TE OGH 1958/10/29 2Ob168/58

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.1958
beobachten
merken

Norm

ABGB §1098
Meldegesetz 1954 §7 Abs3

Kopf

SZ 31/127

Spruch

Der Hauseigentümer kann vom Hauptmieter bei jeder Aufnahme eines Untermieters die Vorlage des Meldezettels des Untermieters zur Einsicht und allfälligen Unterfertigung verlangen.

Entscheidung vom 29. Oktober 1958, 2 Ob 168/58.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger ist zu fünf Sechsteln Eigentümer und zugleich Verwalter eines Hauses in Wien. Der Beklagte ist in diesem Haus Mieter und hat schon mehrmals Untermieter in seine Bestandwohnung aufgenommen, im April 1956 einen Untermieter, dessen Namen er dem Kläger erstmals in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 30. August 1957 bekanntgab, ohne aber dabei auch die Personalien dieses Untermieters anzugeben.

Im Jahre 1956 führte die Polizei beim Kläger als Hauseigentümer und Hausverwalter verschiedene Erhebungen über die im Haus wohnenden Untermieter durch und machte dem Kläger wiederholt Vorwürfe, weil er über die Untermieter keine Auskünfte geben konnte. Das veranlaßte den Kläger, von seinen Hauptmietern die Vorlage der Meldezettel ihrer Untermieter zu verlangen. So forderte er auch den Beklagten am 11. Oktober 1956 schriftlich auf, ihm bis spätestens 15. Oktober 1956 die Personalien seines Untermieters (Name, Vorname, Geburtsort und -datum) bekanntzugeben, widrigenfalls er gerichtliche Schritte unternehmen müßte; das gelte auch bei einem allfälligen Wechsel des Untermieters. Zur Begründung dieser Aufforderung wies er darauf hin, daß er aus Sicherheitsgrunden und um behördlichen sowie polizeilichen Erhebungen entsprechen zu können, wissen müsse, wer im Haus wohne und im Besitz eines Haustorschlüssels sei. Dieses Schreiben blieb ebenso erfolglos wie zwei spätere, im Auftrag des Klägers unternommene Interventionen der Hausbesorgerin, der der Beklagte nur erklärte, er wisse, was er zu tun habe; das, was der Kläger verlange, müsse nicht sein. Fest steht noch, daß sich der Kläger grundsätzlich weigert, die ihm vorgelegten Untermieter-Meldezettel zu unterschreiben, weil er der Aufnahme von Untermietern ablehnend gegenübersteht.

Das Erstgericht hatte die vom Kläger eingebrachte Klage mit dem Begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Meldezettel der von ihm jeweils aufgenommenen Untermieter dem Kläger vorzulegen, zunächst ohne jede Beweisaufnahme abgewiesen, weil es die Ansicht vertrat, den Beklagten treffe keine gesetzliche Pflicht, dem Verlangen des Klägers zu entsprechen.

Dieses Urteil hob das Berufungsgericht ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Einen Anspruch des Hauseigentümers darauf, daß ihm seine Hauptmieter ihre Untermieter bekanntgeben müßten, leitete es zunächst schon aus der Bestimmung des § 1098 ABGB. ab und verwies auch auf Klang 2. Aufl. V 54, wo hervorgehoben werde, daß dem Bestandgeber zwar nicht das Recht zustehe, die Entfernung fremder Personen aus der Wohnung seiner Bestandnehmer zu verlangen, daß ihn aber die Aufnahme eigentumsgefährlicher oder sonst übel beleumundeter Personen zur Kündigung oder Auflösung des Bestandvertrages berechtige. Das Berufungsgericht betonte ferner, daß die dem Hauseigentümer durch § 3 KSchAusfV., DRGBl. 1939 I S. 1671, eingeräumte Möglichkeit, sich einer vertragswidrigen Untervermietung aus wichtigen Gründen zu widersetzen, erst dann realisiert werden könne, wenn über die Person des Untermieters Klarheit bestehe. Ebenso sei es für die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Kündigungsgrundes im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 3, 10 oder 11 MietG. von erheblicher Bedeutung, daß der Hauseigentümer über die Mitbewohner seiner Mieter Bescheid wisse. Auch verwaltungsrechtliche Bestimmungen unterstützten diesen Standpunkt, so vor allem der § 7 Abs. 3 MeldeG. 1954, BGBl. Nr. 175, der in erster Linie eine Unterfertigung der Meldezettel durch den Hauseigentümer vorsehe, nicht minder schließlich die V. des Landeshauptmanns von Wien vom 23. März 1957, LGBl. Nr. 6 - und auch schon ihre Vorgängerin -, deren § 6 zwar grundsätzlich die Ausfolgung eines Haustorschlüssels auch an Untermieter, zugleich jedoch vorsehe, daß eigentumsgefährlichen Personen die Führung des Haustorschlüssels polizeilich entzogen werden könne, wobei fraglos dem Hauseigentümer ein bezügliches Antragsrecht eingeräumt werden müsse. Aus diesen Erwägungen folgerte das Berufungsgericht, daß der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht schon aus rechtlichen Gründen abgelehnt werden könne, daß es aber an den erforderlichen Feststellungen fehle, um beurteilen zu können, ob und inwieweit der Anspruch auch im konkreten Fall berechtigt sei.

Jetzt erst nahm das Erstgericht Beweise auf, traf die schon eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsansicht der Untergerichte wird vom Obersten Gerichtshof gebilligt. Damit gesteht das Revisionsgericht dem Hauseigentümer das abstrakte Recht zu, von seinen Mietern bei jeder Aufnahme eines Untermieters zu verlangen, daß sie ihm über dessen in einem Meldezettel aufscheinende Personalien Bescheid geben. In erster Linie ist diese Verpflichtung durch Vorlage des Untermieter-Meldezettels zu erfüllen, was sich schon aus § 7 Abs. 3 MeldeG. 1954 ergibt, der die Möglichkeit eines Vorenthaltens von Meldezetteln gedanklich ausschließt. Der so bejahte Anspruch des Hauseigentümers richtet sich ferner primär gegen den Hauptmieter, weil nur dieser, nicht aber sein Untermieter, in einem Vertragsverhältnis zum Hauseigentümer steht, wie sich ja auch eine berechtigte Reaktion des Hauseigentümers gegen die Aufnahme eigentumsgefährlicher oder sonst übel beleumundeter Personen nicht gegen den Aufgenommenen, sondern gegen den Hauptmieter richtet (Klang 2. Aufl. VI 54). Abstrakt kann also der vom Kläger erhobene Anspruch nicht bestritten werden. Die Revisionsausführungen sind aber auch nicht geeignet, den Anspruch des Klägers zumindest im konkreten Fall in Zweifel zu ziehen.

Der Revisionswerber ist vor allem nicht in der Lage, gegen den Klageanspruch mit Erfolg ins Treffen zu führen, daß sich der Kläger festgestelltermaßen prinzipiell weigere, Untermieter-Meldezettel zu unterschreiben. Das mag er im Einzelfall vielleicht sogar berechtigterweise getan haben (vgl. § 7 Abs. 3 letzter Satz MeldeG. 1954); aber auch dann, wenn er die Unterschrift grundlos verweigerte, kann seine bisherige Verhaltensweise nicht damit beantwortet werden, daß man ihm in Hinkunft keinen Untermieter-Meldezettel mehr vorlegt; denn einerseits ist jede Untermieter-Meldung selbständig und von anderen gleichartigen Vorgängen unabhängig, andererseits liegt die möglicherweise grundlose Weigerung des Hauseigentümers, einen ihm vorgelegten Meldezettel zu unterfertigen, auf einer ganz anderen Ebene als sein schon früher bejahtes Recht, über die Untermieter in seinem Haus Bescheid zu wissen. Der Hauptmieter hat daher dem Hauseigentümer die Meldezettel seiner Untermieter zur Einsicht und allfälligen Unterfertigung vorzulegen.

Ein weiterer Einwand des Revisionswerbers geht dahin, der Kläger könne doch nicht erst nach einem halben Jahr die Vorlage eines Untermieter-Meldezettels verlangen; der Beklagte verfüge über diesen Meldezettel gar nicht mehr. Auch damit kann er nicht durchdringen. Wurde dem Recht des Klägers, in den Untermieter-Meldezettel Einsicht zu nehmen, nicht entsprochen und hat sich der Kläger, wie im vorliegenden Fall, dieses Rechtes auch nicht begeben, so kann es eben auch ein halbes Jahr später durchgesetzt werden. Das Verschulden für die Verzögerung trifft ja den Beklagten. Übrigens hätte er sich von seinem Vertragspartner, dem Untermieter, den Meldezettel geben lassen oder aber ein Duplikat verschaffen müssen. Der in diesem Zusammenhang erstmals erhobene Einwand der Unmöglichkeit der Leistung verstößt daher nicht nur gegen das Neuerungsverbot, es fehlt ihm vielmehr jede Grundlage.

Der Revisionswerber übersieht ferner seine schon oben betonte Rechtspflicht, wenn er es dem Kläger aufbürden will, "sich mit dem Untermieter ins Einvernehmen zu setzen oder zur Polizei zu gehen", oder wenn er darauf hinweist, über die Personalien seines Untermieters selbst nicht orientiert zu sein, oder auch darauf, daß ihm der Kläger keinen Spesenersatz angeboten habe.

Anmerkung

Z31127

Schlagworte

Hauseigentümer, Anspruch auf Vorlage des Untermietermeldezettels, Meldezettel des Untermieters, Vorlage an den Hauseigentümer, Untermieter, Vorlage des Meldezettels an den Hauseigentümer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0020OB00168.58.1029.000

Dokumentnummer

JJT_19581029_OGH0002_0020OB00168_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten