TE OGH 1959/5/27 1Ob170/59

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Veröffentlicht am 27.05.1959
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Norm

Allgemeine Bankbedingungen Pkt. 21 Abs2
ABGB §879
ABGB §1396

Kopf

SZ 32/68

Spruch

Punkt 21 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der dem Verband österreichischer Banken und Bankiers angeschlossenen Bankinstitute über den Ausschluß einer Verpflichtung der Bank zur Einziehung sicherheitshalber zedierter Forderungen ist nicht sittenwidrig.

Entscheidung vom 27. Mai 1959, 1 Ob 170/59.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Nachdem ein früheres Urteil des Erstgerichtes, das den Wechselzahlungsauftrag über 26.858 S aufrechterhalten hatte, vom Berufungsgericht hinsichtlich eines Teilbetrages von 25.720 S aufgehoben worden war, erkannte das Erstgericht, daß der Wechselzahlungsauftrag über diesen Betrag als unwirksam aufgehoben werde. Das Erstgericht stellte fest, daß der Beklagte seine Forderung gegen die Firma Sch. & M. in der Höhe von 25.000 S dem klagenden Bankhaus am 31. August 1956 zur Sicherstellung aller aus Kreditgewährung zustehenden Forderungen abgetreten habe, womit die Klägerin einverstanden gewesen sei. Die Firma Sch. & M. habe die Zession sowohl der Höhe als auch dem Gründe nach unwiderruflich als zu Recht bestehend anerkannt. Am 1. September 1956 habe der Beklagte auf Grund der Zession 80% des Zessionsbetrages als Kredit ausgezahlt erhalten. Trotz Mahnungen der Klägerin habe die Firma Sch. & M. auf die zedierte Forderung nichts gezahlt. Überraschend habe sich dann gegen Ende des Jahres 1957 die Zahlungsunfähigkeit der Firma Sch. & M., die mit der Klägerin auch sonst in Geschäftsverbindung gestanden sei, herausgestellt. Am 20. November 1957 sei über das Vermögen der Firma und ihrer beiden persönlich haftenden Gesellschafter das Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Bei der Klägerin habe die allgemeine Praxis bestanden, daß die vom debitor cessus eingehenden Beträge aus einer Sicherstellungszession zur Abdeckung des Passivsaldos des Zedenten verwendet worden seien. Dies sei auch bei den Zessionskrediten der Fall gewesen, die der Beklagte von der Klägerin früher erhalten habe. Auch damals habe er der Klägerin keinen besonderen Auftrag zum Inkasso erteilt. Da es sich um eine Zession zahlungshalber handle, könne der Gläubiger auf die ursprüngliche Forderung erst zurückgreifen, wenn er vergebens versucht habe, die zedierte Forderung einzuziehen. Die Bestimmung des Punktes 21 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der dem Verband österreichischer Banken und Bankiers angeschlossenen Bankinstitute, wonach die Bank eine Verpflichtung zur Einziehung und eine Haftung für deren Durchführung nicht übernehme, widerspreche den guten Sitten und sei deshalb nichtig, weil der Bankenverband seine Monopolstellung zur Beseitigung der sich aus dem Wesen der Abtretung zahlungshalber ergebenden Sorgfaltspflicht bei der Eintreibung der zedierten Forderung ausgenützt habe. Die Klägerin habe die ihr obliegende Sorgfaltspflicht dadurch vernachlässigt, daß sie durch über ein Jahr seit der Abtretung und trotz eines Anerkenntnisses der Firma Sch. & M. die Forderung nicht eingetrieben habe. Dadurch habe sie die Möglichkeit des Rückgriffes gegen den Beklagten verloren.

Infolge Berufung der Klägerin bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Es nahm eine stillschweigende Zession zur Einziehung für gegeben an. In den Geschäftsbedingungen sei entgegen der Meinung der Klägerin nur von verpfändeten, nicht aber von sicherstellungsweise abgetretenen Forderungen die Rede. Die wiederholten Mahnungen der Klägerin ließen nicht auf eine bloße Zession zur Sicherstellung schließen. Die Klägerin beobachte nach den Feststellungen des Erstgerichtes die Übung, die von den übernommenen Schuldnern eingehenden Beträge aus einer Sicherstellungszession zur Abdeckung des Passivsaldos des Zedenten zu verwenden. Durch diese Handlungsweise habe die Klägerin stillschweigend ihren Willen zum Ausdruck gebracht, eine Forderung nicht bloß zur Sicherstellung, sondern auch zur Einziehung zu übernehmen (§ 863 ABGB.). Dadurch, daß die Klägerin ein Jahr bis zur Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Firma Sch. & M. mit der Klageführung gezögert habe, sei sie in der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht säumig geworden und könne deshalb gegen den Beklagten nicht Regreß nehmen.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach den Feststellungen der Untergerichte hat sich die Klägerin die Forderung des Beklagten gegen die Firma Sch. & M. in der Höhe von 25.000 S zu dem Zweck zedieren lassen, damit der dem Beklagten von der Klägerin gewährte Kredit gesichert werde. Es handelt sich also um eine Sicherstellungszession. Eine solche Zession hat die Funktion einer Verpfändung, weil die zedierte Forderung für die Schulden des Zedenten beim Zessionar zu haften hat. Die Meinung des Berufungsgerichtes, der Punkt 21 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beziehe sich nur auf verpfändete und nicht auch auf sicherstellungsweise zedierte Forderungen, ist mit Rücksicht auf die Gleichartigkeit beider Rechtsinstitute abzulehnen. Das Berufungsgericht übersieht, daß die Diktion der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keineswegs präzis ist und daß im Punkt 19 vom Pfand an Rechten, von verpfändeten Werten, sicherungsweise abgetretenen Rechten, als Sicherheit dienenden Rechten, der Bank haftenden Forderungen und Sicherheiten ohne klare Abgrenzung gesprochen wird. Wenn dann im Punkt 21 Abs. 2 von als Pfand haftenden Forderungen die Rede ist, kann diese Bestimmung nur in dem Sinne einer dem Pfandzweck dienenden Überlassung einer Forderung des Kommittenten an die Bank in welcher Art immer verstanden werden, ganz besonders wenn bedacht wird, daß die Grenze zwischen der Verpfändung und der Sicherungsabtretung einer Forderung durchaus nicht eindeutig feststeht. Dazu kommt, daß der Forderungspfandnehmer von vorneherein nicht ohne weiteres zur Einziehung der verpfändeten Forderung befugt ist und daß deshalb die im Abs. 2 des Punktes 21 enthaltene Ablehnung einer Pflicht der Bank zur Einziehung der Forderung gerade auf die Sicherungsabtretung zugeschnitten zu sein scheint. Es wäre auch nicht einzusehen, warum der Verband österreichischer Banken und Bankiers gerade nur einen der Fälle der Sicherung eines Kredites durch Forderungen hätte regeln wollen. Abgesehen von diesen Erwägungen mußte aber die angeführte Bestimmung jedenfalls analog auf sicherstellungsweise zedierte Forderungen angewendet werden.

Die angeführte Bestimmung des Punktes 21 Abs. 2 widerspricht nicht den guten Sitten. Das Berufungsgericht hat Sittenwidrigkeit selbst nicht angenommen. Das Argument des Erstgerichtes aber, der Bankenverband habe seine Monopolstellung dazu ausgenützt, um gesetzliche Haftungen zu beseitigen, ist unrichtig. Es handelt sich nämlich nicht um die Beschränkung der gesetzlichen Haftung, sondern darum, unter welchen Voraussetzungen die Bank bereit ist, Forderungen als Kreditsicherstellung anzunehmen. Das Bestreben der Bank, für die Erhaltung und Sicherung der ihr zur Sicherstellung überlassenen Forderungen nicht sorgen zu müssen, ist keine unbillige Ausnützung der für den Umfang und Inhalt einer Zession geltenden Vertragsfreiheit.

Der Beklagte hat anläßlich der Zession vom 31. August 1956 bestätigt, daß für die Abtretung die Allgemeinen Bedingungen für die Sicherungsabtretung von Forderungen (also insbesondere Punkt 21) Gültigkeit haben sollten. Damit hat sich der Beklagte einverstanden erklärt, daß die Klägerin nicht verpflichtet ist, für die Einbringung der zur Sicherung abgetretenen Forderung gegen die Firma Sch. & M. zu sorgen, und daß er selbst in dieser Richtung das Nötige vorzusorgen hat. Er kann daher der Klägerin nicht einwenden, daß sie durch Untätigkeit die Uneinbringlichkeit der Forderung gegen die Firma Sch. & M. verschuldet habe und daher nicht berechtigt sei, auf Grund des Darlehensvertrages der Streitteile vom Beklagten Zahlung zu verlangen. Der Einwand des Beklagten, er wäre infolge der Zession zur Klage gegen die Firma Sch. & M. nicht mehr legitimiert gewesen, so daß er die Uneinbringlichkeit der Forderung nicht hätte verhindern können, ist unzutreffend. Wenn die Klägerin nämlich vom Beklagten nach Punkt 19 Abs. 6 "entsprechend unterrichtet" worden wäre, hätte er von ihr die Ermächtigung, Klage gegen die Firma Sch. & M. zu führen, erlangen können. Nur dann, wenn sich die Klägerin grundlos geweigert hätte, könnte ihr ein Vorwurf gemacht werden, der zur Schadenersatzpflicht führen könnte.

Das Berufungsgericht nimmt zu Unrecht an, daß zwischen den Streitteilen stillschweigend die Abmachung zustandegekommen sei, die Klägerin habe für die Einziehung der Forderung gegen die Firma Sch. & M. zu sorgen. Mit Rücksicht auf den Wortlaut des Punktes 21 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wäre eine solche Annahme unberechtigt. Aber auch die Tatsache, daß die Klägerin die genannte Firma mehrmals gemahnt und die aus Sicherstellungszessionen eingehenden Beträge zur Abdeckung des Passivsaldos der Zedenten üblicherweise verwendet hat, spricht nicht für die Ansicht des Berufungsgerichtes. Nach der genannten Bestimmung hatte die Klägerin ja das Recht, aber nicht die Pflicht zur Einziehung, und die Verwendung der aus einer Zession eingehenden Beträge für die gesicherte Kreditforderung der Klägerin entspricht dem Zweck der Zession.

Es ergibt sich, daß der Beklagte auf Grund des Kreditvertrages zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet ist, weil er der Klägerin nicht abmachungs- oder gesetzwidrige Unterlassungen zum Vorwurf machen kann. Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung liegt daher vor.

Der Beklagte hat gegen die an sich bestehende Klageforderung Gegenforderungen bis zu deren Höhe eingewendet. Sie beziehen sich darauf, daß die Klägerin ungeachtet des Mangels ihrer Pflicht zur Einziehung doch ein Verschulden treffen soll, weil sie von der Zahlungsunfähigkeit der Firma Sch. & M. gewußt und die Rückzession der Forderung an den Beklagten unterlassen habe. Da die Untergerichte dazu nicht Stellung genommen haben, konnte das Revisionsgericht das Urteil des Berufungsgerichtes nicht abändern, sondern es mußten mangels der Möglichkeit, ein Teilurteil zu fällen (§ 391 Abs. 3 ZPO.) die Urteile der Untergerichte aufgehoben und die Rechtssache zur Entscheidung über die Gegenforderungen an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Bei der neuerlichen Entscheidung wird, falls sich die Parteien darauf berufen, auch zu prüfen sein, ob inzwischen etwa Ausgleichsquoten der Firma Sch. & M. eingegangen sind.

Anmerkung

Z32068

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0010OB00170.59.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19590527_OGH0002_0010OB00170_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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