Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Machek, Dr. Heidrich und Dr. Berger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bank für K***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Winfried Obitsch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Wambola B*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Richard Steinpach, Rechtsanwalt in Wien, wegen 80.000 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. September 1960, GZ 1 R 209/60-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 19. Mai 1960, GZ 2 Cg 1674/59-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, wobei auf die Kosten des Revisionsverfahrens als weitere Berufungskosten Bedacht zu nehmen sein wird.
Text
Begründung:
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Gesamtbetrages von S 80.000, ds monatlich je S 10.000 von April bis einschließlich November 1959, samt 5 % Zinsen aus S 20.000 ab 3. 11. 1959 und aus S 60.000 ab 19. 5. 1960 (im Spruch unrichtig 19. 5. 1959) unter Abweisung des Zinsenmehrbegehrens statt. Es wurden im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Die klagende Bank, der Beklagte und die Firma Gl*****, vertreten durch den Massevewalter Dr. Hermann G*****, waren Gläubiger des Wiener Textilkaufmannes Rudolf Sch*****, der sich von 1958 bis Mitte 1959 im Ausgleich und vom 18. 11. 1959 bis 30. 3. 1960 im Konkurs befunden hat. Am 18. 3. 1959 wurde zwischen Rudolf Sch*****, der Klägerin und dem Beklagten eine schriftliche Vereinbarung laut Aktennotiz Beilage 3 getroffen, gemäß der sich, zur Durchführung einer internen Liquidation des Unternehmens des Rudolf Sch***** (Punkt 1), die Klägerin verpflichtete, zur Bezahlung dringlichster Verbindlichkeiten der Firma Rudolf Sch***** zu Handen ihres damaligen Vertreters Dr. O***** S 80.000 vorzulegen (Punkt 2), während sich der Beklagte verpflichtete, ebenfalls S 80.000 der vorgenannten Firma Sch***** in der Form zur Verfügung zu stellen, dass er beginnend ab April 1959 je S 10.000 pro Monat an Dr. Hermann G***** zugunsten der Masseforderung Gl***** zahlt, wodurch diese Verbindlichkeit der Firma Sch***** um diesen Betrag kleiner wird.
Alle Vertragspartner seien sich einig gewesen, dass die vom Beklagten zu leistenden Zahlungen der Deckung einer Schuld der Firma Sch***** an die Konkursmasse Gl***** gewidmet seien, was einem besonderen persönlichen Interesse des Beklagten entsprochen habe. Zu dieser Zahlung durch den Beklagten sei es deshalb nicht gekommen, weil der Liquidator Sch*****, der Zeuge Dr. O*****, den Beklagten angewiesen habe, die Ratenzahlungen nicht aufzunehmen bzw zu leisten, da ein Kassaausgleich mit der Konkursmasse Gl***** angestrebt worden sei. Dieser Auftrag sei niemals widerrufen worden. Es sei tatsächlich zu dem Kassaausgleich gekommen und die Klägerin habe an den Zessionar der Konkursmasse Gl*****, an die Österreichische W*****-Gesellschaft mbH ca S 280.000 und zwar im Rahmen eines dem Zeugen Sch***** gewährten Kredites von ca S 345.000 gezahlt. Außerdem habe die Klägerin von Sch***** Waren im Einstandswert von ca S 125.000 gekauft. Die Klägerin habe im Juni und Juli 1959 wiederholt vom Beklagten Zahlung der für die Konkursmasse Gl***** bestimmten Raten an sie gefordert, weil die Klägerin in Vorlage getreten sei. Der Beklagte habe auf diese Aufforderungen nicht reagiert. Zwischen dem 30. 9. und 5. 10. 1959 habe Sch*****, der nun durch den Zeugen Dr. O***** vertretenen Klägerin seine Forderung gegen den Beklagten aus dem Vertrag vom 18. 3. 1959 zediert, doch sei dieser von der Abtretung nicht verständigt worden. Diese Zession habe die Klägerin erstmals in der am 3. 11. 1959 überreichten Klage geltend gemacht. Am 15. 11. 1959 habe Sch***** schriftlich die Zession bestätigt. Der Beklagte habe gegen Sch***** eine Reihe von Forderungen und zwar aus einem Wechselgeschäft eine Forderung von S 90.000 und aus einem Kreditgeschäft in Form von Warenlieferungen gegen Übergabe von Akzepten eine Forderung von restlich S 9.000 sowie eine Honorarforderung aus einem Vertretungsvertrag von mindestens S 10.000. Der Beklagte sei aber aus rechtlichen Gründen trotz dieser ihm zustehenden Gegenforderungen am Vollzug der von ihm begehrten Aufrechnung gehindert. Es stehe fest, dass die Leistungen des Beklagten nur für ganz bestimmte Zwecke Verwendung finden durften und dass der Beklagte keinen Vorbehalt hinsichtlich der Aufrechnung der ihm gegen Sch***** zustehenden Forderungen gegen seine am 18. 3. 1959 übernommenen Schulden geltend gemacht habe. In der Widmung einer Schuld zu einem bestimmten Zweck liege ein stillschweigender Verzicht auf die Aufrechnung.
Bezüglich des Zinsenbegehrens habe auf das Verbot jeglicher Zahlung an die Konkursmasse Gl***** und darauf Bedacht genommen werden müssen, dass der Widerruf dieses Verbotes erst mit der Zession Sch***** an die klagende Partei entstanden sei, so dass der Zeitpunkt der jeweiligen Bezugnahme der klagenden Partei auf die Zession für den Zuspruch der Nebengebühren ausschlaggebend sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten keine Folge. Es fand zunächst die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung nicht gegeben. Es treffe auch die Rechtsmeinung des Beklagten nicht zu, dass eine Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 nur als Erfüllungsübernahme im Sinn des § 1404 ABGB zu beurteilen sei, dass daher Sch***** keinen direkten Zahlungsanspruch an ihn, sondern nur einen solchen an die Konkursmasse Gl***** gehabt habe und dass nur dieser Anspruch hätte zediert werden können. Zwar könnte eine solche Ansicht aus dem Wortlaut der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 abgeleitet werden. Doch sei nach § 914 ABGB bei der Auslegung des Vertrages auch die Parteienabsicht und die Übung des redlichen Verkehrs zu berücksichtigen. In dieser Beziehung ergebe sich nun aus dem Inhalt des Aktes sowie aus den Beweisergebnissen kein weiterer Anhaltspunkt, dass der Beklagte mit seiner Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 bloß eine Erfüllungsübernahme habe eingehen wollen. Schon in der Aktennotiz vom 18. 3. 1959 habe der Beklagte erklärt, dass er sich ebenfalls verpflichtete, der Firma Sch***** S 80.000 zur Verfügung zu stellen. Nach der Zeugenaussage Dr. O***** sei die Widmung des vom Beklagten zu bezahlenden Betrages von S 80.000 an die Konkursmasse Gl***** nur deshalb beschlossen worden, weil die Beklagte nur Raten habe zahlen wollen. Die Klägerin habe stets den Standpunkt vertreten, selbst nur dann wieder ein Darlehen von S 80.000 zu geben, wenn der Beklagte einen gleich hohen Betrag zur Verfügung stelle. Daraus ergebe sich, dass nach dem Parteiwillen dem Sch***** selbst ein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung zugestanden und die Festlegung der Modalitäten der Zahlung, wie sie aus Punkt 3) der Gedächtnisnotiz Beilage 3 zu entnehmen sei, nicht das Wesentliche des Vertrages gewesen sei, sondern nur ein Entgegenkommen gegenüber dem Beklagten gebildet habe. Dass es sich so verhalten habe, ergebe sich im Übrigen auch aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten im Verfahren erster Instanz, wo er schon in der Klagebeantwortung unter Punkt 1 ausdrücklich erklärt habe, es treffe zu, dass er am 18. 3. 1959 der Firma Rudolf Sch***** eine Kreditzusage im Betrage von S 80.000 gemacht habe. Dass bloß der Tatbestand einer Erfüllungsübernahme in seiner Verpflichtung gelegen sei, habe der Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren nie behauptet und es stelle sich ein solches Vorbringen in der Berufung, soweit es das Tatsächliche anlange, als eine unzulässige Neuerung dar. In rechtlicher Hinsicht könne die Vereinbarung vom 18. 3. 1959, soweit sie den Beklagten betreffe, nach der Sachlage gleichfalls nur dahin verstanden werden, dass Sch***** die Leistung an sich persönlich und nicht bloß die Erbringung derselben an die Konkursmasse Gl***** habe verlangen können. Die vom Erstgericht vertretene Auffassung über den Inhalt des Anspruches des Sch***** erweise sich somit als zutreffend. Da nach den Feststellungen des angefochtenen Urteiles die Forderung der Konkursmasse Gl***** gegenüber Sch***** aus dem von der Klägerin gewährten weiteren Kredit von rund S 345.000 habe bezahlt werden müssen, habe der Zahlungsanspruch Sch***** aus der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 gegenüber dem Beklagten auch im Zeitpunkt der Zession an die Klägerin zu Recht bestanden und diese sei daher berechtigt, den gleichen Anspruch auf Zahlung, wie ihn Sch***** besessen habe, gegenüber dem Beklagten geltend zu machen.
Der Erstrichter habe im Übrigen auch richtig erkannt, dass der Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Grund der Zession nicht mit Gegenforderungen der von ihm angeführten Art kompensieren könne, weil er einen ausdrücklichen Vorbehalt in dieser Richtung nicht gemacht und mit der Widmung des Betrages von S 80.000 für den einvernehmlich bestimmten Zweck (Tilgung der Forderung der Konkursmasse Gl*****) gleichzeitig einen Verzicht auf die Aufrechnung mit anderen Forderungen erklärt habe, woran auch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Sch***** nichts habe ändern können, zumal die Zession lange vor der Konkurseröffnung durch Sch***** erfolgt sei. Was schließlich die Einwendung betreffe, die Zession verstoße gegen die guten Sitten im Sinne des § 879 ABGB und sei daher nichtig, sei diese auch hinfällig, da der Betrag von S 80.000 durch die Klägerin an Stelle des Beklagten dem Sch***** habe zur Verfügung gestellt werden müssen, dieser im Sinne der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 verwendet worden sei und der Beklagte den Betrag gleichfalls gemäß seiner Verpflichtung zur Befriedigung der Konkursforderung Gl***** hätte beisteuern müssen, falls die Klägerin Sch***** keinen Kredit gewährt hätte.
Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten unter Geltendmachung der Revisionsgründe des § 503 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag, unter Urteilsabänderung die Klage abzuweisen oder unter Urteilsaufhebung die Sache an die zweite Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist begründet.
Streitentscheidend ist zunächst, ob der Beklagte in der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 eine direkte Zahlungsfrist gegenüber Rudolf Sch***** übernommen hat. Nur aus einer solchen Übernahme wird, wie insbesondere in der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei ausgeführt wird, der Klagsanspruch abgeleitet.
Der beklagten Partei ist zuzugeben, dass das Berufungsgericht den Punkt 3 der Aktennotiz vom 18. 3. 1959 Beilage 3 in diesem Zusammenhang nur unvollständig und insofern sinnstörend zitierte. Der Beklagte hat sich nach dem Wortlaut der Beilage 3 nicht einfach ebenfalls verpflichtet, S 80.000 dieser Firma (Sch*****) zur Verfügung zu stellen, sondern in der Form zur Verfügung zu stellen, dass er den Betrag in Raten an Dr. Hermann G***** zugunsten der Masseforderung Gl***** zahlt, wodurch diese Verbindlichkeit rubr. Firma (der Firma Sch*****) um diesen Betrag bis Jahresende kleiner wird.
Rechtlich ist davon auszugehen, dass bei der echten Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB der Schuldner gegenüber dem Erfüllungsübernehmer nur einen Befreiungsanspruch, nicht einen direkten Zahlungsanspruch an ihn erhält. Der Rechtsbehelf der Erfüllungsübernahme kann und wird aber vielfach in abgeänderter Form den besonderen rechtsgeschäftlichen Zwecken der Parteien dienstbar gemacht. Gültigkeit und Wirkung der Erfüllungsübernahme hängt daher vom Rechtsgrund des Geschäftes ab. Die Erfüllungsübernahme kann insbesondere Kreditgewährung oder Schenkung sein (Ehrenzweig II/1, § 334 I/II). Es kann auch eine Belastungsübernahme mit vereinbarter Vorschusspflicht zugesichert werden, wonach sich der Erfüllungsübernehmer verpflichtet, dem Schuldner entsprechende Zahlungsmittel zur Befriedigung des Gläubigers bereitzustellen (Wolff in Klang2 VI 336; 6 Ob 157/60). Derartige, über § 1404 ABGB hinausgehende Vereinbarungen müssen aber von dem bewiesen werden, der sie behauptet und durchaus Recht ableitet. Im vorliegenden Fall versprach zwar der Beklagte nach dem obigen Wortlaut der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 der Firma Sch***** S 80.000 zur Verfügung zu stellen, aber in der Form einer Zahlung an dessen Gläubigerin zur Verringerung der Schuld der Firma Sch*****. Dieser Wortlaut allein wäre nach Meinung des Obersten Gerichtshofes rechtlich nur so zu beurteilen, dass sich der Beklagte im Wege einer Kreditgewährung an die Firma Sch***** zwecks ihrer entsprechenden Schuldbefreiung zur Zahlung an die Konkursmasse Gl***** als deren Gläubigerin verpflichtete. Damit wäre der Tatbestand einer echten Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB gegeben, nach welcher Bestimmung dem Schuldner grundsätzlich kein eigener direkter Zahlungsanspruch gegen den Erfüllungsübernehmer zusteht, es wäre denn der Schuldner müsste erfüllen, weil der Übernehmer nicht rechtzeitig geleistet hat. Zur Frage, ob der Beklagte schon in erster Instanz eine bloße Erfüllungsübernahme im vorstehenden Sinn behauptet und unter Beweis gestellt, ist darauf zu verweisen, dass er außer der Bestreitung des Klagevorbringens im Allgemeinen im Punkt 1 der Klagebeantwortung behauptet und unter Beweis gestellt, er habe am 18. 3. 1959 der Firma Rudolf Sch***** eine Kreditzusage gemacht, sei aber dann vom Liquidator der Firma Sch***** angewiesen worden, die vereinbarten Raten nicht zu zahlen, weil die Forderung der Masse Gl***** von einem dritten Gläubiger in Anspruch genommen würde.
Das Berufungsgericht hat nun ohne Beweiswiederholung, was in der Revision wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens ausdrücklich gerügt wird, auf Grund der Zeugenaussage Dr. O***** die zusätzliche neue Feststellung getroffen, dass nach der erklärten Parteienabsicht bei der Vereinbarung vom 18. 3. 1959 eine direkte Zahlung des Beklagten an die Firma Sch***** vereinbart worden sei. Dabei hat sich das Berufungsgericht mit den anderen bezüglichen Beweisergebnissen insbesondere mit der entgegenstehenden Parteienaussage des Beklagten (S 96 der Akten) nicht auseinandergesetzt. Das Berufungsgericht hat damit gegen den das zivilgerichtliche Verfahren beherrschenden Grundsatz der Unmittelbarkeit verstoßen. Da es sich hier um eine Feststellung handelt, von der die Entscheidung des Rechtsstreites zunächst abhängt, war auf die übrigen Ausführungen der Parteien im Revisionsverfahren nicht einzugehen, sondern es musste mit der Aufhebung des angefochtenen Urteiles und der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung vorgegangen werden.
Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.
Anmerkung
E76660 3Ob433.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1961:0030OB00433.6.0215.000Dokumentnummer
JJT_19610215_OGH0002_0030OB00433_6000000_000