Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster, Dr. Gitschthaler, Dr. Zierer und Dr. Bachofner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I., Rosenbursenstraße 1, wider die beklagte Partei Adolf H*****, vertreten durch Dr. Alexander Koch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 464,80 S infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 23. Feber 1960, AZ 42 R 120/60, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 1. Dezember 1959, GZ 35 C 1548/59-4, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt die Zahlung des Betrages von 464,80 S aufgrund folgender Behauptungen:
Der Beklagte sei als Polizeirayonsinspektor in einem Dienstverhältnis zur klagenden Partei gestanden und aufgrund des rechtskräftigen Urteiles vom 21. 4. 1959, mit welchem er wegen Verbrechens nach den §§ 101, 102c StG und Art IX EGVG ohne Aufschub der Rechtsfolgen verurteilt wurde, aus der Sicherheitswache ausgeschieden. Da das Gerichtsurteil der Bundespolizeidirektion erst am 22. 5. 1959 zugestellt worden sei, seien dem Beklagten irrtümlich vom Zentralbesoldungsamt noch die Bezüge für den Monat Mai ausbezahlt worden. Zur teilweisen Abdeckung des Übergenusses seien die Sonderzahlungen für Monate Jänner bis April 1959 nicht ausbezahlt worden, doch hafte der Klagsbetrag noch aus.
Das Erstgericht erklärte das Verfahren für nichtig und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Es führte aus, dass über die Gehaltsforderung des Beklagten im Verwaltungsverfahren abzusprechen sei. Aus diesem Grund könne auch eine zu Unrecht erfolgte Zahlung nicht im ordentlichen Rechtsweg zurückverlangt werden.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Es führte im Wesentlichen aus: Da der Beklagte bei Empfang des Klagsbetrages bereits aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ausgeschieden war, habe er auf diese Bezüge keinen Anspruch mehr gehabt. Einem aus dem Bundesdienst ausgeschiedenen Beamten gegenüber stehe der Verwaltungsbehörde das Mittel des Abzuges unberechtigter Empfänge vom Gehalt nicht mehr zur Verfügung. Es liege daher der Rechtsgrund des § 1435 ABGB vor. Der ordentliche Rechtsweg sei daher zulässig. Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs des Beklagten. Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung der zweiten Instanz trotz der Formulierung als Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses inhaltlich eine Abänderung ist.
Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte macht geltend, dass seine Ausscheidung aus dem öffentlichen Dienst nicht bereits mit der Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteiles, sondern erst mit Rechtskraft des Ausscheidungsbeschlusses, das ist am 17. 7. 1959, eingetreten sei. Diese Ansicht ist nicht richtig. Gemäß § 116 Dienstpragmatik ist die Entlassung eines Beamten, gegen den ein strafgerichtliches Urteil ergangen ist, das nach den bestehenden Gesetzen den Verlust des Amtes unmittelbar zur Folge hat, ohne weiteres im administrativen Weg zu verfügen. Gemäß § 26 lit d StG zieht die Verurteilung wegen eines Verbrechens den Verlust jedes öffentlichen Amtes nach sich. Die Rechtsfolge des Amtsverlustes tritt also kraft Gesetzes ein, ohne dass es eines rechtsbegründenden Verwaltungsaktes der Entlassung bedarf. Der gemäß § 26 DP im administrativen Weg zu verfügenden Entlassung kommt lediglich der Charakter einer Durchführung zu, welche nur deklarative Bedeutung hat. Die Rechtsfolgen des Strafurteiles treten also schon am Tag der Rechtskraft dieses Urteiles ein (Erlass des BKA v 11. 12. 1924 Zl 28434 bei Hackl: DP, Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg 821, 1451). Nach den Behauptungen der klagenden Partei bestand also im Zeitpunkt der Auszahlung des Maibezuges kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mehr. Daraus folgt, dass Klagegrund des Begehrens nicht das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, sondern die Leistung ohne jeden Rechtsgrund, demnach ein privatrechtlicher Titel ist. Der Rechtsweg ist demnach gemäß § 1 JN zulässig. Auf die Ausführungen des Revisionsrekurses zur Frage der Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes war nicht einzugehen, weil über diese Einrede von den Untergerichten noch nicht entschieden wurde. Dem Revisionsrekurs war demnach der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E84894 1Ob194.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00194.6.0610.000Dokumentnummer
JJT_19600610_OGH0002_0010OB00194_6000000_000