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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des D, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 23. Dezember 2004, Zl. Fr-4250a-288/04, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen georgischen Staatsangehörigen, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf die beiden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers vom 13. Juli 2004 und vom 21. Oktober 2004. Dem erstgenannten Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer in insgesamt sechs - näher bezeichneten - Angriffen zwischen 16. April 2004 und 16. Juni 2004 das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130, 15 StGB begangen habe; er sei dafür zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt nachgesehen, verurteilt worden. Der zweitgenannten Verurteilung liege zu Grunde, dass er in zwei - gleichfalls näher bezeichneten - Angriffen ebenfalls das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 erster Fall, 15 StGB begangen habe; diesfalls sei er zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden.
Aus diesen Verurteilungen schloss die belangte Behörde auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG. Weiters erachtete sie gemäß § 36 Abs. 1 FrG die Annahme für gerechtfertigt, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, insbesondere an der Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Anderer, zuwiderlaufe. Überdies halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Er habe innerhalb eines äußerst kurzen Zeitraumes acht Diebstähle, davon drei vollendete, begangen, um sich durch die wiederkehrende Begehung der Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Von der Möglichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes werde auf Grund des gravierenden Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht.
Der Beschwerdeführer sei am 11. Jänner 2004 unrechtmäßig in Österreich eingereist. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. Oktober 2004 abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer habe im Bundesgebiet keine Familienangehörigen und gehe keiner geregelten Arbeit nach. Es finde daher mit dem Aufenthaltsverbot kein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben statt.
Seinem Vorbringen, es wäre ihm nicht möglich, nach Georgien zurückzukehren, weil er dort in Konflikte mit Partisanen verwickelt und sein Leben in Gefahr wäre, sei zu entgegnen, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht vorgeschrieben werde, dass der Fremde in einen bestimmten Staat auszureisen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) zuwiderläuft (Z 2). In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 99/21/0349).
Die Beschwerde tritt den behördlichen Feststellungen über die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers und die daraus resultierenden rechtskräftigen Verurteilungen nicht entgegen. Es bestehen somit keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 erster, zweiter und vierter Fall erfüllt sei.
Entgegen der Beschwerdeansicht kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch das kriminelle Verhalten des Beschwerdeführers die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein weiterer Aufenthalt gegen das öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und am Schutz fremden Vermögens verstoßen würde. Wegen der wiederholten und gewerbsmäßigen Begehung von Diebstählen, ungeachtet einer bereits erfolgten Verurteilung ist die Prognose für ein weiteres Fehlverhalten nicht von der Hand zu weisen. Nicht nachvollziehbar ist das Beschwerdevorbringen, dass der Gesamtschaden der Diebstähle lediglich EUR 290,-- betrage. Nach den unbestrittenen Feststellungen liegen die Schadensbeträge bei EUR 250,--, EUR 120,-
-, EUR 100,-- und EUR 240,--, um nur die größeren Summen anzuführen. Die Diebstähle sind somit entgegen der Beschwerdeansicht weder lediglich geringfügig noch angesichts ihrer Gewerbsmäßigkeit als "kleinkriminell" zu werten. Soweit sich die Beschwerde unter Hinweis auf hg. Rechtsprechung darauf beruft, dass die Straftaten des Beschwerdeführers die erforderliche "erhebliche" Gefährdung nicht befürchten ließen, ist ihr zu entgegnen, dass nach dem vorhin Gesagten im strafbaren Verhalten des Beschwerdeführers durchaus eine erhebliche Gefährdung des genannten öffentlichen Interesses begründet liegt.
Unbestritten befindet sich der Beschwerdeführer erst kurze Zeit im Bundesgebiet, geht hier keiner geregelten Arbeit nach und hat im Inland keine Familienangehörigen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass mit dem Aufenthaltsverbot kein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 FrG verbunden ist, ist somit nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde betrachtet den Hinweis der belangten Behörde auf die Unerheblichkeit einer Verfolgungsgefahr im Heimatland des Beschwerdeführers als zynisch. Dieser Vorwurf ist unberechtigt, weil bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes tatsächlich nicht zu prüfen ist, ob und in welches Land der Fremde abgeschoben wird (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 9. September 1999, Zl. 99/21/0215). Für die Beurteilung einer Unzulässigkeit der Abschiebung aus den Gründen des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG stehen die Verfahren nach § 8 Asylgesetz 1997 bzw. § 75 Abs. 1 FrG und § 56 Abs. 2 FrG zur Verfügung.
Demnach ist der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland tatsächlich Verfolgung, Verschleppung oder sogar der Tod drohe, der Boden entzogen.
Letztlich ist kein Umstand zu erkennen, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Gebrauch zu machen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005210037.X00Im RIS seit
19.04.2005