TE OGH 1960/8/9 3Ob216/60

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Veröffentlicht am 09.08.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Ersten Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zierer, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Hammer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz L*****, Major, ***** vertreten durch Dr. Franz Krammelhofer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei mj. Georg L*****, vertreten durch die eheliche Mutter und Sachwalterin Anna G*****, diese vertreten durch Dr. Richard Fuchs und Dr. Gustav Teicht, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert 31.290,50 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 5. April 1960, GZ R 206/60-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 24. Februar 1960, GZ C 14/60-7, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass der Revision werden das angefochtene Urteil sowie das Ersturteil und das gesamte bisher durchgeführte Verfahren als nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen.

Die Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Der Kläger ist durch gerichtlichen Vergleich verpflichtet, für seinen ehelichen Sohn Georg 20 % seines jeweiligen Nettoeinkommens an Unterhalt zu bezahlen. Am 28. 5. 1955 wurde die Unterhaltsverpflichtung auf 18 % des um die Kinderbeihilfe verringerten Nettoeinkommens herabgesetzt. Das Kind führte wegen eines behaupteten Unterhaltsrückstandes und wegen der laufenden Unterhaltsbeträge Exekution mit der Behauptung, dass bestimmte dem Kläger zugekommene Sonderzahlungen und Gebühren (Zuteilungsgebühren und Trennungsgebühren) dem als Berechnungsgrundlage dienenden Nettoeinkommen nicht zugezählt worden seien. Der Kläger wandte sich gegen die Exekutionsbewilligung mit Rekurs, dem vom Rekursgericht mit der Begründung nicht Folge gegeben wurde, dass die Frage im Rekursverfahren nicht entschieden werden könne, weil als alleinige Entscheidungsgrundlage nur die Aktenlage zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Beschlusses in Betracht komme, diese aber für eine Entscheidung nicht ausreiche. Das Vorbringen des Rekurswerbers könne vielmehr nur im Wege eines Antrages nach § 10a Abs 2 EO oder einer Oppositionsklage Berücksichtigung finden. Der Kläger begehrte daraufhin mit der vorliegenden Oppositionsklage den Ausspruch der Unzulässigkeit der Exekution.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Auffassung, dass Sonderzulagen, Zuteilungsgebühren und Trennungsgebühren zum Nettoeinkommen im Sinne des Exekutionstitels gehören. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, weil es die Ansicht vertrat, dass die nach der Reisegebührenvorschrift ausbezahlten Gebühren nicht zum Nettoeinkommen gehören, sondern einen reinen, wenn auch pauschalierten Aufwandersatz darstellen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrunde des § 503 Z 4 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst musste die Zulässigkeit des Rechtsweges geprüft werden. Das Berufungsgericht hielt ihn für zulässig, weil der Kläger die Tilgung der Schuld durch erfolgte Zahlungen behauptet, die Rechtslage nur dann anders wäre, wenn der Streit über die Berechnungsgrundlagen lediglich für die Höhe des Forderungsrückstandes von Bedeutung wäre, die Berechtigung der Exekutionsführung dagegen unangetastet bliebe, in welchem Falle nur das Verfahren nach § 10a Abs 2 EO unter Ausschluss des Rechtsweges in Frage käme. Das Berufungsgericht stützt sich dabei auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, SZ XVI 127, in welcher in einem gleichgelagerten Fall die Meinung vertreten wurde, dass ein Rechtsstreit über Einwendungen nach § 35 EO auch dann zulässig sei, wenn die Frage des Umfanges der Dienstbezüge eine Rolle spiele, weil diese Frage als Vorfrage zu lösen sei. Über eine solche könne aber auch dann entschieden werden, wenn für sie allein nur das außerstreitige Verfahren zulässig wäre. Der Oberste Gerichtshof hat sich erst in letzter Zeit mit dieser Frage befasst (2. 12. 1959, 3 Ob 474/59, EvBl Nr 53/1960). Der älteren Entscheidung ist beizupflichten, dass die Frage des Umfangs der Dienstbezüge auch im Rechtsstreit über eine Vollstreckungsgegenklage eine Rolle spielen kann, die sodann als Vorfrage in diesem Verfahren zu behandeln ist. Es muss sich aber dabei um Einwendungen handeln, die nicht ausschließlich den Umfang der Dienstbezüge betreffen. Ist dies aber der Fall, dann wird in Wahrheit keine den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsache behauptet, sondern es handelt sich um die inhaltliche und umfängliche Bestimmung des Bruchteilstitels, die nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 10a Abs 2 EO im außerstreitigen Verfahren vorzunehmen ist. Der Kläger hat sich daher bei der Wahl des Rechtsbehelfs vergriffen. Ein Wahlrecht zwischen zwei zulässigen Rechtsbehelfen - Verfahren nach § 10a Abs 2 EO und Klage nach § 35 EO - besteht nicht. Das Verfahren nach § 10a Abs 2 EO wurde geschaffen, um die mit Bruchteilstiteln gegebene Unsicherheit auf einfachem und billigem Weg zu beseitigen. Es kann daneben nicht noch der langwierigere und kostspieligere Rechtsweg eingeräumt werden. Das abgeführte Verfahren und die ergangenen Urteile sind daher nichtig (§ 477 Abs 1 Z 6 ZPO), was anlässlich der Revision zu beachten war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 51 Abs 3 ZPO. Dem Kläger konnte ein Verschulden an der Klagserhebung mit Rücksicht auf die schwankende Rechtsprechung und die in dieser Exekutionssache ergangene Rekursentscheidung, die ihn auf den Weg der Exekutionsklage wies, nicht angelastet werden.

Anmerkung

E76137 3Ob216.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00216.6.0809.000

Dokumentnummer

JJT_19600809_OGH0002_0030OB00216_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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