TE OGH 1960/3/22 3Ob101/60

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Veröffentlicht am 22.03.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Ersten Präsidenten Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Lachout, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der betreibenden Parteien 1.) Peter A*****, Besitzer vulgo H*****, 2.) Johann F*****, Besitzer vulgo G*****, beide vertreten durch Dr. Herbert Tax, Rechtsanwalt in Köflach, wider die verpflichteten Parteien 1.) Kreszentia K*****, Landwirtin, vulgo W***** in *****, wohnhaft in *****, 2.) mj. Peter K*****, vertreten durch die Vormünderin Kreszentia K*****, beide vertreten durch Dr. Josef Schuster, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Unterlassung (Streitwert S 3.000) infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 28. Jänner 1960, AZ 3 R 1041/59, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 19. November 1959, GZ E 6165/59-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Im Zuge eines beim BG Voitsberg von Peter A***** vulgo H***** gegen die sechs Miteigentümer der Liegenschaft EZ 30, KG G*****, eingeleiteten Streitverfahrens wegen Feststellung des Bestandes der Dienstbarkeit eines Geh- und Fahrrechtes 3 C 539/57 wurde bei der Verhandlung am 7. 11. 1957 unter Beitritt des Johann F***** vulgo G***** ein gerichtlicher Vergleich geschlossen. Unter den beklagten Parteien befanden sich Kreszentia K*****, vulgo W*****, als Miteigentümerin zu 1/4 und der mj. Peter K***** als Miteigentümer zu 3/20. Nach dem Inhalt des Vergleiches verzichteten Peter A***** und Johann F***** auf die Benützung jenes Weges, der vom Gemeindeweg abzweigt und in der Folge über den Schweineauslauf Parzelle 139, KG G***** zur Gemeindestraße G*****-K***** führt (Pkt 1 des Vergleiches). Dafür erklärten die sechs Beklagten ihr Einverständnis, dass an Stelle jenes Teiles des Gemeindeweges, welcher durch den Hofraum vulgo W***** führt, am Hang südlich des Bächleins, welcher die südliche Begrenzung der Parzelle 139 bildet, ein neuer Caterpillarweg angelegt wird, wobei die Trassierung dieses Weges dem Sachverständigen der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Graz überlassen wird. Dieser neue Weg verläuft dann bis zum Gemeindeweg G*****-K*****, der Weg kann eine Breite von höchstens 3 m haben (Pkt 2 des Vergleiches). Dieser neue Weg soll seiner Rechtsnatur nach ein Gemeindeweg werden; hiezu ist die Zustimmung des Gemeinderates von G***** notwendig und ist der Vergleich bis zu dieser Zustimmung nur bedingt abgeschlossen (Pkt 3 des Vergleiches). Die weiteren Bestimmungen des Vergleiches beschäftigen sich mit der Frage der Weiterbenützung des bisherigen strittigen Weges, der Kosten der Errichtung des neuen Weges und der von den Berechtigten zu bezahlenden Entschädigung für den Grund der beklagten Parteien. Peter A***** vulgo H***** und Johann F***** vulgo G***** behaupteten in dem am 30. 10. 1959 gegen Kreszentia K***** und dem mj. Peter K***** eingebrachten Exekutionsantrag, dass der Gemeinderat der Gemeinde G***** den in Aussicht genommenen Wegabschnitt als Gemeindeweg übernimmt und anerkennt, dass der Vergleichsweg bereits von der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Graz zweimal trassiert und ausgepflockt wurde, dass aber die verpflichteten Parteien die Pflöcke herausgerissen haben und nicht dulden, dass der Vergleichsweg angelegt wird. Sie beantragen daher gegen die beiden Verpflichteten Exekution nach § 355 EO. Die Erstverpflichtete gab bei der Vernehmung vor dem Erstgericht zu, dass sie die betreibenden Parteien hindere, den von ihnen beabsichtigten Weg über den Grund anzulegen und zwar deshalb, weil der Weg nicht dem Pkt 2 des Vergleiches vom 7. 11. 1957 entspreche. Die betreibenden Parteien wollen den Weg anders anlegen, sodass dadurch größerer Schaden entstehe.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 19. 11. 1959 den betreibenden Parteien wider die verpflichteten Parteien auf Grund des Vergleiches vom 7. 11. 1957 zur "Erwirkung der weiteren Verhinderung" der Trassierung und Anlegung des im Pkt 2 des Vergleiches genannten Weges durch die Verpflichteten die Exekution. Es trug den Verpflichteten auf, jede Behinderung der betreibenden Parteien bei der Anlage des im Pkt 2 des Vergleiches vom 7. 11. 1957, 3 C 539/57

d. BG Voitsberg genannten Weges zu unterlassen; sonst werde gegen sie auf Antrag der betreibenden Parteien eine Geldstrafe von S 1.000 zugunsten des Armenfonds der Gemeinde G*****, im Nicheinbringlichkeitsfalle Haft in der Dauer von 10 Tagen verhängt. Es trug den Verpflichteten ferner auf, für den durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden eine Sicherheit von S 1.000 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution beim BG Voitsberg zu erlegen. Die Sicherheit habe für die Dauer von sechs Monaten zu haften. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Parteien Folge und änderten den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es den Exekutionsantrag abwies. Es hatte gegen die Bestimmtheit des Pkt 2 des Vergleiches als Exekutionstitel keine Bedenken und bejahte auch die Legitimation der betreibenden Parteien, da die Erklärung der Gemeinde G*****, "den neuen in Aussicht genommenen Weg als Gemeindeweg zu übernehmen und anzuerkennen", nicht geeignet wäre, einen Forderungsübergang an die Gemeinde G***** zu bewirken. Da jedoch der Vergleich nach der Aktenlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Exekutionsantrag hinsichtlich des mj. Verpflichteten nicht pflegschaftsbehördlich genehmigt war, sich das Miteigentumsrecht des Minderjährigen auf die ganze Sache erstrecke, ergebe sich die rechtliche Konsequenz, dass der Vergleich auch gegen die übrigen eigenberechtigten Vertrags- bzw Vergleichspartner der betreibenden Parteien nicht vollstreckt werden können. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Parteien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.

Einer Dienstbarkeit bedeutet eine Beschränkung des Eigentumsrechtes. Steht das dienende Gut im Miteigentum, so kann die Dienstbarkeit nur durch alle Miteigentümer eingeräumt werden. Da es sich hiebei um eine Verfügung über das Recht der Miteigentümer im Ganzen handelt, ist hiezu das Einverständnis aller Teilhaber notwendig (§ 828 ABGB). Eine Verfügung auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses wäre nur innerhalb des Rahmens der ordentlichen Verwaltung zulässig; dazu gehört aber nicht die Einräumung einer Dienstbarkeit. Da im vorliegenden Fall Miteigentümer des dienenden Gutes ein Minderjähriger ist, ist der bei Gericht abgeschlossene Vergleich erst mit der vormundschaftsbehördlichen Genehmigung gemäß § 233 ABGB wirksam (vgl E GlUNF 5464 u. a.). Würde die Genehmigung vom Vormundschaftsgericht versagt, so wäre die vertragsmäßige, im Vergleich festgehaltene Einräumung der Dienstbarkeit auch den eigenberechtigten Miteigentümern der Liegenschaft gegenüber hinfällig (vgl Klang2 III/1092 Pkt c SZ VI 303). Da zur Zeit der Entscheidung über den Exekutionsantrag durch das Erstgericht eine vormundschaftsbehördliche Genehmigung des gerichtlichen Vergleiches nicht vorlag, der Oberste Gerichtshof auf Grund der Sach- und Rechtslage, zur Zeit der Beschlussfassung durch das Erstgericht entscheiden muss, konnte dem Revisionsrekurs aus den angeführten Gründen nicht Folge gegeben werden. Auf die Behauptung im Revisionsrekurs, dass inzwischen die vormundschaftsbehördliche Genehmigung erteilt worden sei, kann als unzulässige Neuerung nicht Bedacht genommen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO.

Anmerkung

E75750 3Ob101.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00101.6.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19600322_OGH0002_0030OB00101_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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