TE OGH 1961/2/8 3Ob410/60

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Veröffentlicht am 08.02.1961
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** B*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W*****-F***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Franz Wrabetz, Rechtsanwalt in Wien, und den der beklagten Partei im Rechtsstreit beigetretenen Nebenintervenienten Fritz Z*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Alfred Holzberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 226.262,57 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 31. August 1960, GZ 2 R 197/60-61, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24. Mai 1960, 9 Cg 62/59-53, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt die Verurteilung der beklagten Partei zur Bezahlung eines Betrages von S 226.262,57 sA Zug um Zug gegen Übergabe des bestellten Filmkrans (ein fahrbares Gerät zur Beförderung von 3 Personen samt Kamera zwecks Filmaufnahmen in verschiedener Höhe). Der Auftrag sei am 9. 2. 1955 von der damals zwar russisch verwalteten, aber zum Vermögen der beklagten Partei gehörigen "W*****-F*****" erteilt worden, die nach dem Staatsvertrag wieder der beklagten Partei eingegliedert worden sei. Der nach § 19 Abs 1 des 1. StVDG erlassene Gläubigeraufruf für die W*****-F***** veranlasste die klagende Partei, im Sinne des § 19 Abs 4 des 1. StVDG in eventu ein entsprechendes Feststellungsbegehren zu stellen. Die beklagte Partei habe die Übernahme des fertig gestellten Filmkrans und dessen Bezahlung zu Unrecht verweigert.

Der Erstrichter wies nach Einschränkung der Verhandlung auf den Grund des Anspruches das Haupt- und Eventualbegehren ab.

Zur Frage des von der beklagten Partei eingewendeten Mangels der passiven Klagslegitimation und des Eventualbegehrens wurde die Richtigkeit der obigen Klagsbehauptungen über die gesonderte Verwaltung des zum Vermögen der beklagten Partei gehörigen Unternehmens "W*****-F*****" durch die russische Besatzungsmacht und über die Wiedereingliederung in das Vermögen der beklagten Partei nach dem Staatsvertrag festgestellt, sodass die beklagte Partei für die Verbindlichkeiten dieses Unternehmens aus der Zeit der Verwaltung durch die russische Besatzungsmacht gemäß § 22 Abs 1 des 1. StVDG hafte. Die Abweisung des Eventualbegehrens ist gemäß dem von der klagenden Partei gestellten Berufungsantrag nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens.

Zum Hauptbegehren stellte das Erstgericht fest, dass die W*****-F***** am 9. 2. 1955 schriftlich die Herstellung des Filmkrans nach den Konstruktionsplänen einer dritten Person, nämlich der Firma Z*****, bei der klagenden Partei bestellt habe. Die klagende Partei habe in ihrem Schreiben vom 21. 2. 1955 ausdrücklich erklärt, nur die Haftung für die Verwendung von einwandfreiem Material und fachmännische, plangerechte Ausführung zu übernehmen, für die Richtigkeit der von der Fa. Z***** beigestellten Pläne jedoch keine Haftung zu übernehmen. Diese seien von der Fa. Z***** auf Grund von Besprechungen mit Angestellten der Auftraggeberin entworfen worden. Die in den Plänen vorgesehene Hydraulik sei eine Konstruktion der Firma U***** in W*****. Die Planung des Einbaues dieser Hydraulik in den Kran sei durch die Fa. Z***** erfolgt. Zweck und Eigenschaften des Krans, insbesonders dass er kontinuierliche Bewegungen durchführen müsse, seien der klagenden Partei mitgeteilt worden. Die von der Fa. Z***** erstellte Konstruktion ermögliche wegen des Erfordernisses eines stoss- und schwingungsfreien Arbeitens des Krans kein entsprechendes Funktionieren. Insbesondere fehle es an der Möglichkeit, entsprechende Bremsvorrichtungen einzubauen. Die eingeholten Gutachten der Sachverständigen E***** und B***** seien in den entscheidungswesentlichen Teilen übereinstimmend. Der im Herbst 1955 von der klagenden Partei gelieferte Kran sei wegen der Mängel, die eine Benützung im Filmbetrieb unmöglich machten, zur Verbesserung zurückgestellt worden. Nach Ablauf der Verbesserungsfrist sei der Rücktritt vom Vertrag erklärt worden (Beilage 4). Die Mängel seien auch später nicht behoben worden. Gemäß dem Gutachten der beiden Sachverständigen sei im Wesentlichen festzustellen, dass die Fertigstellung des Krans vollkommen nach den Angaben der Konstruktionspläne des Ing. Z***** erfolgt sei und nur Details des Fahrgestells nach Zeichnungen der klagenden Partei angefertigt worden seien. Die aufgetretenen Mängel und die dadurch bedingte Unbrauchbarkeit des Krans für den Filmbetrieb sei nicht auf die Ausführung, sondern auf den Entwurf zurückzuführen. Die klagende Partei habe aber die Auftraggeberin auf die Mängel der ihr übergebenen Konstruktionspläne nicht aufmerksam gemacht und nicht darauf hingewiesen, dass der nach diesen Plänen verfertigte Kran für den beabsichtigten Zweck möglicherweise unverwendbar sein werde. Die klagende Partei habe auch keine Behauptungen über die Erfüllung ihrer Warnpflicht im Sinne des § 1168a ABGB aufgestellt.

In rechtlicher Hinsicht wurde die passive Klagslegitimation der beklagten Partei zwar angenommen. Es liege ein Werkvertrag vor. In dem Verlangen der Auftraggeberin, den Filmkran nach den Plänen der Fa. Z***** zu bauen, sei eine Anweisung des Bestellers im Sinne des § 1168a ABGB über die Ausführung des Werkes an den Unternehmer zu erblicken. Diese Anweisung sei auch nach den Behauptungen der klagenden Partei unrichtig gewesen. Die Unrichtigkeit der Konstruktionspläne der Fa. Z***** sei durch die Nichtbeachtung von Gesetzen der Mechanik und zwar des Auftretens von Massenkräften bei der Bewegung der Kamerakanzel mit der von der Auftraggeberin geforderten Geschwindigkeit bedingt. Die Fachkräfte der klagenden Partei hätten ebenso wie die beiden vom Gericht vernommenen Sachverständigen die Unbrauchbarkeit des Filmkrans erkennen können, insbesonders die zu erwartende kinetische Energie der bewegten Kanzel, ferner die Tatsache, dass eine nur einseitig wirkende Hydraulik ohne entsprechende Bremsvorrichtung vorgesehen sei. Das Gericht könne sich der Rechtsmeinung des SV Dipl. Ing. E*****, die klagende Partei habe von vornherein die aufgetretenen Mängel nicht erkennen können, nicht anschließen. Unterlasse aber ein Unternehmer eine pflichtgemäße Warnung, verliere er den Anspruch auf das Entgelt, wenn das Werk misslinge. Wenn die klagende Partei bei Auftragsannahme erklärt habe, für die Richtigkeit der von der Fa. Z***** beigestellten Pläne keine Haftung zu übernehmen, und die beklagte Partei dies zur Kenntnis genommen habe, sei damit nicht auch die Haftung für eine schuldhafte Vertragsverletzung ausgeschlossen worden, wie sie ein Verstoß gegen die Warnpflicht darstelle. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf. Die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, die Klägerin habe ihre Warnpflicht verletzt und habe wegen dieses ihr anzulastenden schuldhaften Verhaltens keinen Entgeltanspruch aus dem Werkvertrag, beruhe teils auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung, teils auf mangelhaften tatsächlichen Grundlagen. Die Frage der Voraussehbarkeit der Unbrauchbarkeit der Pläne des Ing. Z***** sei nicht eine reine Rechtsfrage. Die diesbezüglichen, vom Erstgericht nicht geteilten Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dipl. Ing. E***** fielen daher in das Gebiet der Beweiswürdigung und tatsächlichen Feststellungen, die auf mangelhafter Grundlage getroffen worden seien. Nach eingehen bestimmter Beweisergebnissen sei der Planverfasser Z***** Inhaber eines Erzeugungsbetriebes von Transportgeräten, dessen Pläne von einem besonderen Sachverständigen auf deren Richtigkeit und Tauglichkeit untersucht und nicht beanstandet worden seien. Die Konstruktionsfehler seien von der Klägerin als Nichtfachfirma für Filmkräne nicht feststellbar gewesen. Die Klägerin sei von ihren Fachkräften anlässlich der Ausführung der Pläne über Konstruktionsfehler nicht unterrichtet worden. Der SV Dipl. Ing. E***** habe insbes die Angaben des Zeugen Z***** für richtig gehalten, dass es sich um eine Erstkonstruktion gehandelt habe, und dass bei einer solchen nicht voraussehbare Schwierigkeiten auftreten, die erst durch Versuche und Probebetriebe abstellbar seien. Die erstgerichtliche Meinung, es hätten die Konstruktionsfehler einem Durchschnittssachverständigen und daher auch der Klägerin auffallen müssen, finde zwar eine gewisse Deckung in dem Gutachten des inzwischen verstorbenen SV Ing. B***** der angegeben habe, es hätte das Fehlen einer Bremsvorrichtung auffallen müssen. Dagegen habe der SV Dipl. Ing. E***** überzeugend auf die vorgesehene Hydraulik hingewiesen. Statische Berechnungen und eine Planüberprüfung hätten nicht stattgefunden. Das Erstgericht hätte sich mit den seiner Meinung entgegenstehenden Beweisergebnissen ausführlich auseinandersetzen und in der Frage der Warnpflicht allenfalls einen weiteren SV vernehmen müssen.

Würde im fortgesetzten Verfahren abermals ein Verschulden der Klägerin festgestellt, müsste erörtert werden, inwieweit eine Unerfahrenheit der Klägerin vorgelegen sei und die Auftraggeberin davon gewusst habe. Es könnte dann der Auftraggeberin selbst ein Verfahren zur Last fallen (§ 1304 ABGB).

In der Frage des Gewährleistungsausschlusses (§ 929 ABGB) müsse im Hinblick auf das in der Klage angeführte, im Verfahren noch nicht vorgelegte Schreiben der Auftraggeberin vom 8. 3. 1955, dass sie den Kran nur vollständig und arbeitsfähig übernehme, erörtert werden, bevor zur Frage des Haftungsausschlusses eine abschließende Stellung genommen werden könne.

In der Frage der Hydraulik wurde auf die zutreffende Feststellung des Erstgerichtes verwiesen, dass auch in diesem Zusammenhang die Ursache für die Untauglichkeit des Filmkrans in der Unbrauchbarkeit der Konstruktionspläne der Fa. Z***** liege.

Die beklagte Partei bekämpft diesen Aufhebungsbeschluss mit Rekurs und stellt den Antrag, unter Beschlussabänderung dem Berufungsgericht eine Entscheidung im Sinne der Bestätigung des erstgerichtlichen Urteils aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unbegründet.

Die beklagte Partei stellt die Frage des Gewährleistungs- bzw des Haftungsausschlusses an die Spitze ihrer Ausführungen und vertritt die Meinung, die klagende Partei habe durch den Hinweis auf das vom Berufungsgericht bezogene Schreiben der beklagten Partei vom 8. 3. 1955 schlüssig und endgültig selbst einen Haftungsausschluss verneint. Ähnlich wie bei Versäumungsurteilen bedürfe es daher diesbezüglich keiner weiteren Erörterung des Sachverhaltes. Hier übersieht die beklagte Partei die sich aus § 182 ZPO ergebende Pflicht des Prozessgerichtes, im Falle einer mündlichen Verhandlung im Rahmen der Prozessordnung sich alle Aufschlüsse geben zu lassen, welche zur wahrheitsgemäßen Feststellung des Tatbestandes der von den Parteien behaupteten Rechte und Ansprüche notwendig erscheinen. Die klagende Partei hat schon auf S 2 ihrer Klage einen Haftungsausschluss auf Grund ihres Schreibens vom 21. 2. 1955 behauptet. War, wie im zutreffenden Falle noch festzustellen sein wird, der bestellte Filmkran eine Erstlichkonstruktion und die klagende Partei mit Wissen der Auftraggeberin kein Fachmann auf dem besonderen Sachgebiet eines Filmkrans, kann die Erklärung der klagenden Partei in ihrem Schreiben vom 21. 2. 1955, nur für fachmännische, plangerechte Ausführung zu haften, nicht aber für die Richtigkeit der von der Fa. Z***** beizustellenden Pläne, eine besondere Bedeutung zunächst für die Frage eines Verzichtes auf Gewährleistung durch die Auftraggeberin aus allen auf die Planverfassung zurückgehenden Mängel erhalten (§§ 929, 1167 letzter Satz ABGB; Gschnitzer in Klang2 IV 524). In diesem Zusammenhang wird auch das von der klagenden Partei in ihrer Klage erwähnte, bisher nicht vorgelegte Schreiben der beklagten Partei vom 8. 3. 1955, sie könne den Kran nur vollständig und arbeitsfähig übernehmen, gewertet werden müssen. Dabei ist noch darauf zu verweisen, dass die klagende Partei S 2 der Klage einen besonderen Sinn dieses Schreibens behauptet und unter Beweis gestellt hat. Tatsachen für die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Gewährleistungsausschlusses (SZ XXV 73) wurden nicht behauptet und sind auch nicht hervorgekommen. Trifft die klagende Partei vereinbarungsgemäß keine Haftung für die Richtigkeit der Pläne, muss jedenfalls die beklagte Partei beweisen, dass die klagende Partei für das Misslingen des Werkes haftet. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang aufgezeigten Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens würden auch für die Frage gelten, ob zwischen den Parteien, nicht nur ein Gewährleistungsausschluss, sondern auch ein Haftungsausschluss für ein Verschulden zulässig vereinbart wurde. Der Erstrichter hat diesbezüglich auf die Entscheidung SZ XXVII 292 verwiesen, in der ausgesprochen wurde, dass die Ablehnung der Haftung durch den Unternehmer eines Werkes die Haftung für schuldhaft herbeigeführten Schaden nicht ausschließe. In den Entscheidungsgründen wurde dazu ausgeführt, dass der Gewährleistungsausschluss noch nicht einen Ausschluss der Haftung für schuldhaft herbeigeführten Schaden bedeute. Ein solcher Ausschluss, der in Bezug auf auffallende Sorglosigkeit unwirksam wäre, müsste ausdrücklich vereinbart seien. Doch kann die Frage dieses Haftungsausschlusses im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn wie Adler-Höller in Klang2 V 409 zu § 1168a ABGB zutreffend ausführen, trifft beim Werkvertrag dem Unternehmer hinsichtlich der Warnpflicht eine Sorgfaltspflicht, deren schuldhafte Verletzung ihn für alle daraus entstehenden Schäden haftbar macht und bei Misslingen des Werkes den Verlust des Entgeltsanspruch mit sich bringt, was die beklagte Partei hier einwendet. Auf die Frage der Gewährleistung ohne Verschulden kommt es hier nicht an.

Zutreffend verweist der Erstrichter in der Frage der vom Gesetz im § 1168a ABGB verlangten offenbaren Unrichtigkeit der Anweisung eines Bestellers mit der Wirkung des Misslingens des Werkes auf die von Adler-Höller aaO S 408 vertretene Rechtsansicht, dass es genüge, wenn der Mangel bei der auf Seiten des Unternehmers vorausgesetzten Fachkenntnis (§ 1299 ABGB) bei sachgemäßer Ausführung der Arbeit von diesem erkannt werden müsse. Mit Recht vertritt aber das Berufungsgericht hier die Ansicht, dass die Rechtsfrage des Erkennenmüssens nur auf Grund der mängelfreien tatsächlichen Feststellungen über die diesbezüglichen Parteibehauptungen gelöst werden könne. Das Berufungsgericht hat im Sinn der obigen Darstellung auf diesbezüglich bestimmte vom Erstgericht nicht berücksichtigte Beweisergebnisse hingewiesen, die andere Feststellungen und eine andere Beurteilung möglich machen, als sie das Erstgericht vornahm. Insbesondere wurde auch mit Recht auf die allfällige Notwendigkeit der Vernehmung eines weiteren SV aufmerksam gemacht. Es genügt hier, auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen. Dem Rekurs war daher keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40, 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E76655 3Ob410.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0030OB00410.6.0208.000

Dokumentnummer

JJT_19610208_OGH0002_0030OB00410_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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