TE OGH 1958/12/17 3Ob508/58

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Veröffentlicht am 17.12.1958
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Norm

6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §17
JN §1
Mietengesetz §19

Kopf

SZ 31/157

Spruch

Für die Kündigung eines vom Außerstreitrichter nach den Bestimmungen der 6. DVzEheG. begrundeten oder geänderten Mietverhältnisses ist der Rechtsweg zulässig.

Entscheidung vom 17. Dezember 1958, 3 Ob 508/58.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Die Ehe der Streitteile wurde mit 10. Februar 1957 geschieden. Das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz verfügte mit Beschluß vom 17. September 1957, 15 Nc 501/57-12, daß die Ehefrau an Stelle des Ehemannes in das Mietverhältnis, betreffend die Ehewohnung, einzutreten habe und in Ansehung eines in der Entscheidung näher bezeichneten Zimmers samt Nebenräumen zugunsten des Ehemannes ein Untermietverhältnis begrundet werde.

Nunmehr kundigte die Klägerin das Untermietverhältnis und machte als Kündigungsgrund rücksichtsloses und grob ungehöriges Verhalten nach §§ 19 Abs. 2 Z. 3 und 12 MietG. geltend. Der Beklagte wendete ein, die Sache gehöre im Sinne der 6. DVzEheG. vor den Außerstreitrichter, und beantragte Abgabe der Rechtssache an diesen.

Das Erstgericht wies den Antrag ab, das Rekursgericht gab ihm jedoch statt.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 17 6. DVzEheG. kann bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Richter seine Entscheidung ändern, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten notwendig ist. Aus der im Außerstreitverfahren ergangenen Rekursentscheidung vom 8. Oktober 1957, 2 R 1036/57, geht nun allerdings hervor, daß das Rekursgericht davon ausgegangen ist, daß die Befürchtungen der Ehefrau, es würden sich durch das Zusammenwohnen neue Reibungspunkte ergeben, unbegrundet seien. Sie hatte nämlich im Rekurs behauptet, daß ihr geschiedener Gatte sie bedrohe und beschimpfe.

Das Rekursgericht meint nun, die von der Klägerin eingebrachte Aufkündigung sei nichts anderes als der Antrag eines Ehegatten, die durch den seinerzeitigen Beschluß begrundete Untermiete wegen dieser Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Sie würde dazu führen, daß bei Lebzeiten beider Gatten vom Außerstreitrichter begrundete Mietverhältnisse nur von ihm wieder gelöst werden könnten und der Vermieter gehalten wäre, stets zu beweisen, daß die Maßnahme zur Vermeidung grober Unbilligkeiten notwendig wäre. Es würde dann z. B. nicht genügen, daß der Mieter trotz Mahnung keinen Zins bezahlt, sondern es müßte der Vermieter noch die weiteren Voraussetzungen des § 17 6. DVzEheG. beweisen. Bei Anwendung des § 17 der genannten Verordnung würde also nicht nur ein anderes Verfahren Platz greifen, sondern es wären auch ganz andere materielle Rechtssätze anzuwenden.

§ 17 6. DVzEheG. stellt einen erheblichen Eingriff in den Grundsatz der Wahrung der materiellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung dar. Das Gesetz stellt daher für die Anwendung dieser Bestimmung strenge Voraussetzungen auf. Es verlangt, daß die unbillige Härte nicht anders vermeidbar sei. Daraus ergibt sich, daß von dieser Bestimmung nur aus wirklich zwingenden Gründen Gebrauch gemacht werden soll (Hoffmann - Stephan, Hausratsverordnung, S. 55; DJ. 1944 S. 282). Geänderte Verhältnisse im Sinne dieser Gesetzesstelle liegen vor, wenn die besonderen Grundlagen der ersten Entscheidung nicht mehr wie bisher bestehen. Es kann sich nur um Fälle handeln, in welchen das Gericht eine gestaltende Verfügung getroffen hat, so daß sie, um unbillige Härten zu vermeiden, abgeändert werden muß. Von der Notwendigkeit der Erlassung einer neuen rechtsgestaltenden Verfügung kann aber nicht die Rede sein, wenn auf Grund allgemeiner gesetzlicher Bestimmungen eine Rechtsfolge eintritt, deren Durchsetzung die Härte beseitigt. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kommt § 17 der genannten Verordnung zur Anwendung, welche Bestimmung die Änderung der Regelung erleichtern und nicht erschweren soll. Es ergibt sich daraus, daß nach der 6. DVzEheG. begrundete Haupt- oder Untermietverhältnisse durch Kündigung oder Klage nach § 1118 ABGB. gelöst werden können und hiezu keineswegs eine rechtsgestaltende Verfügung des Außerstreitrichters notwendig ist. Ob dasselbe auch bei anläßlich der Ehescheidung vergleichsweise begrundeten Bestandverhältnissen gilt, wie Schwind (Kommentar zum österreichischen Eherecht, S. 333) im Anschluß an die Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien EvBl. 1949 Nr. 353 meint, braucht hier nicht erörtert zu werden. Die Entscheidung JBl. 1946 S. 353 steht hiemit nicht im Widerspruch. Dort wird gerade der umgekehrte Fall behandelt, daß nämlich ein Ehegatte, nachdem er vor Inkrafttreten der 6. DVzEheG. zur Räumung verurteilt wurde, verlangt, ihm die Wohnung wegen geänderter Verhältnisse zuzuweisen. Dies hat nichts mit der Frage zu tun, wer zur Entscheidung über die Auflösung eines vom Außerstreitrichter geschaffenen Bestandverhältnisses zuständig ist.

Anmerkung

Z31157

Schlagworte

Aufkündigung eines nach der 6. DVzEheG. begrundeten Mietverhältnisses„ Rechtsweg, Kündigung eines nach der 6. DVzEheG. begrundeten Mietverhältnisses„ Rechtsweg, Mietverhältnis nach der 6. DVzEheG. Kündigung, Rechtsweg, Rechtsweg Zulässigkeit, Kündigung eines nach der 6. DVzEheG., begrundeten Mietverhältnisses, Zulässigkeit des Rechtsweges, Kündigung eines nach der 6. DVzEheG., begrundeten Mietverhältnisses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0030OB00508.58.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19581217_OGH0002_0030OB00508_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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