TE OGH 1958/11/26 6Ob263/58

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Veröffentlicht am 26.11.1958
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Norm

ABGB §1056

Kopf

SZ 31/148

Spruch

Wird ein bestimmbarer Kaufpreis - auch stillschweigend - nicht bedungen, so ist auch nicht zu einem angemessenen Preis, etwa zum Schätzwert, verkauft.

Entscheidung vom 26. November 1958, 6 Ob 263/58.

I. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Zwischen den Beklagten als den Bestandgebern und dem Kläger als dem Bestandnehmer wurde am 1. Juli 1947 über die Grundstücke 65/1 Acker und 66 Wiese der EZ. 161 Katastralgemeinde N. ein als Pachtvertrag bezeichneter Mietvertrag für die Zeit vom 1. Juli 1947 bis 30. Juni 1956 unter Einräumung des Vorkaufsrechtes an den Kläger abgeschlossen. Im Punkt 3 des schriftlichen Vertrages wurde u. a. festgehalten, daß "beabsichtigt ist, den Pachtgrund an den Pächter zu verkaufen, sobald die Währungsverhältnisse derart stabilisiert sind, daß die Entschädigung in vollwertigem Gelde erfolgen kann," ferner, daß "die Verpächter einverstanden sind, nach Ablauf der Pachtzeit und auch während der Dauer derselben jederzeit ein gleich großes Grundstück in der gleichen Bonitätsklasse und in gleicher wirtschaftlicher Lage an Zahlungs Statt vom Pächter anzunehmen und dagegen das Pachtgrundstück dem Pächter ins Eigentum zu übertragen".

Im Punkt 6 des Vertrages heißt es: "Sollten die Währungsverhältnisse während der Pachtdauer nicht stabilisiert werden und deshalb ein direkter Verkauf unterbleiben und dem Pächter auch das Anbot einer gleichwertigen Ersatzwiese nicht möglich sein, so erklärt sich dieser bereit, nach Beendigung des Pachtverhältnisses das Pachtgrundstück binnen Jahresfrist in den früheren Zustand zurückzuversetzen und die ihm gehörigen Sachen wieder wegzunehmen. All das, was nicht weggebracht wird, fällt nach Fristablauf entschädigungslos in das Eigentum der Verpächter."

Das Erstgericht hat das Klagebegehren, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, einzuwilligen, daß die Grundstücke 65/1 Acker und 66 Wiese vom Gutsbestand der EZ. 161 Katastralgemeinde N. abgeschrieben werden, hiefür eine neue Einlagezahl errichtet und in dieser das Eigentumsrecht des Klägers Zug um Zug gegen Bezahlung des durch gerichtlich bestimmte Sachverständige ermittelten vollen Gegenwertes oder des vom Richter zu bestimmenden Preises einverleibt werde, mangels Vereinbarung eines bestimmbaren Kaufpreises abgewiesen.

Über Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil bestätigt und gemäß § 500 Abs. 2 ZPO. ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Ausführungen der Rechtsrüge in der Revision laufen darauf hinaus, aus dem oben angeführten ersten Satz des Punktes 6 des Bestandvertrages ergebe sich, daß der Verkauf im Fall der - in der Folge eingetretenen - Stabilisierung der Währungsverhältnisse innerhalb der Pachtdauer bindend vereinbart worden sei; als Preis sei ein dem "vollen Wert" der Grundstücke entsprechender Betrag vereinbart worden, dieser Wert könne ohne weiteres durch eine Schätzung der Grundstücke ermittelt werden; der schriftliche Bestandvertrag sei in Ansehung des damit vereinbarten Kaufvertrages als Punktation nach § 885 ABGB. anzusehen.

Entscheidend ist die Frage, ob der Umstand, daß im schriftlichen Bestandvertrag die Absicht der Beklagten, die vermieteten Grundstücke dem Kläger bei Stabilisierung der Währung innerhalb er Bestandzeit zu verkaufen, in der Form niedergelegt wurde, der Verkauf sei beabsichtigt, "sobald die Währungsverhältnisse derart stabilisiert sind, daß die Entschädigung in vollwertigem Gelde erfolgen kann", zu der vom Kläger gewünschten Vertragsauslegung führt, daß die Grundstücke unter der Bedingung, daß die Währung innerhalb der Bestandzeit stabilisiert werde, um den Schätzungswert (nach der Währungsstabilisierung) verkauft würden. Der Oberste Gerichtshof tritt der Ansicht der Untergerichte bei, daß diese Frage verneint werden muß. Mit Recht verweist das Berufungsgericht darauf, daß die sprachliche Auslegung im Hinblick auf die Worte "es ist beabsichtigt" gegen eine Bindung spricht (wogegen die Bestimmung des ersten Satzes des Punktes 6 des Vertrages, die in erster Linie die Verhältnisse bei Beendigung des Bestandverhältnisses - wenn es zu keinem Verkauf oder Tausch kommt - regeln soll, weniger ins Gewicht fällt) und nicht gestattet, im Hinweis auf die Möglichkeit, den als Entschädigung bezeichneten Kaufpreis in vollwertigem Gelde zu bezahlen, die Vereinbarung des Schätzungswertes oder sonst einer bestimmten oder bestimmbaren Menge dieses vollwertigen Geldes als Kaufpreis zu erblicken. Bei Vorbehalt der Preisvereinbarung ist aber ein beide Teile bindender Kaufvertrag nicht zustandegekommen (Ehrenzweig 2. Aufl. II/1 S. 406; Bettelheim in Klang 1. Aufl. II/2 S. 978). Dafür, daß (im Sinne von Ehrenzweig a. a. O. 406 f.) die Streitteile in dem Bestandvertrag die Preisfestsetzung als entbehrlich unterlassen haben oder daß (im Sinne der Entscheidung 7 Ob 261/56) der nicht genannte Preis in einer bestimmten Weise festgesetzt werden solle, gibt der Vertrag keinen Anhaltspunkt. Wenn ein bestimmbarer Kaufpreis (auch stillschweigend) nicht bedungen ist, ist nicht zu einem angemessenen Preis, etwa zum Schätzungswert, verkauft (Bettelheim a. a. O.). Die Festsetzung des Preises kann gemäß §§ 1056 f. ABGB. nur einer dritten bestimmten Person oder mehreren bestimmten Personen, nicht aber erst noch zu wählenden Sachverständigen oder dem Gericht überlassen werden (GlUNF. 1140, ZBl. 1923 Nr. 42).

Anmerkung

Z31148

Schlagworte

Bestimmbarkeit des Kaufpreises, Kaufvertrag, bestimmbarer Kaufpreis, Preis, Bestimmbarkeit, Schätzwert, bestimmbarer Kaufpreis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0060OB00263.58.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19581126_OGH0002_0060OB00263_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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