TE OGH 1961/2/10 2Ob49/61

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Veröffentlicht am 10.02.1961
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Norm

ABGB §1238
ABGB §1239

Kopf

SZ 34/18

Spruch

Die im Zeitpunkt des Widerspruches der Ehegattin gegen die Verwaltung ihres freien Vermögens durch den Ehemann noch nicht abgesonderten Früchte und noch nicht eingenommenen Nutzungen sind Eigentum der Frau. Die Früchte gehen mit der Trennung (Absonderung) in das Eigentum des Gatten über. Die Zivilfrüchte werden mit der Einhebung sein Eigentum, sofern Sie während der Verwaltung fällig geworden sind.

Entscheidung vom 10. Februar 1961, 2 Ob 49/61.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II.Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Klägerin behauptet, daß sie und der Beklagte, von dem sie seit 18. Februar 1952 geschieden sei, auf Grund eines am 5. Mai 1949 abgeschlossenen Mietvertrages Mitmieter eines Geschäftslokales in S., L.-Gasse 6, seien. Der Beklagte sei daher verpflichtet, ihr die Hälfte der Nutzungen aus der Untervermietung dieses Geschäftslokales zukommen zu lassen. Das seien 34.709 S 95 g für die Jahre 1952 bis 1955. Sie habe erst im Jahre 1958 erfahren, daß sie auf diese Nutzungen Anspruch habe, weshalb sie vorher solche Ansprüche nicht geltend gemacht habe. Sie habe auf ihre Mitmietrechte nicht verzichtet.

Der Beklagte hat Klagsabweisung begehrt und eingewendet, daß die Klägerin niemals Mitmietrechte ausgeübt habe und daß diese nur auf dem Papier gestanden seien. Anläßlich des Ehescheidungsverfahrens sei ein Vergleich geschlossen worden, wonach er der Klägerin 350 S und den beiden ehelichen Kindern je 200 S monatlich, zusammen somit 750 S monatlich, an Unterhalt zu leisten hatte. Der Bemessung des Unterhaltes sei sein gesamtes Einkommen aus der Untervermietung des Geschäftslokales zugrunde gelegt worden. Es habe damals volle Übereinstimmung bestanden, daß die Klägerin ihr bloß formelles Mitmietrecht an ihn abtrete und er in Zukunft allein Mieter des Geschäftslokales sein sollte. Die Klägerin könne sich allenfalls an den Untermieter halten; außerdem liege Verjährung vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise Folge und verurteilte den Beklagten, der Klägerin 29.543 S 75 g zu zahlen. Es nahm einen Verzicht der Klägerin auf ihre Mitmietrechte nicht an, ging jedoch davon aus, daß die Klägerin mit Rücksicht auf den Unterhaltsvergleich ihre Ansprüche aus diesen Rechten nicht weiter verfolgt habe. Die Klägerin sei sich bewußt gewesen, daß sie keinen Unterhalt vom Beklagten erhalten hätte, wenn sie von Anfang an ihre Rechte aus ihren Mietrechten geltend gemacht hätte. Dem Beklagten stehe allenfalls ein Anspruch auf Rückforderung des an die Klägerin bereits gezahlten Unterhaltes zu. Er habe jedoch eine Gegenforderung nicht geltend gemacht. Auf die Hälfte des Betrages von 16.720 S, den der Beklagte auf Grund eines Vergleiches mit dem Untermieter über rückständigen Untermietzins für das Jahr 1951 erhalten habe, könne die Klägerin keinen Anspruch erheben, weil sich dieser Betrag auf einen Zeitraum beziehe, in welchem die Parteien noch verheiratet gewesen seien. Die Klägerin habe in der Klage Ansprüche erst seit der Scheidung der Ehe geltend gemacht.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache mit Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Eine Verjährung der Ansprüche der Klägerin verneinte es, weil die kürzeren Verjährungsfristen weder nach § 1480 noch nach § 1487 ABGB. Anwendung fänden. Es ging aber davon aus, daß die Klägerin die ihr aus den Mitmietrechten zustehenden Ansprüche mit Rücksicht auf den Unterhaltsvergleich zurückgestellt habe. Sie sei jahrelang damit einverstanden gewesen, daß der Beklagte den Untermietzins für das gemeinsam gemietete Geschäftslokal allein einziehe und unter Berücksichtigung dieses Einkommens einen Unterhalt leiste. Sie könne nicht neben dem Unterhalt noch zusätzlich einen Anteil an den gemeinschaftlichen Nutzungen verlangen. Dies widerspräche nicht nur der zwischen den Parteien getroffenen Unterhaltsvereinbarung, sondern sei auch wider Treu und Glauben.

Das Berufungsgericht war der Meinung, die Klägerin könne für die Zeit, in der sie Unterhalt vom Beklagten erhalten habe, nicht die vollen Nutzungen begehren. Sie habe sich auf ihren Nutzungsanteil den ihr zugekommenen Unterhalt anrechnen zu lassen. Es müsse daher festgestellt werden, wieviel von dem Betrag von 750 S an monatlichem Unterhalt auf die Klägerin entfallen sei. Auf die Hälfte des Betrages von 16.720 S habe die Klägerin keinen Anspruch, weil es sich dabei um einen rückständigen Untermietzins aus dem Jahre 1951 und Anfang 1952, also für eine Zeit handle, in der die Parteien noch nicht geschieden gewesen seien und die Klägerin dem Beklagten die Verwaltung ihres freien Vermögens gemäß § 1238 ABGB. widerspruchslos überlassen habe. Erst mit Einbringung der Ehescheidungsklage am 19. Jänner 1952 sei der Widerspruch erfolgt.

Der Oberste Gerichtshof gab den gegen den Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekursen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes haben die Untergerichte auf Grund des festgestellten Sachverhaltes die richtigen rechtlichen Schlußfolgerungen gezogen, wenn sie weder einen ausdrücklichen noch einen stillschweigenden Verzicht der Klägerin auf ihre Rechte aus dem gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrag angenommen haben. Auch die Frage der Verjährung ist richtig gelöst worden.

Eine andere Frage ist es, ob, inwieweit und für welche Zeit die Klägerin auf ihre Ansprüche an den Nutzungen des gemeinsamen gemieteten Geschäftslokales verzichtet hat. Diese Frage kann nach dem bisher festgestellten Sachverhalt noch nicht entschieden werden. Um diese Frage entscheiden zu können, muß festgestellt werden, welchen Inhalt die Unterhaltsvereinbarung hatte, insbesondere welche Einkommensquellen und welche Einkommenshöhe des Beklagten dem Unterhaltsvergleich zugrunde gelegt worden sind, ferner ob die gesamten Einnahmen aus der Untervermietung des Geschäftslokales mit als Grundlage für die Berechnung der Höhe des Unterhaltes genommen wurden.

Schon jetzt kann aber gesagt werden, daß der Klägerin, wenn sie damit einverstanden gewesen sein sollte, daß die gesamten Einnahmen aus dem Geschäftslokal dem Beklagten zufließen und mit die Grundlage für die Bemessung des Unterhaltes bilden sollten, so lange kein Anspruch auf einen Teil dieser Nutzungen zukommt, als sie Unterhalt bezieht. Dabei ist nicht nur der Unterhalt für sie, sondern auch jener für die Kinder in Betracht zu ziehen. Die Bemessung des Unterhaltes für die ganze Familie auf einer breiteren Grundlage konnte ihr insofern zum Vorteil gereichen, als dann der Unterhalt nicht nur für sie, sondern auch für die beiden Kinder höher bemessen worden wäre. Da sie für die Kinder subsidiär unterhaltspflichtig ist, hätte sie in diesem Fall weniger zum Unterhalt der Kinder beisteuern müssen als dann, wenn die Bemessungsgrundlage geringer angenommen und daher auch der Unterhalt für die Kinder in einer geringeren Höhe bestimmt worden wäre. Der Unterhaltsvergleich ist daher in seiner Gesamtheit zu beurteilen, eine Trennung zwischen dem Unterhalt für die Klägerin und jenem für die Kinder ist nicht vorzunehmen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kommt eine Berücksichtigung des vom Beklagten bereits geleisteten Unterhaltes dann nicht in Betracht, wenn die Klägerin, sei es ausdrücklich oder stillschweigend, damit einverstanden gewesen wäre, daß als Bemessungsgrundlage für den Unterhalt die gesamten Einnahmen aus der Verwertung des Geschäftslokales als Einkommen des Beklagten zu berücksichtigen seien. Wäre der Unterhalt für die Klägerin und die Kinder ohne Rücksicht auf die Einnahmen des Beklagten aus der Verwertung des Geschäftslokales vereinbart worden, dann hätte die Klägerin neben ihrem Unterhaltsanspruch auch noch den Anspruch aus der Verwertung des Geschäftslokales.

Bezüglich des Betrages von 16.720 S hat das Erstgericht angenommen, daß dieser einen rückständigen Untermietzins für die Zeit darstellt, in der die Ehe der Parteien noch bestanden und die Klägerin einen anständigen Unterhalt vom Beklagten bezogen hat. Da die Klägerin erst ab Scheidung ihrer Ehe Ansprüche erhoben habe, stehe ihr dieser Anspruch nicht zu.

Das Berufungsgericht hat aus der Aussage der Zeugin Inge G. zusätzlich festgestellt, daß der Untermieter diesen Betrag in zwei Teilbeträgen, und zwar 11.480 S am 4. Februar 1952 und 5240 S am 18. Februar 1952, gezahlt hat. Es ist davon ausgegangen, daß sich der Betrag aus 13.200 S an rückständigem Untermietzins für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis 31. Dezember 1951 (Vergleich) und vermutlich aus den in den Monaten Jänner und Februar 1952 fälligen Untermietzinsen zusammensetze. Nach den Ausführungen im Urteil des Berufungsgerichtes steht nicht fest, wie hoch der Betrag tatsächlich gewesen ist, aus welchen bereits fälligen Untermietzinsen er sich zusammensetzt und wann gezahlt worden ist. Es sind daher Feststellungen in dieser Richtung erforderlich. Die Klägerin hat sich nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes gewendet, daß sie dem Beklagten die Verwaltung ihres freien Vermögens im Sinne des § 1238 ABGB. bis zur Einbringung der Ehescheidungsklage am 19. Jänner 1952 unwidersprochen überlassen habe. Der Ansicht des Berufungsgerichtes kann jedoch nicht beigepflichtet werden, daß mit den im § 1239 ABGB. erwähnten Nutzungen solche gemeint seien, die während der Verwaltung dem Beklagten tatsächlich zugekommen sind oder die zumindest in dieser Zeit fällig geworden sind, also vom Beklagten hätten bezogen werden können, sofern er eine Verfügung darüber getroffen hätte. In der bezogenen Gesetzesstelle ist ausdrücklich von während der Verwaltung bezogenen Nutzungen die Rede, über die der Gatte, wenn es nicht ausdrücklich bedungen worden ist, keine Rechnung zu legen hat. Auch die Lehre (Klang 2. Aufl. V 837) steht auf dem Standpunkt, daß die im Zeitpunkt des Widerspruches noch nicht abgesonderten Früchte und noch nicht eingehobenen Nutzungen Eigentum der Frau und daher herauszugeben sind. Der Gatte ist im Zweifel von der Pflicht, Rechnung über die während der Verwaltung bezogenen Nutzungen zu legen, befreit. Die Früchte gehen mit der Trennung (Absonderung) in das Eigentum des Gatten über. Die Zivilfrüchte werden mit der Einhebung (arg. "bezogen") sein Eigentum, sofern sie während der Verwaltung fällig geworden sind. Die Einhebung muß aber auch während der Verwaltung erfolgen. Als Beispiel wird angeführt, daß die Mietzinse eines Hauses, die zwar fällig, aber noch nicht eingehoben sind, Eigentum der Frau sind.

Daraus ergibt sich eindeutig, daß der Beklagte, falls er überhaupt dazu verpflichtet wäre, den Betrag von 16.720 S nur dann anteilsmäßig an die Klägerin herauszugeben hätte, wenn er diesen Betrag erst nach dem Widerruf der Verwaltung, also nach dem 19. Jänner 1952, bezogen hätte.

Anmerkung

Z34018

Schlagworte

Ehefrau Vermögensverwaltung, Widerspruch, Früchte Früchte des Vermögens der Ehegattin, Verwaltung, Widerspruch Verwaltung des Frauenvermögens, Widerspruch, Früchte Widerspruch der Gattin gegen die Verwaltung ihres Vermögens, Früchte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0020OB00049.61.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19610210_OGH0002_0020OB00049_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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