TE OGH 1959/9/23 6Ob217/59

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Veröffentlicht am 23.09.1959
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Norm

ABGB §1273
Lottopatent §27

Kopf

SZ 32/114

Spruch

Bei einem Ausspielgeschäft, bei dem bestimmte Sachen Gewinne sind, kann ein Gewinn nur gegen Vorweisung des bezüglichen Loses verlangt werden.

Entscheidung vom 23. September 1959, 6 Ob 217/59.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Kläger hat nach seinen Behauptungen für die von der beklagten Partei für den 12. Oktober 1958 geplante Flugveranstaltung drei mit Losen kombinierte Eintrittskarten zum Preis von je 30 S erworben. Wegen Schlechtwetters habe die Veranstaltung schließlich erst am 9. November 1958 stattgefunden, wovon er erst nachträglich erfahren habe. Die gekauften Lose seien vom Kläger vernichtet worden, weil er von dem Termin der Veranstaltung nichts mehr gehört habe. Das von ihm erworbene und schließlich vernichtete Los Nr. 14.492 sei mit dem ersten Preis, einem Personenkraftwagen Marke Opel-Rekord, Baujahr 1958, gezogen worden. Die Beklagte, die zu der Ausspielung nur eine Bewilligung der Salzburger Landesregierung und der Polizeidirektion gehabt habe, nicht aber die nach den Lottovorschriften erforderliche Genehmigung, weigere sich, den Gewinn an den Kläger herauszugeben. Es werde daher begehrt, die beklagte Partei zur Herausgabe eines fabriksneuen Personenkraftwagens der erwähnten Marke an den Kläger zu verpflichten, wobei der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt werde, sich durch Zahlung eines Betrages von 49.900 S von dieser Herausgabepflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens.

Außer Streit wurde gestellt, daß der Kläger die von ihm nach seinen Behauptungen erworbenen Lose nicht mehr besitzt und sie der Beklagten niemals vorwies. Im übrigen stellte das Erstgericht fest, daß Notar Dr. H. am 3. November 1958 die Nummernkärtchen zu den hier in Betracht kommenden 10.000 Losen in einen Papiersack einzählte und diesen versiegelte, ferner daß Notar Dr. H. anläßlich der Verlosung am 9. November 1958 bekundete, daß der erste Treffer auf die Nummer

14.492 gezogen wurde.

Das Erstgericht erachtete die Durchführung weiterer Beweise für entbehrlich und wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab. Im konkreten Fall liege eine Ausspielung vor, auf die die Vorschriften des Lottopatents Anwendung fänden. Demnach könne ohne Zurückstellung des Originaleinlagescheines (Loses) in keinem Fall ein Gewinn angesprochen werden. Der Kläger könne daher ohne Vorweisung des Loses den Gewinn nicht beanspruchen. Eine Amortisation des Loses als Inhaberpapier sei nicht möglich. Ob der Kläger den Erwerb des Loses beweisen könne und aus welchen Gründen er es vernichtet habe, sei demnach unerheblich.

Das Berufungsgericht bestätigte auf Berufung des Klägers das Ersturteil und sprach gemäß § 500 Abs. 2 ZPO. aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es verhandelte, 10.000 S übersteige. Die vom Kläger im Zusammenhang mit der Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens sei nicht gegeben. Das Ersturteil sei frei von Rechtsirrtum. Es liege hier zweifellos eine Ausspielung vor, welche darin bestehe, daß jemand, um bestimmte Sachen zu verlosen, nach einem bekannten Spielplan Lose mit der Bestimmung verkaufe, daß die Sachen denjenigen zufallen sollten, deren Lose gezogen würden (Ehrenzweig 2. Aufl. II/1 S. 619). Das Lottopatent vom 12. März 1813 beziehe sich nicht nur auf das sogenannte Lotto, sondern, wie insbesondere aus den §§ 27 ff. hervorgehe, auch auf das Ausspielen von Waren, Pretiosen und Effekten. Gemäß § 15 des Lottopatents könne aber ohne Beibringung und Zurückstellung der Originaleinlagescheine (hier des Originalloses) in keinem Fall ein Gewinn angesprochen bzw. Zahlung desselben geleistet werden. Auch Klangs Kommentar zum ABGB. stehe auf dem Standpunkt (Wolff in Klang 2. Aufl. V 1002), daß das Ausspielgeschäft eine Lotterie sei, welche der staatlichen Genehmigung bedürfe und auf welche das Lottopatent sowie die sonstigen Lottovorschriften Anwendung zu finden hätten. Damit erweise sich auch die Annahme der Berufung, der Kläger könne sich auf sein Vertrauen auf den von der Beklagten geschaffenen Tatbestand stützen, als unhaltbar. Ob sämtliche Eintrittskarten zur Teilnahme an der Verlosung berechtigten oder nur eine bestimmte Kategorie derselben, immer handle es sich dabei um eine Ausspielung, welche nach den Bestimmungen des Lottopatents zu beurteilen sei. Selbst wenn man aber der Argumentation folgen wollte, daß die Bestimmungen des Lottopatents nicht zur Anwendung kämen, könne der Ausspielende nach der Rechtslehre zu § 1273 ABGB. (Wolff in Klang a. a. O.) nur dann auf Leistung geklagt werden, wenn die Sache hinterlegt wurde, was im vorliegenden Falle vom Kläger gar nicht behauptet worden sei. Im übrigen habe auch das Erstgericht durchaus richtig argumentiert, daß im Fall der Nichtgenehmigung der Ausspielung deren Nichtigkeit gegeben wäre. Dann aber könne der Kläger erst recht keinen Anspruch auf Ausfolgung seines Gewinnes erheben, vielmehr höchstens den Betrag für die bezahlten Lose zurückverlangen, was er in seinem Klagebegehren jedoch nicht getan habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im angefochtenen Urteil wurde unter eingehender Hervorhebung des in Betracht kommenden einschlägigen Schrifttums überzeugend dargelegt, daß es sich im vorliegenden Fall um ein Ausspielgeschäft handelt und das Ausspielgeschäft Lotterie ist, bei der bestimmte Sachen Gewinne sind und daher die Bestimmungen des Lottopatents Anwendung finden. Der Oberste Gerichtshof hat gegen diese, mit der Rechtslehre übereinstimmende Auffassung keine Bedenken. Das Ausspielen von Waren, wie im vorliegenden Fall, fällt jedenfalls unter § 27 des Lottopatents. Allerdings kann entgegen der Auffassung der Untergerichte aus § 15 oder sonstigen Bestimmungen des Lottopatents noch nicht abgeleitet werden, daß beim Ausspielen von Waren der Gewinn nur gegen Vorweisung der Originallose begehrt werden könnte.

§ 15 des Lottopatents bezieht sich nach der im Lottopatent gebrauchten Systematik nur auf das Zahlenlotto ("kleines Lotto"). Für das Ausspielen von Waren fehlt eine gleiche Bestimmung im Lottopatent, das auch keine Generalklausel in dieser Richtung enthält. Doch ist damit für den Kläger nichts gewonnen. Wie die Untergerichte zutreffend erkannten, ist das Los ein Inhaberpapier. Eine Kraftloserklärung des gegenständlichen Loses aber ist gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 KraftlosErklG. 1951 nicht zulässig. Daraus folgt (§ 7 ABGB.), daß nur gegen Vorweisung des Originalloses der Gewinn begehrt werden könnte, nicht aber wenn dieses Inhaberpapier in Verlust geraten oder vernichtet worden ist. Überdies vermöchte der Kläger mit dem vorliegenden Begehren schon deshalb auf keinen Fall durchzudringen, weil der Ausspielende nur dann auf Leistung geklagt werden kann, wenn die verloste Sache hinterlegt ist - was der Kläger nicht behauptet hat. Sonst aber könnte nur auf Rückstellung der Einlage geklagt werden (Wolff in Klang a. a. O.). was vom Kläger unterlassen wurde.

Anmerkung

Z32114

Schlagworte

Ausspielgeschäft, Gewinnanspruch nur mit Originallos, Gewinn bei einem Ausspielgeschäft, Vorweisung des Originalloses, Los, Ausspielung, Gewinnanspruch, Verlosung, Gewinnanspruch nur bei Vorweisung des Originalloses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0060OB00217.59.0923.000

Dokumentnummer

JJT_19590923_OGH0002_0060OB00217_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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