die Hälfte in EZ. 113 Katastralgemeinde G. des Josef G. auf Grund des Wechselzahlungsauftrages des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1956, 11 Cg 1453/56-1, zur Sicherung der Forderung von 15.360 S 46 g s. A. das Pfandrecht für die protokollierte Firma V. vorgemerkt. Unter OZ. 7, TZ. 32/57, wurde bei dem Pfandrecht OZ. 4 von 15.360 S 46 g s. A. die Rechtfertigung angemerkt. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hollabrunn vom 20. September 1957, E 2035/57-2, wurde auf Grund des vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1956, 11 Cg 1453/56-1, der protokollierten Firma V. zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 15.360 S 46 g s. A. die Zwangsversteigerung der dem Josef G. gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ. 113 Katastralgemeinde G. bewilligt.

Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Josef G. brachte im Oktober 1957 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 4 Cg 498/57 gegen die Firma V. eine Anfechtungsklage ein. In der Klage wird behauptet und unter Beweis gestellt, daß Josef G. bereits im Oktober 1956 zahlungsunfähig gewesen sei. Die Firma V. sei durch die zwangsweise Pfandrechtsbegründung vor den anderen Konkursgläubigern nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Josef G. begünstigt worden, da sie durch die Einverleibung des Pfandrechtes an der dem Josef G. gehörigen Hälfte der EZ. 113 Katastralgemeinde G. ein Absonderungsrecht erlangt habe, auf das sie nach dem zwischen ihr und Josef G. bestehenden Rechtsverhältnis keinen Anspruch hatte. Der Exekutionstitel gebe nur die prozessuale Möglichkeit, eine Sicherstellung oder Befriedigung im Vollstreckungsweg zu erzwingen, er gebe aber kein materielles Recht auf Sicherstellung. Die Sicherstellung, die die Firma V. erlangt habe, sei eine abweichende Deckung und unterliege daher der Anfechtung wegen Begünstigung gemäß § 30 Abs. 1 Z. 1 KO. Der Masseverwalter stellte das Urteilsbegehren:

Die beklagte Firma V. sei schuldig, ihre Zustimmung zu erteilen, daß das Pfandrecht, welches auf der dem Josef G. gehörenden Hälfte der EZ. 113 Katastralgemeinde G. auf Grund des Wechselzahlungsauftrages des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1956, 11 Cg 1453/56-1, für die vollstreckbare Forderung der protokollierten Firma V. im Betrage von 15.360 S 46 g s. A. zu TZ. 4157/56 einverleibt ist, gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen des Josef G., 4 S 2/57 des Kreisgerichtes Korneuburg, unwirksam sei.

Der Verpflichtete Josef G., vertreten durch den Konkursmasseverwalter, beantragte unter Vorlage eines Durchschlages der Anfechtungsklage und unter Hinweis auf die §§ 30, 35 KO. und 42 Abs. 1 Z. 1 EO. am 29. Oktober 1957 die Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 4 Cg 498/57 anhängige Anfechtungsklage. Zur Begründung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils führte er aus, daß die ganze Liegenschaft im kridamäßigen Versteigerungsverfahren zu verwerten sein werde und daß sich für die ganze Liegenschaft ein höheres Meistbot erzielen lasse, als wenn zuerst die dem Josef G. gehörige Hälfte allein versteigert würde.

Das Erstgericht schob die bewilligte Exekution durch Zwangsversteigerung gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 EO. dem Antrag des Masseverwalters entsprechend auf.

Das Rekursgericht wies den Aufschiebungsantrag ab.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist zunächst zu untersuchen, ob die vom Masseverwalter eingebrachte Anfechtungsklage unter eine der im § 42 Abs. 1 Z. 1 EO. angeführten Klagen eingereiht werden kann. Diese Frage ist zu bejahen. Obwohl in der Anfechtungsklage nur die Unwirksamerklärung des in EZ. 113 Katastralgemeinde G. für die betreibende Partei eingetragenen exekutiven Pfandrechtes für die Forderung von 15.360 S 46 g s. A. den Konkursgläubigern gegenüber begehrt wird, ergreift ein der Klage stattgebendes Urteil doch auch den der Eintragung zugrunde liegenden Wechselzahlungsauftrag des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1956; nach § 35 KO. erlischt nämlich in diesem Fall den Konkursgläubigern gegenüber auch die Wirksamkeit des Exekutionstitels. Die beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 4 Cg 498/57 anhängige Anfechtungsklage kann daher grundsätzlich zu einer Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens führen, wenn die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. Neumann - Lichtblau, Kommentar zur EO., 3. Aufl. I S. 224).

Es ist gerichtsbekannt, daß bei der Versteigerung einer Liegenschaftshälfte mit größter Wahrscheinlichkeit ein geringeres Meistbot erzielt wird, als der Hälfte des Meistbotes entspricht, das bei der Versteigerung der ganzen Liegenschaft zu erzielen wäre. Es muß auch bedacht werden, daß im Versteigerungsweg in der Regel ein geringerer Erlös erzielt wird als bei einem freihändigen Verkauf. Es ist zwar richtig, daß der Konkursmasseverwalter nach § 115 KO. verpflichtet ist, das zur Konkursmasse gehörige Vermögen zu verwerten. Nach § 119 Abs. 1 KO. sind die zur Konkursmasse gehörigen Sachen, sofern nicht eine vorteilhaftere Verwertungsart beschlossen worden ist, auf Antrag des Masseverwalters gerichtlich zu veräußern. Der Masseverwalter könnte nach § 119 Abs. 4 KO. auch in das von der betreibenden Partei gegen den Gemeinschuldner im Zuge befindliche Zwangsvollstreckungsverfahren als betreibender Gläubiger eintreten, er könnte auch die kridamäßige Versteigerung der der Maria G. gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ. 113 Katastralgemeinde G. beantragen. Er würde aber dadurch die Möglichkeit verlieren, eine freiwillige Veräußerung durchzuführen, wenn diese einen besseren Erfolg verspräche. Vor allem würde er gezwungen werden, schon jetzt die Verwertung einzuleiten, und könnte nicht einen ihm oder den Gläubigern günstigeren Zeitpunkt abwarten. Alle diese Umstände sprechen dafür, daß die Fortführung der Zwangsversteigerung der dem Josef G. gehörigen Liegenschaftshälfte mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles für die Konkursmasse verbunden wäre. Es ist auch zu berücksichtigen, daß durch die Fortsetzung des Versteigerungsverfahrers Kosten auflaufen, die die Konkursmasse (den Gemeinschuldner) belasten und vielleicht vermieden werden können.

Die vom Masseverwalter eingebrachte Anfechtungsklage kann auch nicht als aussichtslos bezeichnet werden. Es kann auch nicht gesagt werden, daß eine Aufschiebung des Versteigerungsverfahrens die Befriedigung des betreibenden Gläubigers zu gefährden geeignet sei.

Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Anmerkung

Z31032

Schlagworte

Anfechtungsklage, Aufschiebung der Exekution, Aufschiebung der Exekution, Anfechtungsklage, Exekutionsaufschiebung, Anfechtungsklage, Klage auf Anfechtung, Aufschiebung der Exekution, Konkurs, Anfechtungsklage, Aufschiebung der Exekution, Masseverwalter, Anfechtungsklage, Aufschiebung der Exekution, Zwangsversteigerung, Aufschiebung, Anfechtungsklage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0030OB00087.58.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19580226_OGH0002_0030OB00087_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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